Weltwasserforum 2009 in Istanbul
Vom 16. bis 22. März findet in Istambul das Weltwasserforum 2009 statt. Kaum bekannt ist, daß gerade die Türkei bereits in einer dramatischen Wasserkrise steckt.1 Das Land ist nicht gerade ein Vorbild in Sachen Wassermanagement. Der Grundwasserspiegel ist in den vergangenen drei Jahrzehnten um über 14 Meter gesunken.
Zusätzlich verschärft sich die Lage in der Türkei durch einen beständigen Rückgang der Niederschläge. Diese gingen bereits um bis zu 43 Prozent zurück. Dennoch werden immer größere Flächen für die Landwirtschaft künstlich bewässert und in den Urlaubsregionen sollen über 100 neue Golfplätze entstehen. Allein eine dieser Anlage hat den jährlichen Wasserbedarf einer Kleinstadt. Als Folge mußten 2007 Istanbul, Ankara und Izmir im Sommer tageweise das Wasser abstellen.
Auch Deutschland ist hiervon mittelbar betroffen: Rund zehn Prozent des jährlichen Bedarfs an landwirtschaftlichen Gütern wird aus der Türkei importiert, darunter 158.162 Tonnen Schalen- und Trockenfrüchte, 113.488 Tonnen Gemüseprodukte und 54.223 Tonnen Obst. "Unsere Nachfrage befeuert damit zumindest indirekt den unverantwortlichen Wasserraubbau und wir wären direkt betroffen, wenn Dürren die türkischen Ernten vernichtet", warnt Dorothea August, Expertin für die Mittelmeerregion bei der Umwelt-Organisation WWF.
"Wir steuern direkt auf eine globale Wasserkrise zu", warnt Martin Geiger, Leiter Bereich Süßwasser beim WWF Deutschland, anlässlich des Weltwasserforums in Istanbul. Die Ressource Wasser wird, so der WWF-Experte, immer knapper. Das sei in erster Linie eine Folge von Verschwendung, Missmanagement und ineffizienter Bewässerung. Deutliche Zeichen der weltweiten Wasserkrise sieht Martin Geiger in der Jahrhundertdürre Anfang 2009 in China oder in den extremen Trockenperioden im Mittelmeerraum. Es drohen Landflucht, Kollaps der Landwirtschaft am Mittelmeer und ein Ende des Tourismus in beliebten Urlaubsregionen.
WWF-Experte Geiger fordert einen globalen und verbindlichen Aktionsplan zur Bekämpfung der Wasserkrise: "Für die Wissenschaft und den Erfahrungsaustausch ist das Weltwasserforum essentiell. Es mangelt ihm jedoch an Verbindlichkeit. Die Politik muß endlich auf die Tatsachen reagieren." Dies ist jedoch eine typische Wunschvorstellung vieler Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO), die auch nach Jahrzehnten der Erfolglosigkeit ihren - für manche durchaus einträglichen - Beraterstatus gegenüber der Politik nicht hinterfragen wollen. Veränderungen werden jedoch erst dann durchgesetzt werden können, wenn die betroffenen Menschen mehrheitlich eine Wende erzwingen. Denn solange das kapitalistische Profit-Prinzip die Politik bestimmt, werden noch so wohlformulierte Appelle an die Vernunft bei den heutigen PolitikerInnen ungehört verhallen.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
1 Siehe auch unsere Artikel zum Thema:
Grüne Mauer
gegen Ausbreitung von Wüsten (25.12.08)
Hoffnung für Hasankeyf?
Das Staudamm-Projekt Illisu steht auf der Kippe (31.03.08)
UN warnt vor weiterer Ausbreitung der Wüsten
Rückkopplung mit Klimakatastrophe (28.06.07)
Wasser,
globale Umweltzerstörung und Klimakatastrophe (14.05.07)
Dürre in der Sahel-Zone
als Folge des Klimawandels? (13.10.03)
Wasser und Weltbank (13.07.03)
Explosivstoff Wasser
Nahost braucht eine gerechtere Verteilung des Wassers (4.02.2001)
Hasankeyf
- Staudammprojekt des Wahnsinns (7.11.2000)