17.11.2009

Erster deutscher Hochsee-Windpark
fertiggestellt

Kritik an Beteiligung der Atom-Konzerne E.on und Vattenfall

Der erste deutsche Hochsee-Windpark wurde gestern 45 Kilometer vor der ostfriesischen Küste fertiggestellt. Das Projekt 'Alpha Ventus' umfaßt zwölf Windkraftwerke mit jeweils 5 Megawatt Leistung. Von den Firmen Areva Multibrid und Repower stammen je sechs der Anlagen. Die reine Bauzeit für alle zwölf Windkraftwerke betrug sieben Monate. Sechs Turbinen laufen bereits im Probebetrieb. In den kommenden Wochen werden nun die weiteren sechs Windkraftanlagen schrittweise in Betrieb gehen.

An dem Konsortium, das die Finanzierung des Windparks in Höhe von insgesamt 250 Millionen Euro aufbrachte, sind neben dem regionalen Energieversorger EWE und der Deutschen Offshore-Testfeld und Infrastruktur GmbH (DOTI) auch die Atom-Konzerne E.on und Vattenfall beteiligt. Welche Einflußmöglichkeiten dies den Atom-Konzernen einräumt, ist noch schwer einzuschätzen. Im Zweifelsfall werden diese zugunsten eines Weiterbetriebs ihrer längst abgeschriebenen Atomkraftwerke entscheiden.

Einen Vorgeschmack hierfür lieferte bereits der Konflikt im September 2006 als E.on Windkraftwerke in Schleswig-Holstein abschalten ließ. Angeblich sollte damit einer Überlastung des Stromnetzes vorgebeugt werden. Greenpeace erklärte damals das Vorgehen von E.on als weniger fürsorglich: "Je mehr Windstrom E.on als Netzbetreiber abnehmen muß, desto mehr schadet das den eigenen Kraftwerken, deren Strom nicht mehr eingespeist werden kann."

Und im März dieses Jahres ließ E.on in Großbritannien seine energiepolitischen Präferenzen deutlich erkennen: Der Konzern forderte die britische Regierung auf, die Ausbauziele für Windenergie zu reduzieren. Für die von E.on geplanten und mit der britischen Regierung vereinbarten neuen Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke verbliebe ansonsten zu wenig Kapazität im Stromnetz. E.on argumentierte dabei mit fragwürdigen Zahlen und einer vor der Öffentlichkeit geheim gehaltenen Studie, die allerdings kurze Zeit darauf auf der Internet-Seite Wikileaks veröffentlicht wurde.

Ein anderes Beispiel aus der Zeit, als in Deutschland Anfang der 1990er Jahre die hoffnungsvollen Ansätze zu einem boomenden Markt für Solarenergie zunichte gemacht wurden: Durch massive Behindung deutscher Ministerein, Behörden und der Atom-Lobby wurde eine aufstrebende Solarwirtschaft platt gemacht. Noch 1991 gab es in Deutschland vier Firmen, die Solarzellen herstellten. Vor allem Strom-Konzerne, die in den Solarfirmen entscheidende Anteile aufgekauft hatten, richteten den Solarmarkt systematisch zugrunde. "Die Energiekonzerne, die beim Durchbruch der Solartechnik als Verlierer dastünden, können so die Konkurrenztechnik kontrollieren", schrieb der 'spiegel' am 25. Juni 1995. Der Atom-Konzern RWE hatte sich in die Firma Angewandte Solarenergie (ASE) GmbH eingekauft, die 1995 bundesweit noch als einziger Hersteller von Solarzellen übriggeblieben war. RWE schloß die ASE - angeblich wegen zu geringer Nachfrage - Ende 1995. Der Journalist Franz Alt klagte in den 'Lübecker Nachrichten vom 30. April 1997: "Japan hat in den letzten fünf Jahren sämtliche deutschen Solarpatente aufgekauft."

Wie es um das Knowhow bestellt ist, das beim Bau des gestern fertiggestellten Windkraftparks 'Alpha Ventus' gesammelt werden konnte, ist noch schwer einschätzbar. Beim Aufbau der Anlage wurden in der Logistik zeitweise bis zu 25 Schiffe, darunter der weltgrößte Schwimmkran, eingesetzt. Die Verwendung von Anlagen zweier Hersteller und zwei verschiedenen Fundamenttypen dient auch dem Sammeln von Erfahrungen für künftige Windparks, die in den kommenden Jahren fernab der Küste in Deutschlands Wirtschaftszone in der Nordsee entstehen sollen. Vermutlich haben sich E.on und Vattenfall Zugriffsrechte auf dieses Knowhow gesichert.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

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