Eine Katastrophe, die weit über den bislang "größten anzunehmenden Unfall" (GAU) hinausginge, ist nicht mehr auszuschließen. Auch der US-amerikanische Chef-Krisen- manager für die Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko Thad Allen mußte nun bei einer Pressekonferenz einräumen: "Niemand kennt den Zustand des Meeresbodens im Bereich des Bohrlochs über dem Ölfeld." ExpertInnen diskutieren bereits seit Tagen über die Gefahr eines "Super-GAU". Ein völliger Kollaps des Bohrlochs kann dazu führen, daß sich der gesamte Inhalt des Ölfelds ungehindert ins Meer ergießt.
Eine solche gigantische Katastrophe wäre technisch nicht mehr zu stoppen. Die Alarmzeichen häufen sich. Auf Aufnahmen eines der Untersee-Roboter, die an der Untergangsstelle der Ölbohrinsel 'Deepwater Horizon' im Einsatz sind, ist zu sehen, daß in einiger Entfernung zum Bohrloch an verschiedenen Stellen Öl- und Gaswolken vom Meeresboden aufsteigen. Dies deutet auf erste Risse und eine wachsende Instabilität im offenbar bereits porösen Meeresboden hin. Das unter enormem Druck herausschießende Öl mit den darin enthaltenen Sand- und Steinpartikeln wirkt als Erosionsfaktor für die unterirdische Umgebung des Bohrkanals - im Prinzip wie ein riesiges, permanent eingeschaltetes Sandstrahlgebläse.
Auch der Öl-Konzern BP hat den vollständigen Kollaps des Bohrlochs längst ins Kalkül einbezogen. Bereits beim ersten Versuch mit der martialischen Bezeichnung "Top Kill", agierten die TechnikerInnen mit Vorsicht. Der Versuch, das Bohrloch mit dem Einpumpen von schwerem Schlamm zu verschließen, wurde letztlich deshalb abgebrochen, weil das Risiko bestand, die Verschalung des Bohrkanals zu beschädigen und so dem Öl und Gas neue Austrittswege zu verschaffen. Doch möglicherweise wurde bereits zu diesem Zeitpunkt die kritische Grenze überschritten.
Der Wissenschaftler Bruce Bullock sagte gegenüber der US-Zeitung 'Washington Post': "Die von Forschungsschiffen entdeckten großen Unterwasser-Ölwolken sind vermutlich auf zusätzliche Lecks im Meeresboden zurückzuführen." Und sobald die Geologie des Meeresboden gestört wird, bestehe die Gefahr, daß diese Lecks noch größer werden. Vermutlich ist es deshalb mittlerweile ein Wettlauf mit der Zeit, um den Super-GAU am Meeresgrund noch zu verhindern. Aber auch die beiden laufenden Bohrungen, mit deren Hilfe das Bohrloch tief unterhalb der Austrittsstelle geschlossen werden soll, bieten keine Gewähr für einen Erfolg.
Die Folgen eines Super-GAU im Golf von Mexiko sind hingegen nicht unvorhersehbar, sondern lassen sich recht genau berechnen. Eine Analyse des Volumens des Macondo-Ölfelds ergibt, daß die seit dem 20. April ausgetretene Menge Öl erst rund fünf bis sechs Prozent des Gesamt-Volumens von rund 50 Millionen Barrel Öl beträgt.
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Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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