Forderung nach Untersuchung durch unabhängige Sachverständige
Begonnen hatte es bereits im Januar und nach und nach wurden bei den "Pannen" im AKW Fessenheim insgesamt 12 Mitarbeiter radioaktiv kontaminiert1. Am Montag, 24. Mai, hat nun die EdF (Électricité de France), der französische Strom-Monopolist und Betreiber des AKW Fessenheim, in Colmar bekannt gegeben, daß durch die "Pannen" ein Schaden fünf Millionen Euro verursacht worden sei. Dabei kann allerdings der Produktionsausfall, seit dem 25. Januar ist Block Eins abgeschaltet, nicht einberechnet sein, da dieser nach rund 120 Tagen Verluste verursacht hat, die um ein Vielfaches höher liegen. Wer sich daran erinnert, wie rücksichtslos AKW-Betreiber sonst jeden Tag Stillstand zu vermeiden trachten, wird sich wundern, daß immer noch an einer Darstellung des Unfall-Verlaufs festgehalten wird, die hierzu in krassem Widerspruch steht.
Nach der bisher verbreiteten Unfall-Darstellung, die entgegen einer Vereinbarung mit dem Regierungspräsidium Südbaden erst mit einer Verspätung von vier Tagen veröffentlicht worden war, sind Filter im Reinigungssystem des Primärkreislaufs dieses Blocks verstopft worden. Ursache sollen Harzkügelchen sein, die aus noch immer nicht geklärten Gründen ins Kühlwasser geraten waren.
Nur mit einer akuten Gefahrensituation ist zu erklären, daß Arbeiter unter Mißachtung von Sicherheitsvorschriften beim Reinigen der Filter heißem Wasserdampf ausgesetzt waren. Das Wasser des Primärkreislaufs ist hochgradig radioaktiv und so muß die Auskunft der Kraftwerksdirektion vom 29. Januar, die sieben Arbeiter seien nur leicht kontaminiert worden - mit einer Strahlenbelastung von weniger als 0,45 Millisievert - mit großer Skepsis betrachtet werden. Diese Kontamination läge damit erheblich unter der in Frankreich zulässigen Jahresstrahlendosis von 35 Millisievert (in Deutschland: 20 Millisievert). Da es sich jedoch um eine Inkorporation handelt - inzwischen war auch davon die Rede, daß die betroffenen Arbeiter radioaktiven Staub eingeatmet hätten - und strahlende Radionuklide in der Lunge über Jahre hin weiter wirken, ist das Krebsrisiko für die belasteten Arbeiter erheblich höher als bei einer äußerlichen Kontamination.
Offenbar muß der Reaktor nun doch noch länger abgeschaltet bleiben, denn nach den Auskünften der EdF seien zwar "die Arbeiten" abgeschlossen - doch liefen derzeit nun die Risikoanalysen für die erneute Inbetriebnahme des Reaktors. Je länger jedoch der Reaktor außer Betrieb bleibt, desto höher muß die Wahrscheinlichkeit angesetzt werden, daß der Unfall im Januar erheblich schwerwiegender war als bisher dargestellt. Die Betreiber des AKW Fessenheim haben mit ihrer Vertuschungspolitik erheblich dazu beigetragen, daß ihre Verlautbarungen in Zweifel gezogen werden. Nach nunmehr vier Monaten Auszeit muß die Forderung nach einer Untersuchung durch eine unabhängige Sachverständigen-Kommission erhoben werden.
Klaus Schramm
Anmerkung:
1 Über das AKW Fessenheim sind in diesem Zusammenhang
bisher folgende Artikel hier erschienen:
Verbrecher in Fessenheim - Arbeiter im AKW verstrahlt -
Versuch der Vertuschung (29.01.04)
Drei weitere Arbeiter im AKW Fessenheim kontaminiert (16.02.04)
Mehr als zehn kleine Negerlein in Fessenheim
- Was geschah wirklich am 24. Januar? (19.02.04)
Neue Panne im AKW Fessenheim (17.04.04)
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(24.04.04)