24.03.2009

Nano-Technik und Kosmetik

Europa-Parlament: Deklaration erst ab 2012

Das Europa-Parlament läßt den Schutz der VerbraucherInnen einmal mehr unter den Tisch fallen. Während Kosmetik-Konzerne immer mehr Artikeln wie Sonnenschutz-Cremes, Dusch-Gels oder Seifen Nano-Partikel beigemischen, sind gesetzliche Vorschriften zum Schutz von Mensch und Umwelt weiterhin nicht vorgesehen. Selbst die bloße Deklaration von Nano-Partikeln in Kosmetika soll erst ab 2012 auf der Verpackung zur Pflicht werden. Wer zudem die internationale Forschungslandschaft kennt, die von industrienahen Instituten und der finanziellen Abhängigkeit von universitären WissenschaftlerInnen wegen der Einwerbung von "Drittmitteln" geprägt ist, wird auch bei den ab 2012 vorgeschriebenen "Sicherheitszertifikaten", die Kosmetik-Konzerne beim Einsatz von Nano-Partikeln in neuen Produkten vorlegen müssen, an einen zahnlosen Tiger denken.

Nur neutrale, von den Herstellern unabhängige Langzeit-Studien könnten über Gefährlichkeit oder Ungefährlichkeit von Nano-Partikeln Aufschluß geben. Doch solche Studien können mangels Geldgeber nicht durchgeführt werden. So bleibt es zufällig publik gewordenen "Unfällen" mit Nano-Produkten vorbehalten, für ein kritisches Bewußtsein beim Einsatz der Nano-Technologie zu sorgen.1 Die KonsumentInnen werden so über Jahre hin als unfreiwillige Testpersonen mißbraucht. Damit Gesundheitsschäden nicht erst erkannt werden, wenn es zu spät ist, dürften Nano-Partikel nicht in Konsum-Artikeln eingesetzt werden.

Beispiele für Stoffe in Kosmetika, die in Form von Nano-Partikeln beigemischt werden, sind Titandioxid und Zinkoxid. Sie werden nicht selten in Sonnenschutzmitteln eingesetzt. In Versuchen mit Zellkulturen verursachten sie Erbgut- und Zell-Schäden. In Seifen enthaltenes Nano-Silber erwies sich als hochgiftig für Wasserorganismen. Fullerene, die unter anderem in "Anti-Aging"-Cremes enthalten sind, können die Plazenta-Schranke überwinden und von Föten aufgenommen werden.

Auch die Naturkosmetik-Branche ist kein Kind der Unschuld mehr, denn einige Hersteller verwenden Nano-Partikel in Produkten wie Sonnenschutz- und "Anti-Aging"-Cremes. Bei Sonnenschutzmitteln geht es unter anderem immerhin darum, chemische UV-Filter, die wegen ihrer hormonellen Wirkung als gefährlich gelten, durch Nano-Partikel zu ersetzen. Letztlich handelt es sich dabei jedoch um eine Frage der Massentauglichkeit - denn: Titandioxid, das als UV-Filter Sonnenschutzcremes beigemischt wird, muß nicht bis zu Nano-Partikeln zermalen werden. Doch bei einem geringeren Vermalungsgrad bleibt die Creme in ihrer Konsistenz mit solcher von altbekannter Babycreme vergleichbar. Und die Kundschaft ist nun mal eine milchige Konsistenz von Sonnenschutzmitteln gewohnt. Dem könnte lediglich eine intensive Beratung abhelfen, wie sie noch in kleinen Bioläden üblich ist. Doch auch die Mehrzahl der Naturkosmetik-Firmen ist mittlerweile auf den Verkauf über Bio-Supermärkte und große Drogerie-Ketten eingestellt.

Die Umweltschutz-Organisation BUND begrüßt reichlich optimistisch die vom Europa-Parlament mit der Neufassung der EU-weiten Kosmetikverordung verabschiedeten Bestimmungen als "Schritt in die richtige Richtung". Der BUND bemängelt aber zugleich, daß die Kennzeichnungs- und Zulassungsvorschriften erst ab 2012 angewandt werden sollen. Bis dahin müsse es "ein Moratorium für den Einsatz von Nano-Materialien in Kosmetika" geben. Als Größengrenze für Nano-Partikel schlägt der BUND 300 Nanometer vor, während in der Kosmetikverordnung die kritische Grenze erst bei 100 Nanometer gezogen wird.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Zum Thema Nano-Technologie siehe auch unsere Artikel:

      Nano-Partikel in Lebensmitteln
      Bundesregierung verweigert Schutz der Bevölkerung (12.03.08)

      Nano-Technologie
      Eine neue Durchsetzungs-Strategie (18.12.07)

      Nano-Technologie - Ebenso vielfältig wie gefährlich (10.06.07)

      Warnung vor Nano-Technologie
      Waschmaschine von Media Markt birgt Umweltgefährdung (13.10.06)

      Nano-Technologie gefährlich
      Verletzungen durch 'Magic'-Spray (4.04.06)

 

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