Über 100 Delphine im Südpazifik für "Delphinarien" gefangen
Zwischen 100 und 200 Delphine (biologische Bezeichnung: Großer Tümmler) wurden dieser Tage in der Nähe der
Salomonen-Inseln im Südpazifik gefangen. Um sie an "Delphinarien" in Europa und Mexiko zu verkaufen, werden sie
unter miserablen Bedingungen in winzige Wassertanks gepfercht. Ein erster Transport von rund 30 Tieren ist bereits
auf dem Weg nach Mexiko.
Etwa 60 der Tiere befinden sich derzeit auf der Salomonen- Insel Gela nahe der Hauptsatdt Honiara. Augenzeugen
berichten von Tanks mit weniger als einem Meter Wassertiefe. Für die Tiere, die das Leben in den Weiten der
Ozeane gewohnt sind, steht offenbar nicht einmal tieräztliche Versorgung zur Verfügung. Der Große Tümmler,
bekannt geworden als TV-Star "Flipper", ist wegen seines freundlichen Aussehens und seiner akrobatischen
Fähigkeiten bei skrupellosen Geschäftemachern besonders beliebt. In Mexiko werden sie nicht nur in "Delphinarien"
zur Schau gestellt, sondern auch in umherziehenden, zirkusähnlichen Delphin-Shows. Die Sterblichkeit der unfreiwilligen
Stars ist gerade bei solchen fahrenden Shows immens hoch - bedingt durch Überhitzung, schlechte Wasserqualität,
mangelnde Bewegung und fehlende tierärztliche Versorgung. Dieser "Verschleiß" verursacht einen ständigen
Nachschub-Bedarf aus den Meeren.
Laut Informationen von PRO WILDLIFE gehört zu dem momentan auf den Salomonen agierenden Tierhändler-Ring
auch ein Deutscher und ein Kanadier. Dieser Ring besitzt enge Kontakte zu den Abnehmern in Mexiko und Europa
und ist Teil eines internationalen Kartells, das die gesamte "Vermarktungs-Kette" vom Fang der Tiere, den Transport
über Zwischenlager, das Training der Tiere für Kunststückchen und bis hin zu den Verkaufspreisen kontrolliert.
230 Euro pro Delphin sind für die Fischer auf den Salomonen eine enorme Versuchung, zumal der Inselstaat von
politischen und wirtschaftlichen Erschütterungen heimgesucht ist und Korruption den Alltag bestimmt. Die
internationalen Preise für die "Endabnehmer" liegen jedoch bei 18.000 Euro Das ist eine Gewinnspanne von rund
7800 Prozent. "Vier Delphine sind bereits gestorben. Wir befürchten, daß zahlreiche folgen werden, denn die
Fangmethoden sind brutal und die jetzigen Haltungsbedingungen tun ein Übriges", so Dr. Sandra Altherr,
Meeres-Expertin und Sprecherin von PRO WILDLIFE.
Doch die Delphin-Mafia scheut das Licht der Öffentlichkeit. Die Delphine werden an verschiedenen, geheim gehaltenen
Orten "zwischengelagert". Statt den Fang der Delphine zu verhindern, wird auf den Salomonen Polizei eingesetzt, um
internationale PressevertreterInnen von Video- und Foto-Aufnahmen abzuhalten. Ein australischer Journalist wurde
bereits verhaftet und ein neuseeländischer Kollege von Schläger-Trupps der Delphin-Mafia verprügelt.
Auch "Delphinarien" in Europa - beispielsweise in den Touristengegenden Spaniens - gehören zu den Abnehmern
wildgefangener Delphine. In den letzen 20 Jahren wurden über 100 Große Tümmler für solche Vergnügungsparks
importiert. Mittelmeer-Delphine, die dem TV-geprägten Auge als nicht so hübsch erscheinen, sind hier - zu deren
Glück - nicht erwünscht. "Delphinarien konnten sich bis vor kurzem aus den Küsten-Gewässern Mexikos bedienen.
Doch dort ist der Fang seit 18 Monaten verboten, deshalb holt man jetzt skrupellos Delfin-Nachschub aus anderen
Gebieten".
PRO WILDLIFE fordert deshalb die mexikanischen Behörden auf, die Einfuhrgenehmigung für 33 Delphine
zurück zunehmen und weitere Anfragen abzulehnen. Ebenso werden die internationalen Artenschutzbehörden
aufgefordert, den Import von Delphinen generell zu verbieten.
Theoretisch sind alle Delphine durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA)
geschützt und der Handel unterliegt strengen Auflagen. Zwar sind die Salomonen kein WA-Mitgliedsstaat,
allerdings die potenziellen Abnehmerländer in Europa und Mexiko. "Von der immensen Tierquälerei einmal
abgesehen, kann derzeit niemand beurteilen, welche Folgen der Massenfang für das Überleben der Delfinbestände
vor den Salomonen hat. Wir gehen davon aus, daß der Export gegen Artenschutzrecht verstößt und haben
inzwischen internationale Artenschutzbehörden eingeschaltet", berichtet Dr. Sandra Altherr.
Hier ebenso wie bei illegalen Export von Papageien1 oder Tropenholz2 nutzen Gesetze nichts,
solange ein Absatzmarkt vorhanden ist. Ähnlich wie zur Zeit der Prohibition wird damit lediglich ein Abdrängen der
Vermarktung in die Illegalität und die Entwicklung mafiöser Strukturen erreicht. Nur wenn es gelingt, die
Nachfrage auf Null zu bringen und weltweit "Delphinarien" zu ächten wie dies im Fall von Elfenbein zum
Schutz der Elefanten großenteils gelungen ist, kann der internationalen Delphin-Mafia das Handwerk gelegt werden.
Petra Willaredt
Anmerkungen:
1 Siehe unser Artikel
'Papageien hinter Gitter - Trittin frei' v. 14.07.03
2 Siehe unser Artikel
'Gesetze schützen die Urwälder nicht' v. 12.04.03
Siehe auch unser Artikel:
'US-Militär gefährdet Delphine und Wale' v. 10.04.03