Quelle: Phantom 3
Vor zehn Jahren wären solche Meldungen noch in jeder Redaktion (außer bei dem Blatt mit den vier Buchstaben) umgehend in "Ablage P" gelandet. Nach dem 11. September 2001 hat sich zwar nichts Erkennbares in der weltpolitischen Konstellation verschoben; merkliche Veränderungen gab es allerdings: Ein deutlicher Abbau demokratischer Rechte, ein exponentieller Anstieg von geheimdienstlichen Überwachungsmaßnahmen und ein Totalverlust an journalistischer Sorgfalt in den Massenmedien.
So wird heute als ernsthafte Nachricht in nahezu allen Medien weiterverbreitet: "Bin Laden ernennt Zarqawi zum Stellvertreter im Irak." Dabei wird in Überbietung aller bisher gewohnten Realsatire über jenes angebliche Tonband, auf dem der angeblich noch lebende Osama bin Laden den angeblich von den USA im Irak meistgesuchten, angeblich noch lebenden Terroristen Zarqawi, zu seinem Stellvertreter im Irak erklärt haben soll, in eben derselben überall verbreiteten Meldung folgendes mitgeteilt: "Ob bin Laden selbst auf dem Tonband spricht, ist unklar."
Wieder einmal wird von dem angeblich so sehr von der US-Regierung verfolgten und zugleich von einem Emirat am Golf alimentierten TV-Sender Al Dschasira ein "Beweisstück" vorgelegt, das ebenso leicht manipulierbar ist wie die zuvor verbreiteten Videobänder und dessen Quelle völlig im Dunklen bleibt. Es sei daran erinnert, daß noch bis vor einigen Jahren üblich war, beispielsweise Bekennerschreiben terroristischen Ursprungs anhand von vereinbarten Codes oder exklusivem Insider-Wissen zu verifizieren.
Lebt Osama bin Laden überhaupt noch?
Außer einem Video1 aus ebenso obskurer Quelle, das von Al Dschasira präzise in den letzten Tagen vor der US-amerikanischen Präsidentenwahl präsentiert wurde, gibt es seit geraumer Zeit keinerlei Hinweis darauf. Selbst die Existenz der angeblich weltumspannenden Terror-Organisation Al Qaida ist äußerst zweifelhaft.2
Gibt es wenigstens jenen Musab el Sarkawi alias Musab al Zarqawi aus Jordanien?
Bisher wurde er von US-Seite zwar nahezu monatlich als Drahtzieher von Terroranschlägen an allen Enden der Welt genannt, ohne daß auch nur der geringste Anhaltspunkt dafür vorgelegt wurde. Auch für die willkürliche Verwüstung der "Widerstandshochburg" Falludscha, wurde von US-Seite die unbewiesene Behauptung, dort halte sich Al Zarqawi auf, vorgeschoben.3 Doch einiges spricht dafür, daß der phänomenale Top-Terrorist längst tot ist.4 Die Aussage irakischer Widerstandskämpfer, nach der Al Zarqawi im April 2003 bei US-Bombenangriffen im Sulaimaniyah-Gebirge getötet worden sei, kann immerhin Plausibilität für sich beanspruchen. Tonbandaufnahmen, Briefe auf Disketten und Video-Bänder, die zum Teil offenkundig als Fälschung zu erkennen sind, haben dagegen keinerlei Beweiswert. Spätestens nach den Video-Aufnahmen eines US-amerikanischen Video-Amateurs, der darauf selbst für Experten glaubwürdig eine Hinrichtung inszeniert hatte, dürfte die Beweis-Qualität solcher "Dokumente" hinreichend geklärt sein.
Ute Daniels
Anmerkung
1 Siehe hierzu auch unseren Artikel
'Neue Fälschung: Wahlhilfe von "Bin Laden" für Bush' (29.10.04)
2 Siehe hierzu auch unseren Artikel
'Al Qaida gibt es nicht' (25.08.04)
3 Siehe hierzu auch unseren Artikel
'Brief aus Falludscha an Kofi Annan' (3.11.04)
4 Siehe hierzu auch unsere Artikel
'25 Millionen Dollar für ein Phantom'
El Sarkawi ist nach wie vor überall und nirgends (7.07.04)
'Wird ein Toter zum Top-Terroristen aufgebaut?'
El Sarkawi ist überall und nirgends (23.06.04)