Baden-württembergischer Ostermarsch in Calw brandmarkt Raubzüge für Rohstoffe
Zehntausende beteiligten sich an den Ostermärschen in rund 36 deutschen Städten. Der Protest galt an vorderster Stelle den weltweiten Bundeswehr-Einsätzen und insbesondere dem jüngsten Beschluß des Bundestages, Tornados nach Afghanistan zu entsenden.
In Duisburg startete ein dreitägiger Ostermarsch, der bis Montag in Essen, Bochum und Dortmund Station machen wird. Zur Auftaktkundgebung kamen 300 TeilnehmerInnen. In Düsseldorf beteiligten sich knapp 1000 Menschen beim Ostermarsch Rheinland und einem anschließenden Friedensfest. In Bielefeld kamen leider nur 40 OstermarschiererInnen zusammen, während sich in Norddeutschland an verschiedenen Orten mehr als 800 Menschen beteiligten.
Auch der Zusammenhang zwischen Kriegspolitik und Sozialabbau sowie mit Umweltzerstörung und Klimawandel wurden vielerorts auch in diesem Jahr hervorgehoben. So forderten die DemonstrantInnen in Lubmin bei Greifswald den Stop der Pläne für ein Steinkohlekraftwerk. In Mainz beteiligten sich 400 Menschen am Ostermarsch und am Atomwaffenstützpunkt Ramstein protestierten rund 60 OstermarschiererInnen. In Bremen nahmen 200 Menschen teil und mit geringerer Beteiligung fanden Ostermärsche in Hannover, Kiel, Oldenburg, Braunschweig und Rostock statt. Die stärkste Beteiligung fand am Sonntag der Protest gegen das "Bombodrom" an der Landesgrenze zwischen Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, wo 12.000 Menschen zusammen kamen. Der Protest richtet sich dort gegen die Pläne der Bundeswehr, den früheren sowjetischen Bombenabwurfplatz weiter militärisch zu nutzen.
Vielerorts reagierten die OstermarschiererInnen mit Pfeifkonzerten, wenn die Kritik der noch in den 80er Jahren pazifistischen "Grünen" an der Friedensbewegung zur Sprache kam. Die Vorsitzende Claudia Roth und der "verteidigungs"-politische Sprecher der "grünen" Bundestagsfraktion Winfried Nachtwei hatten erklärt, die Aufrufe der Friedensbewegung zum Ostermarsch seien ein "Armutszeugnis", da darin "konstruktive" Vorschläge zur Krisenbewältigung fehlten und der Blick "auf die pauschale Ablehnung des Militärischen verengt" sei. RednerInnen der Friedensbewegung wiesen darauf hin, daß sich die "Grünen", deren Fraktion mit 17 von 25 Stimmen den Tornado-Einsatz bei der Abstimmung im Bundestag mitgetragen hatte, von der Mehrheit der Bevölkerung isoliert hätten - laut glaubhaften Meinungsumfragen sprachen sich 60 bis 70 Prozent der Befragten gegen diesen Tornado-Einsatz aus.
Während die "Grünen" die weltweiten Bundeswehr-Einsätze schönzureden versuchen und behaupten, es gehe um humanitäre Einsätze, Friedensmissionen und Terrorabwehr, wiesen auf den Ostermärschen RednerInnen aus der Friedensbewegung nach, daß es an den Eisatzorten, sei es im Kosovo, in Afghanistan, im Kongo oder auch am Horn von Afrika um die strategische Sicherung von Ölpipelines und Tankerrouten, um Coltan-, Gold-, Uran- und anderen Rohstoffvorkommen gehe. Krisenbewältigung sei vielfach ein Vorwand bei selbst geschaffenen Konflikten, Deutschland werde erst durch den Tornado-Einsatz in Afghanistan zur Zielscheibe von Terror-Angriffen. Krisen seien in der gesamten Menschheitsgeschichte noch nie durch den Einsatz von Militär gelöst, sondern vielmehr verschärft worden.
