15.08.2004

Mit uns die Sintflut

Hurrikan "Charley" wütete in Florida

Nein, die Sintflut, die Klimakatastrophe ist das noch nicht. Ein solcher Hurrikan, wie er am Samstag und heute Teile Floridas verwüstete, ist irgendwo zwischen dem Vorgeschmack, den wir in den letzten Wochen vier mal nacheinander in Deutschland zu spüren bekamen, und der Vorhölle, wie sie Bangladesh seit Wochen in Folge der Überflutungen durchmacht, einzuordnen. Was uns bevorsteht, läßt auch ein Horror-Filmchen wie 'The day after tomorrow' von Roland Emmerich nur unzureichend erahnen.

Und besonders traurig ist, daß es (fast) immer, wenn die Natur zurückschlägt, die Falschen trifft. George W. Bush, den größten Klima-Terroristen unter der Sonne, und seinen Bruder Jeb, den Gouverneur des US-Staates Florida, hat es "natürlich" nicht erwischt... Alte Menschen, die sich für ihren Lebensabend mit Wohnwagen ins warme Florida zurückgezogen hatten, haben zum Teil ihr gesamtes Hab und Gut verloren.

Die MeteorologInnen hatten zwar schon Tage zuvor Warnungen ausgegeben und Tausende flohen rechtzeitig aus der Gefahrenzone, doch wann und wo genau der Hurrikan seine Bahn der Zerstörung ziehen würde, ist bis heute unberechenbar. "Charley" erreichte mit 232 Kilometern pro Stunde eine weit höhere Geschwindigkeit als prognostiziert. Häufig wechselte die Windrichtung, so daß verschiedene Regionen Floridas vor der Ankunft von "Charley" einem Wechselbad an Warnungen und Entwarnungen unterzogen wurden. Zur Glaubwürdigkeit der MeteorologInnen - besonders unter den Alten - trug dazu nicht eben bei, daß sie die berechnete Ankunftszeit kurzfristig um zehn Stunden korrigieren mußten. Jeb Bush konnte so die Schuld von seinem Bruder und vom US-amerikanischen "militärisch-industriellen Komplex" (der Ausdruck stammt vom 34. Präsidenten der USA, Dwight D. Eisenhower, 1890 - 1969) abwälzen und dem lieben Gott in die Schuhe schieben: "Gott folgt nicht den Modellen einer Computer-Grafik."

Wenn Verbrecher eine U-Bahn mit überhöhter Geschwindigkeit durchs Labyrinth der Tunnels jagen würden, ließe sich auch kaum vorausberechnen, wo genau sie entgleisen wird. Wie würde da der Spruch klingen: "Gott läßt sie eben dort entgleisen, wo es ihm behagt"? Und so tauchte der Hurrikan "Charley" eben gerade dort auf, wo nicht damit gerechnet wurde: In Port Charlotte, weit weg von den evakuierten Orten St. Petersburg und Tampa. Diese beiden dagegen blieben absolut verschont.

Bestätigt wurde allerdings die Vorhersage, daß dieser Hurrikan enorme Schäden anrichten würde. Nach ersten Schätzungen verursachte "Charley" Sachschäden in Höhe von elf Milliarden Dollar. Das entspricht ungefähr dem Wert des Erdöls, das sich die USA seit April 2003 in einem Zeitraum von zwei Monaten aus dem Irak pumpt. Schlimmer war bisher nur der Wirbelsturm "Andrew", der 1992 Schäden in Höhe von 25 Milliarden US-Dollar angerichtet hatte. 1992 kamen 26 Menschen zu Tode. Bis heute wurden 16 Todesfälle gezählt, wobei allerdings gestern und heute mehrere hundert Menschen vermißt gemeldet sind. Genaueres wird sich erst in einigen Tagen erfahren lassen, da ganze Ortschaften in Trümmerfelder verwandelt wurden. Die Siedlungen um Port Charlotte sind am schwersten betroffen. Gerade hier leben besonders viele RentnerInnen. Und viele darunter, die nicht mal ein richtiges Haus besaßen, sondern in einem mobile home, einem größeren Caravan, wohnten.

Die Hoffnung, daß nun wenigstens für 2004 Ruhe sei, wird von den MeteorologInnen bereits jetzt zu nichte gemacht: Die für die Entstehung von Hurrikanen günstigen Wetterbedingungen dauern an. Über dem offenen Meer hat sich schon der nächste "Twister" gebildet, der ebenfalls nur wenige Tage benötigen würde, um Florida zu erreichen...

 

Frank Bayer

 

Anmerkungen:

Siehe auch unsere Artikel

    'Vorgeschmack auf die Klimakatastrophe' (18.07.04)

    'Nochmal Vorgeschmack' (24.07.04)

    'Vorgeschmack oder Vorhölle?' (7.08.04)

 

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