Eine im Auftrag der Schweizer Kantone Basel-Stadt und Genf erstellte Studie kommt zum Ergebnis, daß der geplante Neubau von Atomkraftwerken unwirtschaftlich sei. Im Februar hatte eine Studie der US-amerikanischen Citibank zu Tage gebracht, daß Atomenergie - ohne massive staatliche Subventionen - unwirtschaftlich ist. Laut der nun veröffentlichten Schweizer Studie soll zur Sicherung des Strombedarfs vermehrt auf erneuerbare Energien und Effizienz gesetzt werden.
Die von den Forschungsbüros Infras und TNC erstellte Studie war neben den beiden Kantonen auch von der Stadt Bern und von Schweizer Umweltorganisationen finanziert worden. Die Untersuchung kommt auf der Grundlage von Daten der Schweizer Strom-Konzerne zu dem Schluß, daß ein im Jahr 2035 zu erwartender zusätzlicher Strombedarf von 30 Terawattstunden mit Hilfe milliardenschwerer Investitionen in die Stromeffizienz und in erneuerbare Energien bewältigt werden kann. Rund 11 Terawattstunden des zusätzlichen Strombedarfs könnten durch erneuerbare Energien gedeckt werden, weitere 19 Terawattstunden ließen sich mit Hilfe intelligenter Methoden der Energieeffizienz einsparen. Das so umrissene Szenario gewährleiste eine höhere Wertschöpfung und schaffe mehr Arbeitsplätze, erklärte Rolf Iten bei der Vorstellung der Studie in Bern.
Bei dem bislang von der Schweizer Politik und von den Strom-Konzernen verfolgten Plan, den zusätzlichen Bedarf durch den Bau von Großkraftwerken - die rede ist von ein bis drei neuen AKW - zu decken, ist laut Iten hingegen unwirtschaftlich. "Mit Investitionen in neue Atomkraftwerke würde die Schweizer Volkswirtschaft Verluste machen", heißt es in der Studie.
Der Umweltschutz-Verband WWF Schweiz, einer der Financiers der Studie, sieht sich in seiner Haltung bestätigt. "Unser Szenario ist nicht nur eine Alternative, es ist die bessere Lösung", sagte WWF-Geschäftsführer Hans-Peter Fricker. "Atomkraftwerke führen sowohl ökologisch wie ökonomisch in die Sackgasse." Um dies zu vermeiden, benötige die Schweiz neue Rahmenbedingungen wie in der Studie ausgeführt. Als wichtigstes energiepolitisches Instrument empfiehlt die Studie eine staatsquoten-neutrale Stromlenkungs-Abgabe, die an die Bevölkerung und Wirtschaft zurückerstattet wird. Gute Erfahrungen habe damit der Kanton Basel-Stadt gemacht, betont Regierungsrat Christoph Brutschin. "Die Lenkungsabgabe ist bei uns etabliert", sagte er. "Und es gibt keinerlei Anzeichen, daß sie der Wirtschaft schadet." Basel hat die Lenkungsabgabe schon 1999 eingeführt und liegt nach Angaben von Brutschin seither beim Stromverbrauch deutlich unter dem nationalen Trend, bei der Wirtschaftsentwicklung aber deutlich darüber.
Der Genfer Ständerat und ehemaligen Staatsrat Robert Cramer fordert daher "mehr Gestaltungswillen auf nationaler Ebene". Die Vier-Säulen-Strategie des Bundesrats sei widersprüchlich, betonte der Schweizer Politiker und forderte "klare Prioritäten". Die Schweizer Bundesregierung müsse "ehrgeizige Ziele" festlegen, um das Stromspar-Potenzial auszuschöpfen, und sie müsse zudem erneuerbare Energien als Chance für die Wirtschaft wahrnehmen und fördern.
Für die in Basel bereits etablierte Lenkungsabgabe will sich auch der WWF einsetzen. WWF-Geschäftsführer Hans-Peter Fricker rechnet mit einer Verdoppelung der Strompreise bis 2018 - auch und gerade bei einem Bau neuer Atomkraftwerke in der Schweiz. Die heutigen Preise gehörten zu den tiefsten in Europa, "es liegt also noch etwas drin, ohne daß es die Haushalte und die Wirtschaft allzu sehr schmerzen würde".
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
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Studie der Citibank:
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