2.07.2007

Mittelmeer-Delphin
kurz vor der Ausrottung

Auch das Mittelmeer wird leergefischt

In manchen Regionen des Mittelmeers ist die Zahl der wissenschaftlich als Gemeiner Delphin (Delphinus delphis) bezeichneten Meeressäuger bereits auf Null gesunken. "Dort, wo Millionen Menschen ihren Urlaub verbringen, kämpft der Mittelmeer-Delphin derzeit um das nackte Überleben", sagt Dr. Sandra Altherr von der Umwelt-Organisation 'Pro Wildlife'. Bereits 2003 mußte der Mittelmeer-Delphin auf die Rote Liste gesetzt werden.1 Innerhalb von nur vier Jahren - von 1997 bis 2003 - waren die Bestände im Ionischen Meer um über 80 Prozent zurückgegangen. Doch die EU hat durch eine ganze Reihe von Entscheidungen der letzten Jahre die Situation drastisch verschlimmert. Hierzu zählt beispielsweise die faktische Aufhebung des Treibnetzverbotes. Hauptgefährdungsursachen für den Mittelmeer-Delphin sind Nahrungsknappheit infolge von Überfischung, aber auch Ertrinken in Fischernetzen.

Delphinus Delphis wird bis zu 2,4 Meter lang und 200 Kilogramm schwer. Charakteristisch ist die sanduhrförmige Musterung, die vier Farbbereiche trennt: der dunkelgrau-schwarze Rücken ("Cape"), die gelblichen Flanken, der hellgrau Schwanzbereich und der weiße Bauch. Delphinus Delphis lebte vor wenigen Jahren noch in Schulen von bis zu mehreren hundert Tieren.

Mittelmeer-Delphin

Bereits im Jahr 2003 sagte der Präsident des italienischen Tethys Research Institutes und Gastprofessor an der Universität von Venedig, Giovanni Bearzi: "Die Hauptursache ist Nahrungsknappheit, die vor allem durch die Überfischung verursacht wird." 2002 hatte die EU zwar ein Verbot der Treibnetzfischerei im Mittelmeer erlassen. Diese nicht selten kilometerlangen "Todeswände" fingen völlig unselektiv alle Fische ab und brachten auch Delphinen, Vögeln und Meeresschildkröten den Tod. Im Dezember 2006 erließ die EU jedoch eine neue Verordnung, die den Einsatz von "Schwebenetze" zuläßt. Dies sind Netze, die zwar verankert werden müssen, aber ansonsten ebenso destruktiv sind wie Treibnetze. Die EU folgte damit einem Vorstoß Italiens, wo der Einsatz von Schwebenetzen bereits seit 2003 erlaubt ist.

Um den Beifang von Delphinen und Kleinwalen in Fischernetzen zu minimieren, schriebt die EU ab 2004 ihren Fangflotten vor, akustische Vergrämungsgeräte (Pinger) an den Fischernetzen anzubringen. Diese sollen die kleinen Meeressäuger durch Klicklaute fernhalten. Doch für Fischkutter unter 12 Meter Länge gilt diese Pinger-Pflicht nicht. In vielen Meeresregionen ist jedoch der Großteil der Fischkutter kleiner und somit von der delphinrettenden Maßnahme ausgenommen. Die kleineren Fischkutter fallen zudem nicht unter das "Beobachterprogramm", bei dem unabhängige Kontrolleure seit 2004 stichprobenartig den Beifang von Walen und Delphinen dokumentieren.

Die EU ignoriert damit Empfehlungen des Regionalabkommens ACCOBAMS2, das ein spezielles Schutzprogramm für den Gemeinen Delphin im Mittelmeer entwickelt hat. 'Pro Wildlife' fordert nun von der EU umfassende Nachbesserungen im Fischereirecht, um nicht nur die verantwortungslose Überfischung der Meere zu stoppen, sondern auch die drohende Ausrottung des Gemeinen Delphins und anderer Meeressäuger aufzuhalten. "Die EU muß das aktuelle Jahr des Delphins nutzen, um endlich die Notbremse zu ziehen und die Plünderung der Meere zu stoppen", so Altherr.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe unseren Artikel:

      Mittelmeer-Delphine rücken auf die Rote Liste (27.08.03)

2 ACCOBAMS steht für "Agreement on the Conservation of Cetaceans of the Black Sea, Mediterranean Sea and Contiguous Atlantic Area". ACCOBAMS ist ein Regionalabkommen der Konvention zum Schutz wandernder wildlebender Arten.

Siehe auch unsere Artikel zu diesem Themenbereich:

      Ozeane kurz vor dem Arten-Kollaps
      Plünderung seit Jahren unvermindert (7.06.07)

      Big Blue March
      Internationale Demonstrationen gegen die Walschlächterei (27.05.07)

      Fast alle Walfang-Nationen fälschen die Zahlen (24.05.05)

      Wale und Delphine sterben weiterhin an Lärm (23.09.04)

 

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