Tausende Elefanten bereits jetzt Opfer der Wilderei
Bei immer mehr Tier- und Pflanzen-Arten spitzt sich die Lage zu. Täglich werden auf diesem Planeten mehr als hundert Tier- und Pflanzen-Arten für immer ausgerottet. Oft stehen Säugetiere wie der Sibirische Tiger oder bedrohte Walarten im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Doch wenn - gewisser Maßen vor der eigenen Haustüre - die letzten Vorkommen einer vom Aussterben bedrohten Amphibienart dem Profit-Interesse eines der vier großen deutschen Energie-Konzerne geopfert werden soll, bleibt es in den Massenmedien merkwürdig still. Und ohne öffentliches Aufsehen ist die Rotbauchunke1 gegenüber dem Energie-Multi Vattenfall verloren. Selbst wenn eine europäische Säugetier-Art wie der Pardelluchs2, dessen Bestände auf der iberischen Halbinsel auf kaum mehr überlebensfähige Größe dezimiert wurden, akut von der Ausrottung bedroht ist, wird dies in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Ganz offensichtlich liegt dies daran, daß der Autoverkehr, dem der Pardelluchs hauptsächlich zum Opfer fällt, und letztlich die Autoindustrie über die bessere Lobby verfügt.
Seit Grzimeks Zeiten ist der Elefant eines der liebsten deutschen Identifikations-Objekte. Kaum für eine andere Tierart konnten vergleichbare Spendensummen gesammelt werden und kaum ein Import-Artikel stieß in Deutschland je auf so einhellige und heftige Ablehnung wie Elfenbein-Schnitzereien. Seit der Etablierung des Moratoriums von 1989, das den Elfenbeinhandel weltweit zum Erliegen brachte, schien das Überleben der afrikanischen Elefanten-Arten gesichert. Doch nun will Namibia den regelmäßigen Handel mit Elfenbein durchsetzen. Jährlich 2.000 Kilogramm Rohelfenbein will Namibia zukünftig verkaufen, dazu unbegrenzte Mengen von Elfenbein-Schnitzereien.
Der Antrag Namibias, den Handel mit Elfenbein wieder zuzulassen, wird der Konferenz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (WA), die von 2. bis 14. Oktober in Bangkok stattfindet, zur Abstimmung vorliegen. "Der Vorstoß, einen regulären Elfenbeinhandel erstmals seit dem Moratorium von 1989 wieder zu etablieren, muß unbedingt verhindert werden, denn ein solcher Handel läßt sich nicht kontrollieren", warnt Daniela Freyer, Biologin bei der Naturschutz- organisation 'pro wildlife'.
Als Konsequenz aus verheerender Wilderei und dem Zusammenbruch vieler Elefantenbestände beschlossen die WA-Vertragsstaaten 1989 ein absolutes Handelsverbot für Elfenbein. Im Jahr 1997 allerdings setzten drei südafrikanische Staaten erstmals wieder einen "einmaligen" Verkauf von Elfenbein aus Lagerbeständen durch. Nach dem Vorbild US-amerikanischer und europäischer Salami-Taktik unterminierten diese drei Staaten seitdem das Handelsverbot Schritt für Schritt, doch nun könnte zum ersten Mal eine regelmäßige Exportquote durchgeboxt werden. Zur allgemeinen Überraschung sind ausgerechnet in VR China, das sonst nicht gerade mit besonderen Bemühungen im Natur- und Umweltschutz glänzt, erste Trends zu verzeichnen, daß strengere Kontrollen gegen den illegalen Handel mit Elfenbein greifen.
Offizielle Daten belegen, daß der Elfenbeinschmuggel in Afrika und Asien unter dem Strich in den letzten sieben Jahren wieder ansteigt. Dennoch wurde auf der WA-Konferenz 2002 erneut drei südafrikanischen Staaten der Verkauf von insgesamt 60 Tonnen Stoßzähnen in Aussicht gestellt; die Bedingungen für diesen Handel sind allerdings bis heute nicht erfüllt. Trotzdem möchte die Regierung von Namibia noch einen Schritt weiter gehen und beantragt nun den regelmäßigen Export von Elfenbein. Naturschutzorganisationen wie 'pro wildlife' und der WWF fordern hingegen eine Verschärfung der nationalen Gesetze. Nur so könne der Elfenbein-Markt in Asien und Afrika endlich trockengelegt werden.
