15.01.2009

Einsturzgefahr
im Atommüll-Lager Asse

Seit Dezember nicht veröffentlicht

Wie durch einen Bericht der 'Hannoverschen Allgemeinen Zeitung' bekannt wurde, ist eine in rund 750 Meter Tiefe liegende Kammer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen im "Versuchsendlager" Asse einsturzgefährdet. Der niedersächsische "Umwelt"-Minister Sander war nach eigenen Angaben bis zum heutigen Donnerstag nicht hierüber informiert worden. Auch das seit dem Jahrswechsel nun zuständige Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das dem "Umwelt"-Minister des Bundes, Sigmar Gabriel, untersteht, hat bislang keine Pressemitteilung in dieser Sache herausgegeben. Sander kritisierte das BfS scharf, nicht früher öffentlich Stellung bezogen zu haben. Mit der angekündigten stärkeren Transparenz durch den neuen Betreiber habe dies nichts zu tun.

Bei der Auswertung seismischer Überwachungsdaten wurde bereits im Dezember festgestellt, daß die Decke der Einlagerungskammer in Bewegung geraten ist. Dort sei "eine Häufung mikroseismischer Ereignisse" registriert worden. Außerdem ist der gefährdete Bereich nur noch eingeschränkt für das Personal des Bergwerkes zugänglich. In dem ehemaligen Salzbergwerk sind bereits Decken mehrerer alter Abbaukammern eingestürzt. Bislang betraf dies aber keine der 13 Kammern, in denen Atommüll lagert. In dem Bergwerk wurden bis 1978 mehr als 126.000 Atommüllfässer deponiert.

Der Leiter des Referats Endlagerung beim niedersächsischen Umweltministerium, Joachim Bluth, erklärte mittlerweile in Hannover, die sich in einem kritischen Zustand befindende Decke könne jederzeit einstürzen. In der Kammer lagern etwa 6.000 Fässer mit schwach radioaktiven Abfällen. "Es besteht die Gefahr, dass die Fässer zerstört werden", sagte Bluth. Durch eine Druckwelle könne dadurch Radioaktivität innerhalb der Bergwerk-Stollen freigesetzt werden. Derzeit werde geprüft, ob sich im Falle eines Einsturzes der Kammer radioaktiv belasteter Staub in die Grube und in die Abluft ausbreiten würde. Die Kammer-Verdichtung solle deshalb verstärkt werden. Für den Stollen bestehe aber insgesamt keine Gefahr. Die größte Sorge sei, daß der Wasserzufluß in die Asse stark beeinflusst werden könnte. Derzeit dringen täglich etwa zwölf Kubikmeter Wasser ein. Laut Bluth kann der Zufluß nach einem Einsturz der Kammer 4 auf "100 oder 200 Kubikmeter" ansteigen.

Das BfS sei aufgefordert worden, schnellstmöglich ein Konzept vorzulegen. "Dieses Konzept gibt es bislang noch nicht", sagte Bluth. Ein Auffüllen der Kammer mit Beton würde zu Stabilisierung führen, jedoch falle damit die Option, die Atommüll-Fässer später heraus zu holen, fast vollständig weg. Irritiert äußerte sich Niedersachsens "Umwelt"-Minister Sander, der nach eigenen Angaben bis Donnerstag nicht über den Fall informiert wurde. Er ließ sich vor JournalistInnen telefonisch vom BfS in Kenntnis setzen. Laut Bluth waren aber das Landes- und Bundesumweltministerium bereits seit Dezember informiert.

Peter Dickel vom Asse-II-Koordinationskreis erklärte: "Jetzt rächt sich, daß man nicht schon vor Jahren gehandelt hat." Alle Radioaktivität, die im Innern der Grube freigesetzt werde, könne über die Lüftung des Bergwerks auch nach außen gelangen. Dickel fürchtet zudem, daß die Instabilität des Bergwerks die Chancen auf eine Rückholung der dort eingelagerten 126.000 Atommüllfässer mindert.

Nach jahrzehntelangem Betrug und der Verheimlichung negativer Erkenntnisse wie beispielsweise dem Wassereinbruch ist allerding auch nicht auszuschließen, daß die jetzige Meldung über die Einsturzgefahr lediglich vorgeschoben ist. Sie könnte als Vorwand dienen, die dringend nötige Evakuierung der radioaktiven Abfälle aus der völlig ungeeigneten Anlage zu verhindern. Bei einer Evakuierung des Mülls muß zudem damit gerechnet werden, daß neben schwach- und mittelradioaktiven Abfällen auch illegal eingelagertes Material zu Tage kommt.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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      Rückholung des radioaktiven Mülls bislang nicht geplant (5.09.08)

      Gefahr durch atomares Versuchslager Asse II nicht länger geleugnet
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      Endlager-Wahnsinn (28.02.01)

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