14.02.2005

Joseph Fischers final flight?
Schröders Treue im Bruch-Test

Volmer nimmt die Rolle des Bauernopfers nicht an

Nach langem Abtauchen ist nun auch Marathon-Man Joseph Fischer die Puste ausgegangen. Ludger Volmer, der nie zum engeren Kreis der "Fischer-Gang" gehört hatte, weigert sich standhaft, für den "grünen" Übervater die Rolle des Bauernopfers zu spielen. Ex-Staatssekretär Volmer hat offenbar Beweise im Ärmel, mit denen er nachweisen kann, daß der nach ihm benannte "Volmer-Erlaß" nicht auf ihn, sondern direkt auf seinen Vorgesetzen Fischer zurückgeht.1

Fischer übernahm nun generös die "politische Verantwortung" für "mögliche Versäumnisse" seiner Mitarbeiter in der Visa-Affaire, es gelte "das Prinzip der Ministerverantwortung". Scheinheilig stellte er sich "vor die Beamten des Auswärtigen Amtes". Die Union behauptet, Beweise zu haben, daß es im Auswärtigen Amt Widerstand gab und die Ministerialen vergeblich sich gegen die von Fischer höchstpersönlich durchgedrückte Visapraxis gestemmt hätten. Offen bezeichnet die Merkel-Fraktion Deutschlands angeblich beliebtesten Politiker als Lügner.

Bei der Visa-Affaire geht es um den tausendfachen Mißbrauch von Reisevisa insbesondere in der ukrainischen Hauptstadt Kiew durch kriminelle Schleuser und die Begünstigung von Zwangsprostitution. Zum Teil fallen die Vorwürfe auf die Union zurück, denn schon unter der Kohl-Regierung waren als politisches Mittel eingesetzte Reiseerleichterungen eingeführt worden, so der "Reiseschutzpaß" und das so genannte Reisebüroverfahren. Mit dem "Volmer-Erlaß" jedoch wurde am 3. März 2000, im zweiten Regierungsjahr von "Rot-Grün", bei der Visa-Vergabe die Maxime ausgegeben: "Im Zweifel für die Reisefreiheit." In der Folge stieg in vier deutschen Botschaften die Zahl von Einreisenden um 250.000 Personen an.

Joseph Fischer spielt ein gefährliches Spiel. Offenbar verläßt er sich darauf, daß allein Volmer belastendes Material gegen ihn in den Händen hat. Für Volmer ist es allerdings nur so lange eine "Lebensvericherung" als er sich damit vor dem Absturz bewahren kann. Sollte jedoch bei Volmer noch weiteres belastendes Material zu Tage kommen, ist mit dessen Fall auch der Absturz von Fischer vorprogrammiert. Fischer behauptet, sich mit der Visa-Problematik "erst im Zusammenhang mit dem heraufziehenden Ausschuß" intensiver beschäftigt zu haben. Auf Fragen zu seinem konkreten Beitrag zu den Entscheidungen vor nahezu fünf Jahren erklärte Fischer: "Es waren sehr bewegte Zeiten, wo es um außenpolitisch zentrale Fragen ging, auf die ich mich vor allem fokussiert habe."

Daß die Union tatsächlich Beweise gegen Fischer in Händen hält, ist kaum anzunehmen. Ansonsten würde sie kaum darauf verzichten, Fischer sofort vor den Visa-Untersuchungsausschuß des Bundestages zu laden. Dem Vernehmen nach will die Union zunächst jene hören, die die Mißstände in der Visa-Politik dokumentiert hätten wie Richter, Staatsanwälte oder Mitarbeiter von Botschaften.

Noch beschwört der notorisch untreue Gerd die Treue zu seinem Vize-Kanzler...

 

Adriana Ascoli

 

1 Siehe auch unsere Artikel

      Volmer aus der Schußlinie genommen
      In wenigen Tagen beginnt Visa-Untersuchungsausschuß (12.02.05)

      Volmer beim Lügen ertappt
      Hunderttausende verdient mit "auf dem Schoß sitzen" (10.02.05)

      Bundestagsabgeordneter Volmer als Lobbyist enttarnt (19.01.05)

 

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