21.12.2009

Ostsee-Pipeline gefährdet Ökosystem

WWF fordert Kompensationen

Die Planungen für die Versorgung Deutschlands mit russischem Gas schreiten voran. Mit der Ostsee-Pipeline soll nicht nur die Energieversorgung auf der Basis fossiler Energieträger (Erdöl, Erdgas, Kohle) zementiert werden, sondern zugleich wird so der Ausbau der erneuerbaren Energien behindert. Und zugleich ist mit der Verlegung der Pipeline durch die Ostsee ein gigantischer Eingriff in maritime Ökosysteme verbunden, die bereits weitgehend geschädigt sind.

Die deutschen Behörden übergeben heute die Genehmigungen für den deutschen Abschnitt einer Gas-Pipeline durch die Ostsee an die Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern. Die Umweltschutz- Organisation WWF weist daher aktuell auf die zu erwartenden Zerstörungen hin: Durch Baggerungen für die Trasse der Pipeline am Meeresboden und Freisetzung großer Mengen Stickstoff-Verbindungen und Phosphate drohen massive Schäden im Ökosystem der Ostsee. Diese Stoffe stammen weitgehend aus der industriellen Landwirtschaft der Ostsee-Anrainerstaaten. Über die Flüsse gelangen aus den mit chemischen Düngemitteln gedopten Äckern jährlich rund eine Million Tonnen Stickstoff und 35.000 Tonnen Phosphor in die Ostsee. Das Algenwachstum nimmt ständig zu und in der Folge sinkt der Sauerstoffgehalt. Riesige Todeszonen breiten sich mehr und mehr in der Ostsee aus. Zugleich wird die Ostsee weiterhin skrupellos überfischt.

Die geplante Trasse durchschneidet mehrere EU-Naturschutzgebiete, darunter das auf dem Papier geschützte Riff der Schwelle zwischen Greifswalder Bodden und Ostsee. Hier soll für die Verlege-Schiffe der Pipeline eine neue Fahrrinne gebaggert werden. Auf einer 400 Hektar großen Klappstelle vor Usedom soll der Meeresboden aus der Pipeline-Trasse im Greifswalder Bodden zunächst ins Meer geschüttet und später wieder abgebaggert werden. Nach neueren Schätzungen würden mit dem Eingriff rund 53.000 Tonnen Stickstoff-Verbindungen und 12.000 Tonnen Phosphate aus Ablagerungen auf dem Meeresboden ins Wasser der Ostsee eingetragen. Selbst der Pipeline-Betreiber 'North Stream' kann nicht leugnen, daß sich solche Eingriffe erheblich auf das Ökosystem auswirken.

Die Ostsee-Pipeline soll zwischen dem russischen Viborg und dem deutschen Lubmin durch die territorialen Gewässer von Rußland, Finnland, Schweden, Dänemark und Deutschland verlaufen. Nach der Genehmigung durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie sowie das Bergamt Stralsund liegen mittlerweile sämtliche Genehmigungen vor.

Der WWF sieht offenbar keine Möglichkeit das umweltzerstörerische Unternehmen zu verhindern und fordert vom Betreiber 'North Stream' eine "volle Kompensation der entstehenden Umweltschäden". Zudem kündigt die Umweltschutz-Organisation an, die Genehmigungs- bescheide durch seine Fachjuristen rechtlich prüfen lassen. Für den deutschen Küstenbereich sind Ausgleichsmaßnahmen bislang nur für etwa 40 Prozent der Eingriffe in die Meeresumwelt vorgesehen. "Der WWF kann der Pipeline nur zustimmen, wenn in der Summe die Bilanz von Eingriffen und Kompensation ostseeweit gleich Null ist. Die Ausgleichsmaßnahmen müssen der geschunden Ostsee direkt zugute kommen" sagt Jochen Lamp, Leiter des WWF Ostseebüros.

Wenig realistisch sind allerdings die Vorschläge des WWF, die nicht an die Ursache der Überdüngung, die industrielle Landwirtschaft, rühren. So heißt es lediglich in hypothetischer Form: "Eine Ausgleichsmöglichkeit wäre die Schaffung großflächiger Feuchtgebiete, die den Flüssen Nährstoffe entziehen, bevor das belastete Wasser in die Ostsee gerät und das Überdüngungsproblem verschärft."

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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      Gefahr für Zugvögel und Schweinswale (5.05.09)

      Die Ostsee stirbt
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