Börsen weiter unter Druck
Der britische Hedge Fonds 'Cheyne Finance' kündigt wegen Verlusten in Folge der Kredit-Krise eine "Umstrukturierung" an. Mit dem Verkauf von Anlagen sei bereits begonnen worden, teilte das Unternehmen heute (Mittwoch) mit. Für die nächsten Monate reiche das Geld jedoch aus, um auslaufende Kredite zu bedienen. Die Rating-Agentur Standard & Poor's setzte bereits gestern ihre Einschätzung für den Fonds deutlich herab.
'Cheyne Finance' arbeitet nach dem in dieser Branche üblichen Prinzip und nimmt Kredite mit einer kurzen oder einer mittleren Laufzeit auf, um damit in langfristige Anlagen zu investieren. Nachdem jedoch am 27. Juli die US-amerikanische Immobilien-Blase platzte und im Zuge der anfänglich als Subprime-Krise bezeichneten Turbulenzen, ist der Markt für kurzfristige Darlehen nahezu zum Erliegen gekommen.
Der Dow Jones schloß bei 13.289 und der DAX bei 7.439 Punkten. In den vergangenen Wochen verloren Bank-Aktien durchschnittlich rund 16 Prozent. Der DAX rutschte im gleichen Zeitraum um rund 6 Prozent ab.
In einem Interview mit dem 'stern' (29.08.07) bestätigt der bekannte Anlagen-Experte Gottfried Heller die Analyse kapitalismuskritischer BeobachterInnen, daß sowohl Banken als auch Hedge Fonds in der gegenwärtigen Lage den Überblick über die Risiken verloren haben: "Sie haben sich diese Probleme selbst geschaffen, indem sie Risiken ständig neu verpackt haben. Diese wurden dann von Ratingagenturen wie S&P oder Moody's bewertet - oft als ganzes viel besser als die Summe ihrer Teile wirklich war. Solche Pakete sind Black-Boxes und eigentlich nicht marktfähig. Niemand kennt die eigentlichen Schuldner. Trotzdem wurden sie im großen Stil verkauft."
Gottfried Heller ist Geschäftsführer der Fiduka-Depotverwaltung in München, einer der ältesten, unabhängigen Vermögensverwaltungen in Deutschland. Er schreibt Finanzkolumnen in der Fachpresse und hat zahlreiche Bücher verfaßt.
Wie bereits in verschiedenen Artikeln1 analysiert, ist das Platzen der US-amerikanischen Immobilien-Blase nicht Ursache, sondern lediglich Anlaß der aktuellen Kredit-Krise. Um die Ursachen zu verstehen, muß das lange Zeit anhaltende niedrige Zinsniveau berücksichtigt werden. Heller erklärt hierzu im 'stern'-Interview: "Extrem niedrige Zinsen in Japan haben so genannte "Carry Trades" erst möglich gemacht: Kredite wurden in japanischen Yen zu Zinsen nahe Null aufgenommen, in andere Währungen getauscht und in Märkten mit höheren Zinsen, etwa in Neuseeland oder Australien wieder angelegt. Das ist wie beim Spiel "Reise nach Jerusalem": So lange die Geschäfte immer weiter laufen, bringen sie Rendite. Stoppt die Musik, also der Fluss des Geldes, gibt es Turbulenzen bei den Wechselkursen - und die Verluste häufen sich."
Auch in der Frage, ob die Notenbanken mit ihrer Strategie, hunderte von Milliarden US-Dollar und Euro in die Geldmärkte zu pumpen, Erfolg haben werden, vertritt Heller eine kritische Position: "Mit der Geldpresse kann man das Bankensystem stabilisieren und den Geldkreislauf aufrechterhalten. Viele Hedgefonds werden dabei allerdings Pleite gehen. Ihnen werden die Notenbanken nicht helfen." Da jedoch viele Banken über jede vernünftige Grenze hinaus in Hedge Fonds und Private Equity Fonds investiert haben, wird ein reihenweiser Kollaps von Fonds-Gesellschaften sich nicht auf diese Brache eingrenzen lassen.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
1 Siehe auch unsere Artikel:
Britische Barclays-Bank im Sog der SachsenLB?
Keine Bank traut der anderen (28.08.07)
Fed pumpt und pumpt
Dow Jones und DAX dennoch abwärts
Das "R-Wort" kursiert (27.08.07)
Noch ein Liquiditätsloch bei der SachsenLB
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