29.04.2009

Uran-Transport
von "Eichhörnchen" gestoppt

Bedeutung der Urananreicherungs-Anlage Gronau ins Blickfeld gerückt

Die als "Eichhörmchen" bekannte Anti-Atom-Aktivistin Cécile Lecomte hat in der Nacht zum Dienstag einen Uran-Transport aus der Urananreicherungs-Anlage (UAA) im nordrhein-westfälischen Gronau vorübergehend zum Stillstand gebracht. Damit rückte sie die Bedeutung dieser Anlage für die gesamte Brennstoff-Versorgung der 17 deutschen und mindestens 19 weiterer Atomkraftwerke ins Blickfeld.

Die 27-jährige Aktivistin seilte sich von einer Autobahnbrücke nahe Münster ab. Zwei Stunden hing die Französin über den Gleisen. Schließlich gelang es einer Spezialeinheit der Bundespolizei, sie abzuseilen und in Gewahrsam zu nehmen. Es war bereits das dritte Mal innerhalb von eineinhalb Jahren, daß sie Uran-Transporte auf dieser Strecke stoppte. Aufbereitetes Uran in Form von Uranhexafluorid - beispielsweise aus der Zwischenstation Pierrelatte in Südfrankreich - wird in der UAA Gronau mit Hilfe von Zentrifugen angereichert, um es danach in einem letzten Verarbeitungsschritt im westfälischen Lingen bei der Herstellung von Brennstäben für Atomkraftwerke einsetzen zu können. In einer UAA entsteht wie bei jedem der vielen Zwischenschritte zwischen den Uranerzminen in Australien oder Namibia und der Brennelementerfabrik in Lingen riesige Mengen radioaktiver Müll.1

Hochleistungszentrifugen wie sie in der UAA Gronau verwendet werden, sind nicht ohne Grund spätsestens seit den Auseinandersetzungen um das iranische Atom-Programm berüchtigt. Jede Urananreicherungs-Anlage kann innerhalb weniger Wochen in eine Anlagen zur Produktion von militärisch nutzbarem Uran (U-233 und U-235) umrüstet werden - sprich: zur Produktion von Atomwaffen dienen.

Auch die Transporte selbst stellen ein Gefahrenpotential bei Schienenunglücken und erst recht bei einem Angriff von Terror-Gruppen dar. Deshalb müssen sie geheim gehalten werden. Bei dem in der vorvergangenen Nacht gestoppten Transport handelte es sich um einen Atommüll-Transport, der entgegen ersten Vermutungen nicht nach Rußland, sondern nach Südfrankreich unterwegs war.

"Nachdem die Proteste in Rußland offensichtlich zu stark geworden sind, fährt die Betreiberin der UAA, die Urenco, ihren Uranmüll nun nach Pierrelatte," wird von UmweltschützerInnen gemutmaßt. In Pierrelatte befindet sich auch eine sogenannte Dekonversionsanlage für Uranhexafluorid. "Es ist davon auszugehen, daß dieser Müll in wenigen Jahren in anderer Form nach Gronau zur langfristigen Lagerung zurückkommt", so Udo Buchholz vom Arbeitskreis Umwelt Gronau. 2005 sei dafür von der NRW-Landesregierung "vorsorglich" bereits der Bau einer Zwischenlagerhalle für 60.000 Tonnen Uranoxid genehmigt worden. Pierrelatte liegt in der Nähe des AKW Tricastin, das im Juli 2008 in einen Umwelt-Skandal verwickelt war.

Obwohl der Zug aus Gronau mitten durch dichtbesiedelte Städte des Ruhrgebiets und des Rheinlandes fuhr, wurde niemand darüber informiert - nicht einmal die lokalen Rettungsdienste. "Dabei kann im Falle eines Unfalls tödliche Flußsäure entstehen," erklärt Willi Hesters vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. Mehrere Münsterländer Anti-Atom-Initiativen fordern, den derzeitigen Ausbau der Urananreicherungsanlage Gronau zu stoppen und diese stillzulegen.

Genehmigt wurde die Erweiterung der UAA Gronau unter "Rot-Grün" trotz heftiger Proteste.2 Ab März 2003 wurde die Kapazität der Anlage von 1400 Tonnen pro Jahr um das Vierfache erhöht, so daß rund 36 Atomkraftwerke (mit jeweils rund 1000 MW) mit Uran-Pellets für Brennelemente versorgt werden können.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu auch:

      Umweltverbrechen Uran-Abbau
      Folge 5 der Info-Serie Atomenergie

2 Siehe hierzu auch:

      Atom-Staat statt Atom-Ausstieg
      Auch in Gronau wird weiter aufgestockt (6.04.03)

      21.000 Tonnen Yellow Cake nach Sibirien
      ZDF: 3 Tote bei Atom-Unfällen (12.06.07)

Siehe auch:

      Informationen zum deutschen "Atom-Ausstieg"

Weitere Infos:
      www.urantransport.de

 

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