Anstieg der Rüstungsexporte um 10 Prozent
Eine unangenehme Pflicht wird gerne hinausgeschoben. Das war offenbar der Grund, weshalb der Rüstungsexportbericht 2004 erst Anfang dieses Jahres veröffentlicht wurde. Nun schob die Bundesregierung zum Ende der Sommerpause noch schnell den Rüstungsexportbericht 2005 nach.
Hatte schon "Rot-Grün" dafür gesorgt, daß sich Deutschland wieder in die vorderste Front der globalen Kriegsmächte einreihen konnte, so ist kaum zu erwarten, daß sich "Schwarz-Rot" eventuelle Beschränkungen auferlegen wird. Die Rüstungsexporte im Jahr des Regierungswechsels 2005 - noch weit überwiegend von "Rot-Grün" abgesegnet - stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozent. Um die siebenjährige "rot-grüne" Rüstungspolitik objektiv beurteilen zu können, ist es angebracht, sich die Entwicklung der Rüstungsexporte über einen längeren Zeit anzuschauen:
1996 1,006 Mrd. DM
1997 1,384 Mrd. DM
1998 1,338 Mrd. DM
1999 2,844 Mrd. DM (1,5 Mrd. Euro)
2000 5,9 Mrd. DM (3,0 Mrd. Euro)
2001 3,7 Mrd. Euro
2002 3,3 Mrd. Euro
2003 4,9 Mrd. Euro
2004 3,8 Mrd. Euro
2005 4,2 Mrd. Euro
Als "unerträglichen Zustand" kritisiert die in Stuttgart ansässige christliche Kampagne gegen Rüstungsexport die von der Bundesregierung vorgelegten Fakten. Bei Rüstungsexporten von über 4,2 Milliarden Euro auf anhaltend hohen Niveau könne von einer "zurückhaltenden Rüstungsexportpolitik keine Rede mehr sein", kritisierte Kampagnensprecher Paul Russmann in einer ersten Stellungnahme den am Mittwoch veröffentlichten Rüstungsexportbericht.
"Besonders schlimm" ist laut Russmann die Genehmigung von Rüstungsgütern in Konfliktregionen wie den Nahen Osten: So erhält Israel zum Beispiel Geländewagen, Raketenwendekreisel, Teile für Panzer und U-Boote, Saudi-Arabien Teile für Kampfflugzeuge, Maschinenpistolen und Scharfschützengewehre, Jordanien Geländewagen, Teile für Panzer und Maschinengewehre. Zugleich versucht die Bundesregierung den Einsatz der Bundeswehr an der Küste des Libanon als "Friedensmission" zu kommunizieren.
Mit Rüstungsexporten in Konfliktregionen werde "weiterhin Öl ins Feuer bestehender Konflikte gegossen" und es stelle sich die Frage, ob die rüstungsexportpolitischen Richtlinien der "rot-grünen" Bundesregierung von 2000 "das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben wurden. Mit diesen Genehmigungen werden die
menschenrechtlichen und kriegsverhütenden Kriterien dieser Richtlinien ad absurdum geführt," erklärt Paul Russmann.
Einer genauen Prüfung halten die aktuell veröffentlichten Zahlen ebenso wenig wie die des Frühjahrs stand. So warf der Bundesausschuß Friedensratschlag der Bundesregierung "Manipulation und Verharmlosung" vor, weil wichtige Bereiche des Rüstungsexports nicht erfaßt werden. Sogenannte Dual-Use-Güter, die auch in Entwicklungsländern in Militärflugzeuge, Transporter oder Panzer eingebaut werden können, sind im Bericht nicht enthalten. Das tatsächliche Exportvolumen liegt also erheblich über den veröffentlichten Zahlen.
Deutschland ist auch auf Grund dieser offiziellen Zahlen und laut SIPRI-Statistik in den vergangenen Jahren zum viertgrößten Rüstungsexporteur der Welt aufgerückt.
Klaus Schramm
Anmerkungen
Siehe auch unsere Beiträge:
'Rüstungsexporte unter "Rot-Grün"
Rüstungsexportbericht 2004 erst jetzt vorgelegt' (1.02.06)
'Rüstet Europa auf?' (13.05.04)
'Lizenz zum weltweiten Töten
Die neue Ausrichtung der Bundeswehr' (3.12.03)
'Rezession?
Die deutsche Rüstungsindustrie
hat unter "Rot-Grün" Hochkonjunktur' (22.05.03)