9.06.2006

Die US Army hat im Irak
einen weiteren Menschen getötet
- el Sarkawi jedenfalls
war's sicherlich nicht

Musab el Sarkawi (oder in anderer Schreibweise: Mussab al-Zarqawi) ist bereits seit April 2003 tot.1 In einer vor zwei Jahren von einer Widerstandsgruppe im Irak verbreiteten Erklärung wurde darauf hingewiesen, daß el Sarkawi im April 2003 bei US-Bombenangriffen im Sulaimaniyah-Gebirge getötet wurde. Er habe mit Widerstandsgruppen im Irak nichts zu tun gehabt.

Es ist offensichtlich, daß seit April 2003 kein nachprüfbares Material mehr an die Öffentlichkeit gelangte, das als Beweis für das Gegenteil anzusehen wäre. Die von der US-Propaganda verbreiteten "Nachrichten", laut denen el Sarkawi nahezu täglich zugleich in den verschiedensten Teilen der Welt Anschläge und Terror verübte, waren grotesk. Im Juni 2004 wurde er für die Ermordung 33-jährigen Südkoreaners Kim Sun Il verantwortlich erklärt. Der TV-Sender 'Al Dschasira' berief sich auf ein Video-Band, das ihm zugespielt worden sei und aus dem hervorgehe, daß eine Gruppe von fünf Maskierten um el Sarkawi den Südkoreaner ermordet hätten. Doch dieses Video-Band hatte wie leicht zu erkennen war keinerlei Beweiskraft.

Auch beim Aschura-Anschlag am 2. März 2004 wurde Musab el Sarkawi zum Drahtzieher erklärt. Bemerkenswert, daß diese "Erkenntnis" bereits weniger als 24 Stunden nach dem Anschlag durch die US Army verbreitet wurde, ohne daß sie auch nur ein Bekennerschreiben vorzuweisen hatte. Darüber hinaus wurden ihm die Bombenanschläge in Casablanca und der Türkei zur Last gelegt. Zwischenzeitlich geisterte durch die Massenmedien, dem CIA sei es gelungen, eine Diskette mit einem Brief el Sarkawis zu erlangen, in dem von Planungen über Anschläge auf Schiiten die Rede sei. Wie bei allen elektronischen oder elektromagnetischen Datenträgern besteht allerdings keinerlei Möglichkeit, den Urheber festzustellen - außer vielleicht über Fingerabdrücke. Aber hierüber war nichts zu erfahren.

Als die US-Regierung im Juni 2004 ein Kopfgeld von 25 Millionen US-Dollar auf el Sarkawi ausgesetzte war ihr Risiko, dieses jemals ausbezahlen zu müssen, gleich Null. Im Oktober 2004 benutzte das US-Militär die angebliche Anwesenheit el Sarkawis in der irakischen Stadt Falludscha, um diese dem Erdboden gleich zu machen. Dabei setzte sie auch die im Kriegsrecht geächteten Phosphorbomben ein. RepräsentantInnen der Stadt schrieben in einem Brief2 an UN-Generalsekretär Kofi Annan: "Die amerikanischen Kampfflugzeuge werfen ihre mächtigsten Bomben auf die Zivilbevölkerung, die Hunderte von unschuldigen Menschen töten und verletzen. Zur gleichen Zeit greifen ihre Panzer die Stadt mit schwerer Artillerie an. Wie Sie wissen, gibt es keine militärische Präsenz in der Stadt. Es gab keinerlei Aktionen seitens der Falludscha-Widerstandsbewegung in den vergangenen Wochen, weil die Verhandlungen zwischen den Vertretern der Stadt und der Regierung gut vorankamen. In dieser Atmosphäre begannen die neuen Bombardements der USA." Und sie schrieben in eben diesem Brief: "Wir wissen, daß wir in einer Welt leben, die mit zweierlei Maß mißt. In Falludscha haben sie ein neues, vages Ziel erschaffen: el Sarkawi. Das ist der neue Vorwand, um ihre Verbrechen zu rechtfertigen, das Töten und das tägliche Bombardement von Zivilisten. Fast ein Jahr ist vergangen, seitdem sie diesen neuen Vorwand erfunden haben, und jedes Mal, wenn sie Häuser, Moscheen und Restaurants zerstören und Kinder und Frauen töten, sagen sie »Wir haben eine erfolgreiche Operation gegen el Sarkawi durchgeführt«. (...) Es ist offensichtlich, daß dieser Mann nur eine hypothetische Figur ist, die von den USA erschaffen wurde."

