10.08.2006

Gabriel nennt Abschalt-Termine

Statt "Atomausstieg" real bereits jetzt Laufzeitverlängerung

Statt aus dem Beihnahe-GAU im schwedischen AKW Forsmark Konsequenzen zu ziehen und wenigstens den Weiterbetrieb der gefährlichsten deutschen AKWs zu untersagen, gibt Atom-Minister Gabriel "Entwarnung". Ein "Störfall" wie in Schweden sei in Deutschland ausgeschlossen, sagte er am gestrigen Mittwoch. Dabei ist eine Liste von Notstrom-Fällen in deutschen AKWs1 bekannt. Diese Beispiele zeigen, daß auch deutsche AKWs nicht gegen von Außen stammende Überspannung hinreichend gesichert werden können.

Um die Bevölkerung zu beruhigen wird einmal mehr auf den angeblichen Atomausstieg verwiesen. Wie bereits zu Beginn dieses Jahres2 veröffentlicht Gabriel eine Liste von Terminen (diesmal ohne Nennung des exakten Tages), wann jedes der aktuell 17 deutschen AKWs stillgelegt werden soll:

Biblis A...............................Februar 2007
Neckarwestheim 1...........Dezember 2008
Biblis B...............................Januar 2009
Brunsbüttel.......................Februar 2009
Isar 1....................................März 2011
Unterweser........................September 2011
Philippsburg 1..................März 2012
Grafenrheinfeld................Juni 2014
Krümmel.............................März 2016
Gundremmingen B..........Juli 2016
Gundremmingen C..........Januar 2017
Grohnde..............................Februar 2017
Philippsburg 2..................April 2017
Brokdorf.............................Dezember 2018
Isar 2...................................April 2020
Emsland.............................Juni 2020
Neckarwestheim 2...........April 2021

Quelle: Bundesumweltministerium

Daß diese Termine nur eingehalten werden könnten, wenn die AKWs mehr Strom pro Jahr produzieren als in der Vergangenheit, ist inzwischen bekannt. Dies würde kürzere Stillstandszeiten und geringere Reparaturanfälligkeit voraussetzen. Die Überalterung der Anlagen steht dem jedoch entgegen. Und zudem würde eine höhere Verfügbarkeit der AKWs voraussetzen, daß die Betreiber nicht versuchen, die 2000 im "Atomausstieg"-Vertrag vereinbarten Reststrommengen über einen längeren Zeitraum zu strecken.

So erklärte der bekannte Atomexperte Klaus Traube bereits Anfang dieses Jahres, daß bis 2009 nur zwei alte unrentable Schrott-Reaktoren abgeschaltet werden. Nach seiner Kenntnis könne durch Strommengen-Übertragungen die Laufzeit der beiden Reaktoren Biblis B und Brunsbüttel bis in die nächste Legislaturperiode verlängert werden. Die Betreiber spekulierten darauf, von der nachfolgenden Bundesregierung erneut Laufzeitverlängerungen genehmigt zu bekommen.

Ursprünglich war für deutsche AKWs technisch eine Laufzeit von 25 Jahren als Obergrenze angesetzt. Viele der bereits in den 70er Jahren in Betrieb genommen AKWs haben ihr technisches Aus längst überlebt. Doch zu keinem Zeitpunkt bestimmten Sicherheitserwägungen den Betrieb der deutschen AKWs. Sie sollen offenbar solange betrieben werden wie der dafür notwendige Brennstoff, Uran, auf dem Weltmarkt noch zu profitträchtigen Preisen verfügbar ist.

Eine Veröffentlichung von IPPNW3 hat bereits im letzten Jahr gezeigt, daß die aufgrund realistischer Berechnungen beruhenden prognostizierten Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke (durchschnittlich drei bis vier Jahre über den offiziell angegebenen Laufzeiten) merkwürdig exakt bis in die Zeit reichen, wo wegen der zunehmenden Verknappung der Uran-Vorräte die Uran-Preise die Grenze für einen wirtschaftlichen Betrieb der AKWs durchbrechen.

IPPNW deckte folgende Daten auf: Der Uranbedarf für die weltweit rund 440 kommerziellen Atomkraftwerke liegt bei rund 62.000 Tonnen pro Jahr. Allein in der EU werden jährlich rund 20.000 Tonnen Uran zur Stromerzeugung in Atomkraftwerken benötigt. 1999 lag die Menge des - je nach Höhe der unterstellten Förderkosten - des mehr oder weniger "wirtschaftlich" abbaubaren Urans bei insgesamt noch 1,25 bis vier Millionen Tonnen.

Dabei handele es sich nur zum Teil um gesicherte, zum Teil jedoch um nur vermutete Uranvorkommen, so IPPNW. Die Gesamtmenge des - immer aufwendiger und entsprechend teuerer zu gewinnenden - Urans reicht demnach maximal bis in die Zeit zwischen 2019 bis 2064. IPPNW verweist darauf, daß knappe Güter im allgemeinen immer teurer werden. Demzufolge dürfte der Uranpreis in den kommenden Jahren drastisch ansteigen. IPPNW stellt dies in den Gesamtzusammenhang unvermeidlich steigender Energiepreise wegen der zunehmenden Verknappung der Energie-Ressourcen. Bei Erdöl war das weltweite Fördermaximum bereits 2000 / 2001 erreicht und seitdem schrumpft das Angebot.

 

Adriana Ascoli

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unseren Artikel:

    Atom-Minister Gabriel läßt deutsche AKWs am Netz
    IPPNW veröffentlicht Chronologie von Notstrom-Fällen
    (7.08.06)

2 Siehe auch unseren Artikel:

    Restlaufzeiten sind Augenauswischerei
    Statt "Atomausstieg" real bereits jetzt Laufzeitverlängerung (6.02.06)

3 Siehe auch unseren Artikel:

    IPPNW: Uranvorräte bestimmen
    Zeitpunkt für "Atomausstieg" (31.10.05)

 

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