Die von Namibia geforderte Export-Quote von jährlich 2.000 Kilogramm Stoßzähnen und zusätzlich einer unbegrenzten Menge von Elfenbein-Schnitzereien ist in Relation zu einer weiteren Zahl zu setzen: Jährlich fällt maximal 900 Kilogramm in Folge natürlicher Todesfälle von Elefanten an. "Wo das übrige Elfenbein herkommen soll, ist somit mehr als zweifelhaft", so Daniela Freyer von 'pro wildlife'.
Die Bestände von Elefanten in Afrika und Asien sind insgesamt weiter rückläufig, Hauptbedrohungsfaktoren bleiben Wilderei und Lebensraumzerstörung. "Da Elfenbein aus legalen und illegalen Quellen sich nicht unterscheiden läßt, bedeutet jede auch nur begrenzte Freigabe des Handels ein Signal an Wilderer. Denn in einen legalen Markt läßt sich illegales Elfenbein leicht einschmuggeln", so die 'pro-wildlife'-Expertin. VertreterInnen von zwölf afrikanischen Staaten, die um ihre eigenen Elefantenbestände fürchten, haben sich im Vorfeld der WA-Konferenz deshalb bereits gegen die Freigabe des Elfenbeinhandels ausgesprochen.
ExpertInnen schätzen, daß derzeit jedes Jahr etwa 4.000 Elefanten sterben müssen, um die Elfenbeinmärkte mit Nachschub zu versorgen. Trotz des seit 1989 bestehenden Handelsverbots werden noch immer in vielen Ländern Afrikas und Asiens Elfenbeinschnitzereien frei zum Verkauf angeboten. Auch Bangkok, wo die WA-Konferenz in zwei Wochen beginnt, ist einer der großen Umschlagplätze. Bei einer Marktanalyse in Thailand wurden kürzlich 88.000 Elfenbein- Schnitzereien im Verkauf vorgefunden. Thailand, Kamerun, DR Kongo (Ex-Zaire), Äthiopien, Nigeria und immer noch VR China sind die wichtigsten Märkte für den Elfenbein-Schmuggel. AbnehmerInnen sind häufig TouristInnen aus Europa, den USA oder Japan - viele wissen nicht, daß sie am heimischen Zoll mit empfindlichen Strafen rechnen müssen. Weltweit werden jedes Jahr Tausende Kilogramm Elfenbein beschlagnahmt. In Deutschland wurden seit 1996 mindestens 70 Stoßzähne sowie fast 2.500 Elfenbein-Schnitzereien konfisziert. Diese Zahlen sind allerdings nur die Spitze des Eisberges, ein Großteil der Schmuggelware bleibt unentdeckt.
Die Elfenbein-Wilderei droht gerade besonders seltene Bestände, beispielsweise den mittlerweile als eigene Art anerkannten Waldelefanten, an den Rand der Ausrottung bringen: In der zentralafrikanischen Heimat des Waldelefanten grassiert die Wilderei besonders. So wurden alleine im Garamba Nationalpark in DR Kongo (Ex-Zaire) letztes Jahr mehr als 1.000 Waldelefanten getötet.
Petra Willaredt
Anmerkung:
1 Siehe auch unsere Artikel
'Betrugsvorwürfe gegen Vattenfall' (17.06.04)
und
'Energie-Multi gegen Lacoma und Rotbauchunke' (9.08.03)
und
'Rotbauchunke reloaded' (30.07.04)
2 Siehe auch unseren Artikel
'Seltene Luchs-Art in Spanien akut
vom Aussterben bedroht' (8.09.04)