In den irakischen Städten Nadschaf und Kufa gingen am gestrigen Montag Hunderttausende auf die Straßen, um gegen die Annexion ihres Landes durch die US-Regierung und gegen den Raub des irakischen Öls zu protestieren. Sie skandierten Slogans wie "Nein, zu den USA, Ja zu Irak" und "Weg mit der ungerechten Besatzung". Zentrale Forderung war der sofortige Abzug der alliierten Besatzungstruppen. Über Bagdad war am Montag eine Ausgangssperre verhängt. Die US-Truppen hatten bei ihrer Invasion im Irak am 9. April 2003 Bagdad eingenommen.
Laut westlichen Mainstream-Medien habe der untergetauchte irakische Schiitenführer Moktada el Sadr zu den Demonstrationen aufgerufen. Als wesentlich bedeutsamer ist zu berichten, daß in allen Aufrufen und Redebeiträgen einhellig betont wurde, daß der versuchten Spaltung in Schiitten und Sunniten entgegenzutreten sei. Selbst westliche Korrespondenten berichteten überwiegend, die Demonstrationen seien "erstaunlich friedlich" und ohne Zwischenfälle abgelaufen. Dem all zu offensichtlich von der Besatzungsmacht herbeigesehnte "Bürgerkrieg", der in den westlichen Mainstream-Medien mal als Realität, mal als im Ausbruch befindlich beschrieben wird, wurde eine deutliche Absage erteilt. Die US-amerikanische von den Römern übernommene Taktik des "teile und herrsche" (divide et impera) scheint im Irak ins Leere zu laufen.
Bemerkenswert ist auch, daß die Demonstrationen von einem Meer irakischer Fahnen (nicht diejenige der Marionetten-Regierung und auch nicht die des vorangegangenen Baath-Regimes) geprägt waren. Bilder von PolitikerInnen oder von Geistlichen - etwa von Moktada el Sadr - waren kaum zu sehen.
Die irakische Marionetten-Regierung hatte zwar am Sonntag bekannt gegeben, der zum Feiertag erklärte 9. April sei von sofort an wieder ein normaler Arbeitstag. Aus "Sorge vor Terror und gewaltsamen Protesten" sei in Bagdad eine Ausgangssperre und ein Fahrverbot verhängt worden. Auch in der Stadt Hilla herrschte Ausgangssperre.
Sprecher der US-Armee im Irak versuchten, aus der Situation das beste zu machen und kommentierten: Die Demonstranten hätten ihr Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Rede wahrgenommen, was unter der Herrschaft von Saddam Hussein nicht möglich gewesen wäre. Für eine Besatzungsmacht, die den Irak-Krieg unter anderem mit dem vorgeblichen Ziel der Demokratisierung geführt hatte, und die in Bagdad und Hilla mit dem Verhängen der Ausgangssperre Demonstrationen hatte verhindern lassen, ist der selbstgewählte Vergleich mit Saddam Hussein, den sie einst als Herrscher eingesetzt und hofiert hatte, wenig schmeichelhaft.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Gewaltfreier Kampf im Irak (26.07.06)
Brief aus Falludscha an Kofi Annan (3.11.04)
Irak: el Sarkawi war's nicht (9.06.06)
Irak: Verfassung mehrheitlich abgelehnt (26.10.05)