Im Dezember 2004 verbreiteten die Massenmedien mit dem Anschein einer Nachricht: "Bin Laden ernennt el Sarkawi zum Stellvertreter im Irak." Ein neuer Gipfel der Realsatire wurde erreicht, indem in eben derselben überall verbreiteten Meldung zugleich mitgeteilt wurde: "Ob bin Laden selbst auf dem Tonband spricht, ist unklar."3

Im Herbst 2005 wurde in den Massenmedien von Internet-Seiten berichtet, die von Islamisten eingerichtet worden seien und in denen Terror-Anschläge verherrlicht würden. Fachleute jedoch äußerten sich skeptisch, da auf diesen Internet-Seiten Merkwürdigkeiten auffielen. Beispielsweise bezogen sich einige dieser Seiten auf einen "Anführer" el Sarkawi, der jedoch bei Widerstandsgruppen im Irak keierlei Rolle spielte. Hackern gelang es bereits nach kurzer Zeit, festzustellen, daß einige dieser Internet-Seiten auf Servern (Computer, die im www als Speicher und Knotenpunkte dienen) in den USA abgelegt waren. Bei der nach dem 11. September äußerst rigiden datenüberwachung in den USA darf ausgeschlossen werden, daß Islamisten irgend eine Chance hatten, sich Zugang zu Servern in den USA zu verschaffen. Der Verdacht liegt nahe, daß es sich um eine neue Form von CIA-Desinformation handelte. Ziel war dabei offenbar, das Phantom el Sarkawi im Gespräch zu halten.

Der Nahost-Experte und Publizist Peter Scholl-Latour sagte heute in einem Interview mit der 'Neuen Presse', Hannover, das Terrornetzwerk Al-Qaida sei "eher ein Mythos, den die Amerikaner hochgespielt haben, der im Irak und der gesamten arabischen Welt aber keine so große Rolle spielt." Scholl-Latour bestritt auch, daß el Sarkawi Chef von Al-Qaida im Irak gewesen sein soll: "Ich weiß nicht, wer das erfunden hat. Das ist Unsinn." Auch zu Mutmaßungen, die angebliche Tötung el Sarkawis werde zu einem Nachlassen der Kämpfe im Irak führen, äußerte sich Scholl-Latour: "Das anzunehmen, ist absolut töricht." Weiter sprach sich der Publizist für einen Abzug der US-Truppen aus dem Irak aus: "Ich denke mittlerweile: lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Wenn solche Dinge bekannt werden wie das Massaker von Haditha - und es wird noch mehr bekannt werden -, schüren die Amerikaner nur noch mehr Haß. Befrieden können sie im Irak nichts mehr."

US-Amerikanische Soldaten sollen im irakischen Haditha ein Massaker an irakischen Zivilisten verübt haben. Der Sender CNN hat am Donnerstag Bilder gezeigt, wonach Zivilisten, Männer, Frauen und Kinder, angeblich aus nächster Nähe in ihren Häusern erschossen wurden.

 

Ute Daniels

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu auch unsere Artikel

      'Wird ein Toter zum Top-Terroristen aufgebaut?' (23.06.04)

      '25 Millionen Dollar für ein Phantom' (7.07.04)

2 'Brief aus Falludscha an Kofi Annan' (3.11.04)

3 Siehe hierzu auch unseren Artikel

      'Phantom 1 ernennt Phantom 2
      - Quelle: Phantom 3'' (27.12.04)

 

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