Der von den USA begonnene und von Deutschland mitgetragene "Krieg gegen den Terror" trifft in erster Linie die Zivilbevölkerung in den betroffenen Staaten. Der "Krieg gegen den Terror" steht für "präventiv" genannte Angriffskriege, für Foltergefängnisse und Gefangenenverschleppung, wird damit selbst zum Terror und führt zum Abbau von Demokratie, Bürger- und Menschenrechten. Im Streben nach vollständiger Kontrolle über den Nahen und Mittleren Osten, der nicht allein wegen der reichen Ölvorkommen von strategischer Bedeutung ist, wurden der Irak und Afghanistan annektiert. In beiden Ländern eskaliert seitdem die Gewalt.
Mit dem baden-württembergischen Ostermarsch im Schwarzwaldort Calw wurde die Graf-Zeppelin-Kaserne und das dort stationierte 'Kommando Spezial Kräfte' ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Der parteilose Europaabgeordnete Tobias Pflüger wies als erster Redner der Auftaktkundgebung darauf hin, daß diese bereits seit 2001 an direkten Kampfhandlungen beteiligte "Eliteeinheit" hier ihr tödliches Handwerk trainiert. Die KSK ist laut Pflüger eine Exekutiv-Truppe, die allein der Regierung untersteht und grundgesetzwidrig keiner Kontrolle des Deutschen Bundtags unterworfen ist. Zudem sei sie durch keinerlei Mandat der UNO gedeckt.
Zum Erstaunen mancher der anwesenden JournalistInnen sprach Tobias Pflüger offen aus, daß das KSK auch bereits an der Verschleppung und Mißhandlung von Gefangenen beteiligt war - Fakten, welche die Bundesregierung - ob "rot-grün" oder "schwarz-rot" - bislang zu verbergen suchte. Durch den Fall des in Bremen aufgewachsenen und jahrelang unschuldig in Guantanamo festgehaltenen Murat Kurnaz sind einige dieser militärischen "Spezialeinsätze" publik geworden. Pflüger klagte die KSK an, in die Folterpraxis des US-Militärs verwickelt zu sein.
Pflüger deckte auch auf, daß es regelmäßig beim Kommando Spezialkräfte Kontakte und Berührungen zu Rechtsextremen gibt. Wenig bekannt ist auch, daß beim NATO-Krieg in Afghanistan mit dem Code-Namen "Operation Achilles" 5.500 NATO-Soldaten eingesetzt sind. Durch den deutschen Tornado-Einsatz werde Deutschland tiefer in diesen Krieg hineingezogen.
Martin Spreng, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes Mittelbaden, ging in seinem Redebeitrag auf einen weiteren Aspekt ein wie Calw mit dem Thema Krieg und Frieden verknüpft ist: Der Schriftsteller Hermann Hesse wurde in Calw geboren. Spreng trug einen kurzen Text von Hesse vor:
"Ein Krieg kommt nicht aus dem blauen Himmel herab, er muss gleich jeder andern menschlichen Unternehmung vorbereitet werden, er bedarf der Pflege und Mitwirkung vieler, um möglich und wirklich zu werden. Gewünscht aber, vorbereitet und suggeriert wird er durch die Menschen und Mächte, denen er Vorteil bringt. Er bringt ihnen entweder direkten baren Geldgewinn wie der Rüstungsindustrie (und sobald Krieg ist - wie unzählige, vorher harmlose Gewerbe werden da zu Rüstungsgeschäften, und wie automatisch strömt das Kapital diesen Geschäften zu!), oder er bringt ihnen Gewinn an Geltung, Achtung und Macht wie etwa den stellenlosen Generälen und Obersten".
Insbesondere wies der Gewerkschafter auf den Zusammenhang zwischen Rüstungsausgaben und Sozialabbau hin und erklärte: "Wir benötigen kein Kommando Spezialkräfte, wir brauchen dringend ein Kommando Sozialkräfte!"
An vielen Orten wurden an diesem Osterwochenende in Deutschland die Forderungen laut:
Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan
Einstellung jeglicher Unterstützung des US-geführten Krieges im Irak
Stop der Kriegsdrohungen an den Iran
weltweite Abschaffung von Atomwaffen
sofortiger Stop des Umbaus der Bundeswehr in eine Interventionsarmee
Auflösung des KSK als aggressivste Einheit der Bundeswehr
Für ein Europa ohne Militär und Interventionsarmeen
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkung
Siehe auch unsere Artikel: