22.08.2003

EEG:
Trittin fördert die Atom-Konzerne

Vor Jahrzehnten gab es einmal eine TV-Rateshow mit dem Titel "EWG". Das spielte auf den europäischen Charakter des Quiz mit dem beliebten Showmaster Hans-Joachim Kuhlenkampf und KandidatInnen aus den verschiedenen EWG-Ländern an (EWG gleich "Europäische Wirtschafts-Gemeinschaft" war die damalige Vorläuferin der EU). "EWG" stand für: "Einer wird gewinnen". Beim EEG hingegen, dem "Erneuerbare Energien Gesetz", stehen die Gewinner schon von vornherein fest: EnBW, E.ON., RWE und Vattenfall, die vier den deutschen Strommarkt beherrschenden Energie-Konzerne.

Es ist sehr interessant, sich einmal den gerade erst vor wenigen Tagen vorgelegten Referenten-Entwurf für die Novellierung des EEG genauer anzusehen. Das Medien-Getöse jedenfalls ist schon mal phänomenal. Atom-Minister Trittin läßt sich für das "ehrgeizige Ziel" einer "angestrebten Verdoppelung" des Anteils von Ökostrom bis 2010 feiern, das heißt: einer Erhöhung von 6,25 auf 12,5 Prozent. Einseitig wird auf den Ausbau der Windenergie gesetzt, doch die Standort-Politik und die Förderung immer größerer Anlagen läuft auch in diesem Segment auf eine indirekte Verhinderungs-Politik hinaus.

In Holland und Dänemark konnte die umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplung in kurzer Zeit einen Anteil von über 50 Prozent bei der Stromerzeugung erreichen. In Deutschland wurde sie bereits in der ersten Regierungsperiode von "Rot-Grün" zwischen 1998 und 2002 mit allen gesetzlichen Mitteln blockiert. Das bestätigte auch der energiepolitische Sprecher des BUND, Prof. Klaus Traube1 - wenn er denn einmal in der Öffentlichkeit zu Wort kam.

Im Januar 2002 verabschiedete der Bundestag das KWK-Gesetz ("Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung"), an das von vielen UmweltschützerInnen wieder einmal große Hoffnungen geknüpft wurden. Tatsächlich hatte die bürokratische und ineffektive Zuschußregelung nur Alibifunktion. Im April trat das KWK-Gesetz in Kraft und im Oktober - einen Monat nachdem "Rot-Grün" wiedergewählt worden war - wurde von den Umweltverbänden eine erste niederschmetternde Bilanz gezogen. In der Öffentlichkeit kam das selbstverständlich wiederum nicht an. Festzuhalten ist: "Die Entwicklung der KWK-Eigenerzeugung außerhalb des Bereichs der etablierten Stromversorger bleibt blockiert" (B.KWK, Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung).

Die Zuschuß-Regelung durch das KWK-Gesetz verpuffte und die Einspeise-Vergütung durch das EEG wurde - wie nicht anders zu erwarten - durch die Preispolitik der Atom-Konzerne unterlaufen. Der propagierte Ausbau kleiner Anlagen bis 2 MW blieb aus. Und im Bereich von Blockheizkraftwerken (BHKW) über 2 MW brach der Markt fast vollständig zusammen. Die Anfang 2002 verkündete Selbstverpflichtung der deutschen Industrie stellte sich wie schon zuvor in so vielen anderen Bereichen als leere Versprechung heraus. Auch die Modernisierung von alten KWK-Anlagen im Bereich der öfentlichen Versorgung - noch Anfang 2002 als eines der Ziele des Gesetzes propagiert - blieb weit hinter den Erwartungen zurück und die klimapolitischen Ziele wurden deutlich verfehlt.2

Anfangs wurde noch darüber spekuliert, ob die Deckelung der Förderung durch das KWK-Gesetz bei 11 TWh (Terawattstunden) nicht allzu schnell erreicht würde. Der tatsächliche Effekt dieser Deckelung bestand jedoch darin, daß mangels Investitionssicherheit überhaupt nichts geschah. Doch selbst wenn die Marge der Deckelung erreicht worden wäre, hätte dies einen Ausbau von lediglich rund 400 MW bedeutet (das entspricht einer Stromproduktion von jährlich rund 2 TWh - also 0,4 Prozent der deutschen Stromproduktion). Und klimapolitisch hätte dies (hätte!) bestenfalls rund 1 Million Tonnen Kohlendioxid pro Jahr eingespart - bei gegenwärtig über 900 Millionen Tonnen (Tendenz steigend). Hier sei nochmals an den Vergleich mit Holland, Dänemark oder auch Finnland erinnert.

Für Kleinwasserkraftwerke sieht es bei der Novellierung des EEG nicht besser aus. Manfred Volk von der Wasserkraft Volk AG in Bleibach bei Waldkirch, ein bedeutender Produzent von Wasserturbinen und vielfach preisgekrönt für seine Fabrik, die ihre Produktionsenergie durch Wasserkraft selbst erzeugt, nimmt klar Stellung: "Das neue EEG ist das Ende der Kleinwasserkraft in Deutschland". Vorgesehen ist, daß Strom aus Kleinanlagen bis 500 Kilowatt nur noch dann vergütet wird, wenn diese bis Ende 2005 genehmigt worden sind oder an einer bereits bestehenden Staustufe errichtet werden und zusätzlich eine ökologische Verbesserung (Kosten für Gutachten !) erreichen.

Die Energie-Konzerne müssen dann in Zukunft keinen Strom mehr abnehmen, der von neuen Anlagen kommt. Auch für bestehende Anlagen verschlechtert sich die Situation: Das novellierte EEG enthält eine degressive Vergütungsstruktur, was bedeutet, daß jedes Jahr um ein Prozent weniger vergütet werden soll. Bei Wasserkraftanlagen muß heute eine Amortisationszeit von rund 30 Jahren angenommen werden - als "wirtschaftlich" gelten Investitionen bei Amortisationszeiten von weniger als 7 Jahren. Mit der vorliegenden "äußerst kontraproduktiven" (Manfred Volk) Vergütungsregelung wird den Betreibern die wirtschaftliche Grundlage entzogen.

Als "Dank" für seine offenen Worte mußte Manfred Volk Spekulationen darüber hinnehmen, ob seine Firma etwa gefährdet sei. Wenigstens in einigen Blättern wurde heute der Pressesprecher der Wasserkraft Volk AG zitiert, daß der Produzent von Turbinen für Kleinwasserkraftwerke lediglich zu zehn Prozent seines Umsatzes vom deutschen Markt abhänge. Nichts desto trotz wurde die Prognose bekräftigt, daß Trittin "den Todesstoß für Kleinwasserkraftwerke" provoziere.

Wenig verwundert hingegen, daß das Tarnunternehmen der Atom-Konzerne NaturEnergie AG3, das auch den Freibrger SC sponsort, sich zu Trittins EEG lobend äußert.

 

Klaus Schramm

 

Anmerkungen:
1 Pressemitteilung des BUND v. 25.01.02
2 Siehe auch unser Artikel:
      'Umweltpolitische Geisterfahrer' -
      "Rot-Grün" mit voller Fahrt in die Klimakatastrophe (9.01.2003)
3 Siehe auch unser Artikel:
      'Die NaturEnergie AG' (4.12.2002)

 

neuronales Netzwerk