Obwohl sich der deutsche Wirtschafts-Minister und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel zu keinem Zeitpunkt inhaltlich von TTIP distanziert hat, erklärte er jetzt öffentlich: "Die TTIP-Verhandlungen sind de facto gescheitert." Sind damit die für den 17. September angekündigten Groß-Demonstrationen gegen die sogenannten Freihandelsabkommen TTIP und CETA obsolet geworden?
"Da bewegt sich nichts", sagte Gabriel in einem Interview über die TTIP-Verhandlungen zwischen der EU-Bürokratie und der US-Administration. Die Haltung der VertreterInnen der US-Wirtschaft sei zu hart und laut Gabriel seien "die Europäer" nicht daran interessiert, sich zu "unterwerfen". Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht dies vermutlich ganz anders. Merkwürdig sind die Worte Gabriels vor dem Hintergrund, daß er in all seinem Tun - ebenso wie Merkel - eindeutig als "Atlantiker", also als Vertreter der US-Interessen, zu erkennen war.
Angesichts sinkender Umfrage-Ergebnisse der "S"PD, wachsendem gesellschaftlichem Druck gegen die sogenannten Freihandelsabkommen TTIP und CETA und den für 17. September in 7 deutschen Städten angekündigten Groß-Demos, die neben BUND und attac von 29 Organisationen getragen wird, meldeten sich immer mehr Stimmen in Gabriels Partei zu Wort, die dessen stures Festhalten an TTIP und CETA in Frage stellten. Auf der anderen Seite äußerten nun Unions-VertreterInnen Kritik an Gabriels vermeintlichem Kurswechsel. Von Einzelnen werden die Groß-Demos auch in einem Zusammenhang mit einem "S"PD-Parteikonvent am 19. September in Wolfsburg gestellt, da dort die Position der Partei zum CETA-Abkommen beraten werden soll.
Bei allen verbalen Pirouetten Gabriels dürfte allerdings zumindest klar sein, daß er nach wie vor das Ziel verfolgt, CETA durchzusetzen. Bislang ist er der inhaltlichen Kritik an TTIP ausgewichen und nach wie vor gilt Gabriel als "Atlantiker". Die jederzeit revidierbare Absage Gabriels zu TTIP ist offensichtlich nur taktischer Natur. Mit der Behauptung TTIP sei tot, versucht Gabriel Druck aus der öffentlichen Debatte herauszunehmen. Denn dieser Druck macht sich auch in der "S"PD bemerkbar und Gabriel kann sich nicht mehr sicher sein, daß die Partei mehrheitlich seinem Pro-TTIP-Kurs folgt. Gabriel spricht sich weiterhin offen für CETA aus. Und ist erst einmal CETA durchgesetzt, kann TTIP nach Ansicht Gabriels kaum noch aufgehalten werden. Bei einem Votum der deutschen Bundesregierung pro TTIP könnte sich Gabriel - so wie bereits bei den Waffen-Exporten - damit herausreden, daß er innerhalb des Kabinetts überstimmt worden sei - und solche Abstimmungs-Ergebnisse sind wegen der Geheimhaltung nicht überprüfbar.
Für Samstag, 17. September rufen 29 Organisationen, darunter BUND, attac und Gewerkschaften zu Groß-Demonstrationen in den Städten Berlin, Frankfurt a.M., Hamburg, Köln, Leipzig, Stuttgart und München auf: "CETA und TTIP stoppen! Für einen gerechten Welthandel!" Weitere Infos unter: www.ttip-demo.de
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Sieg Mexikos über die USA?
Niederlage für Umwelt-Standards (5.05.16)
TTIP-Leak
Greenpeace stellt TTIP-Dokumente online (1.05.16)
300 Kommunen gegen TTIP,
CETA und TiSA (29.10.15)
250.000 TeilnehmerInnen auf der
Anti-TTIP-Demo in Berlin (11.10.15)
TTIP-Studie:
Rund 600.000 Arbeitslose mehr in Europa (16.11.14)
TTIP und Transparenz
Verhandlungen im Hinterzimmer (5.06.14)
BUND gegen Freihandelsabkommen
Geheimverhandlungen
auf Kosten von Umwelt und VerbraucherInnen (13.07.13)