Ministerpräsident Silvio Berlusconis Pläne zur Wiedereinführung der Atomenergie in Italien sind an einem Referendum gescheitert. In Sardinien fand die Abstimmung bereits am Wochenende bei einer Beteiligung von über 59 Prozent statt. 97,64 Prozent stimmten dabei gegen die Wiedereinführung. Im Jahr 1987 hatte ein Referendum in Italien zum Atom-Ausstieg geführt. Drei Atomkraftwerke wurden stillgelegt und ein viertes, nahezu fertiggestelltes, wurde zu einem Öl-Gas-Kraftwerk umgerüstet.
In Italien war noch Anfang des Jahres 1986, vor der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl, der Bau von weiteren zehn Atomkraftwerken geplant. Der italienische Atom-Ausstieg ist in Europa wenig bekannt, da hiervon in den Mainstream-Medien höchst selten die Rede ist. Dagegen wurde in den vergangenen zehn Jahren häufig verbreitet, Deutschland gehe mit seinem "Atom-Ausstieg" einen Sonderweg und isoliere sich in Europa.
Das Ergebnis des in Sardinien vorgezogenen Referendums bedeutet, daß selbst bei einer Wahlbeteiligung von 100 Prozent die aktuell gegen den Wiedereinstieg Italiens abgegebenen Stimmen in der Mehrheit gewesen wären. Berlusconi zog daher die Notbremse verhinderte die weitere Durchführung des Referendums in den anderen Landesteilen: "Wenn wir nun das Referendum abgehalten hätten, wäre die Atomkraft für viele Jahre nicht mehr möglich gewesen. Die Regierung hat deswegen sehr verantwortlich dieses Moratorium zur Atomkraft beschlossen, damit sich die Situation in Japan klärt und daß man nach ein oder zwei Jahren mit einer öffentlichen Meinung rechnen kann, die sich der Notwendigkeit der Atomkraft bewußt ist."
Das Referendum in Sardinien galt in der italienischen Anti-Atom-Bewegung als sehr schwierig, da - ähnlich wie bei dem in Baden-Württemberg für "Stuttgart 21" vorgesehenen Volksentscheid - ein Quorum von 33 Prozent vorgesehen ist. Nun ist der Jubel groß: "Ein eklatanter Sieg für das ganze Land" und "Ein eindeutiges Signal an jene, die glauben, die Italiener lassen sich an der Nase herumführen," so die Kommentare der InitiatorInnen.
Berlusconi hatte sich bereits in seiner zweiten Regierungszeit als Ministerpräsident (2001 - 2006) beim Thema Atomenergie eine blutige Nase geholt als er versuchte, in Süditalien ein Atommüll-Endlager durchzusetzen. Erst nach heftigen Kämpfen und Autobahn-Besetzungen im Jahr 2003 gab die italienische Regierung die Pläne auf. Doch im Frühjahr 2009 verkündete Berlusconi - erneut italienischer Ministerpräsident - einmal mehr eine "Renaissance der Atomenergie" in Italien. Bislang jedoch gibt es in keiner Region Italiens - gleichgültig von welcher Partei sie regiert wird - eine Zustimmung für einen AKW-Standort.
Anmerkungen
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