Block Eins bleibt weiterhin abgeschaltet
Nicht von der charmanten Sprecherin des AKW Fessenheim, auch nicht von dessen Direktor, sondern vom französischen Elektrizitäts- Monopolisten EdF kam gestern die Auskunft, daß Block Eins des Uralt-AKWs weiterhin abgeschaltet bleibt.
Am Samstag, 24. Januar, war es in Block Eins zunächst zu einer Verstopfung von Filtern im Primärkreislauf gekommen. Dies wurde mehrere Tage geheim gehalten, obwohl dabei am Samstag drei und am darauf folgenden Sonntag vier Arbeiter radioaktiv kontaminiert worden waren. Mitte Februar wurde die radioaktive Kontamination dreier weiterer Arbeiter bekannt, die versucht hatten, den Deckel des Reaktordruckbehälters in Block Eins zu öffnen. Am 19. Februar, nachdem weitere zwei Arbeiter verstrahlt wurden - das Dutzend war voll -, hieß es offiziell, die Reparaturarbeiten an Block Eins würden vorläufig unterbrochen. Spekulationen wurden laut, durch die verstopften Filter sei es zu einer Unterbrechung der Reaktorkühlung und in Folge dessen zu einer teilweisen Kernschmelze gekommen. Wenn dies zuträfe, wäre die Region um Fessenheim möglicherweise nur knapp an einer Katastrophe vorbei geschliddert. Diese Vermutungen wären allerdings schnell widerlegt, wenn es zu einem baldigen Wiederhochfahren von Block Eins kommt.1
Mit der gestrige Mitteilung des EdF wird die Entdeckung schadhafter Kabel und Mängel an Schaltkästen bekannt gemacht. Die beanstandeten Kabel und Schaltkästen gehören zum Notfall-System des AKW Fessenheim. Diese Mängel wurden jedoch bei einer ganzen Reihe französischer AKWs festgestellt und diese nun keineswegs abgeschaltet. Immerhin stufte EdF die Schadensmeldung seinerseits höher als den - zunächst geheim gehaltenen - Vorfall im Januar ein: auf dem dritt untersten Gefahren-Level.
Französische und deutsche UmweltschützerInnen fordern seit langem die sofortige Stillegung des Atomkraftwerks. Mit fortschreitendem Alter und zunehmender Pannenhäufigkeit werde es immer gefährlicher. Das AKW Fessenheim gibt auch im Normalbetrieb Radioaktivität an die Umwelt ab. Es liegt zudem in einer Erdbebenzone und ist nur unzureichend gegen Erdbeben gesichert. Wie auch die deutschen Atomkraftwerke, die - wie eine jüngst veröffentlichte Geheimstudie bestätigt - gezielten Flugzeugattacken nicht standhalten können, ist auch das AKW Fessenheim gegen Terrorangriffe ungeschützt. Auch auf der deutschen Rheinseite wächst in der Bevölkerung die Angst vor einer Katastrophe wie in Harrisburg (1979), Tschernobyl (1986) oder Tokaimura (1999). So verabschiedeten mehrere südbadische Gemeinden in den letzten Wochen Resolutionen für eine Abschaltung des AKW Fessenheim. Und Freiburgs "grüner" Oberbürgermeister, Dieter Salomon, wandte sich dieser Tage an seinen Parteifreund, Atom-Minister Jürgen Trittin, um ihn zu fragen, ob er im Falle des französischen AKW Fessenheim vielleicht mehr erreichen könne als bei den unter seinen Fittichen befindlichen deutschen AKWs.
Mehr als zur Beruhigung der Bevölkerung will ein Zusammenschluß einer großen Anzahl von Umweltgruppen aus der angrenzenden Schweiz, dem Elsaß und Südbaden beitragen: Für den 24. April rufen sie zu einer gemeinsamen Protest-Aktion vor dem AKW Fessenheim auf. Diese ist der Auftakt für eine 'Tour de France' für den Atomausstieg, die sich in Frankreich einen Monat lang von AKW zu AKW bewegen wird. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit soll der Anti-Atom-Bewegung neuen Schwung verleihen und das nunmehr über zehn Jahre bestehende Patt in der Auseinandersetzung um die Atomenergie in Europa beenden.
Klaus Schramm
Anmerkungen:
Siehe auch unsere Artikel
Verbrecher in Fessenheim (29.01.04)
Drei weitere Arbeiter im AKW Fessenheim kontaminiert (16.02.04)
Mehr als zehn kleine Negerlein in Fessenheim
- Was geschah wirklich am 24. Januar? (19.02.04)
Infos zur Demo am 24. April: hier