7.10.2005

Friedensnobelpreis an die IAEO
- die Lobby der Atom-Mafia

Schon des öfteren wurden mit dem Friedensnobelpreis politische Signale im Sinne der Mächtigen gesetzt. Der diesjährige Friedensnobelpreis, der in gleichen Teilen der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEO und deren Generaldirektor Mohammed al-Baradei verliehen wird, ist ein Wink mit dem Zaunpfahl an den Iran.

Unbestreitbar ist, daß der Iran mit den USA und anderen Atommächten gleichziehen will. Pläne zum Aufbau der Atomkraftnutzung für die Stomproduktion wurden bislang noch von jeder Regierung - auch der deutschen - dazu benutzt, in den Besitz der Atombombe zu gelangen. Die Weiterverbreitung der "friedlichen Nutzung der Atomenergie" war schon immer ein Vorwand.

Gelangt das iranische Regime in den Besitz der Atombombe, würde dies eine große Gefahr bedeuten - vergleichbar mit der Gefahr, die von Indien und Pakistan ausgeht. Und nahezu so groß wie die Gefahr, die von der US-Administration ausgeht, die mit einem Knopfdruck die gesamte Biosphäre dieses Planeten auslöschen kann.1 Jedes weitere Regime, das in den Besitz der Atombombe gelangt, erhöht die Gefahr, daß Atombomben ein weiteres Mal - nach Hiroshima und Nagasaki - zum Einsatz kommen. Und jede weitere Atombombe auf diesem Planeten erhöht die Gefahr, daß der Knopf in den USA "versehentlich" gedrückt wird.

Bisher hat die IAEO ihre Aufgabe mehr schlecht als recht erfüllt. Dies ist auch kaum verwunderlich, da es sich um eine schizophrene Aufgabenstellung handelt. Auf der einen Seite soll die IAEO die Weiterverbreitung der Technologie zum Bau von Atomwaffen unterbinden, auf der anderen Seite besteht ihre Aufgabe im Lobbyismus für die "friedlichen Nutzung der Atomenergie". Bei ihrer Gründung als Teilorganisation der UNO wurde folgendes schriftlich festgelegt: "Ziel der Organisation ist es, den Beitrag der Atomenergie zum Frieden, zur Gesundheit und zum Wohlstand auf der ganzen Welt rascher und in größerem Ausmaß wirksam werden zu lassen. Sie stellt soweit als möglich sicher, daß die von ihr geleistete Hilfe nicht zur Förderung militärischer Zwecke verwendet wird."

Unvermeidbar führt jedoch der Betrieb von Atomkraftwerken, die damit verbundene Produktion von Plutonium und die technologische Fähigkeit zur Anreicherung von Uran dazu, daß die Hürde, die Atombombe zu bauen, nur noch sehr klein ist. Eine entsprechende Überwachung ist von außen, ob von der IAEO oder von welcher Organisation auch immer, nahezu unmöglich. Dies ist der reale Hintergrund, warum dem Iran - wenn dies auch bislang von den anderen Atommächten nie öffentlich geäußert wurde - der Bau von Atomkraftwerken nicht zugestanden wird.

Es wäre sicherlich ein nachvollziehbarer Grund für die Verleihung des Friedensnobelpreises gewesen, wenn die IAEO jemals in ihrer Geschichte sich für atomare Abrüstung eingesetzt hätte. Davon ist jedoch nichts bekannt und auch das Nobelpreis-Komitee behauptet derlei nicht in seiner Begründung. Doch Alfred Nobel, der schwedische Industrielle, der sein Vermögen auf der Erfindung des Dynamit aufgebaut hatte, stiftete den Preis 1901 um im Vorfeld des Ersten Weltkriegs für Abrüstung zu werben. Die Absicherung des Vorsprungs einiger Großmächte ist dagegen nicht im Sinne des Erfinders.

Aus aller Welt gehen die Glückwünsche bereits kurz nach Bekanntgabe ein. Bekanntlich lagern solche Glückwunsch-Schreiben für alle auf den öffentlichen Listen geführte KandidatInnen in den entsprechenden Schubladen. Unter den GratulantInnen finden sich "Friedens"-Kanzler Schröder, Bundespräsident Köhler und Großbritanniens Premierminister Anthony Blair, der in der Kriegs-Bilanz gegenüber Schröder mit 3 zu 2 in Führung liegt. Der Freiburger SPD-Bundestagsabgeordnete und bisherige Vize-Fraktionschef Gernot Erler, ein Kriegstreiber, der in den Mainstream-Medien daher gerne als SPD-Außenexperte apostrophiert wird, bekundete die Hoffnung, "daß die heute verkündete Entscheidung auch in Teheran verstanden wird".

Noch deutlicher übersetzte die israelische Regierung das nonverbale Signal aus Oslo: Obwohl Israels Regierung selbst im Besitz von Atomwaffen ist, erklärte sie den Preis als Warnung an den Iran. Es müsse alles getan werden, um zu verhindern, "daß diese Waffen in die Hände von gefährlichen Ajatollahs fallen", sagte Vizepremier Schimon Peres in Jerusalem. Auch von der US-Administration war das alte Lied zu hören von den "Bedrohungen, die von den Nuklearprogrammen Nordkoreas und des Iran ausgehen".

Seit der 1942 in Ägypten geborene Mohammed al-Baradei 1997 von Hans Blix die Leitung der IAEO übernommen hatte, konnte eine Politisierung dieser UNO-Organisation beobachtet werden. In den Konflikten der US-Regierung mit Saddam Husseins Irak, mit Nordkorea und dem Iran spielte und spielt die IAEO eine zentrale Rolle. Als sich al-Baradei nach monatelangem Lavieren im Januar 2003 zu der Stellungnahme entschloß, im Irak gebe es nach seinen Erkenntnissen kein Atomwaffenprogramm, konnte dies den Irak-Krieg nicht mehr aufhalten, den er zuvor durch äußerst zweideutige Formulierungen vorzubereiten geholfen hatte. Gänzlich unverständlich ist dies allerdings nicht vor dem Hintergrund, daß sich die IAEO in den 80er Jahren von Saddam Hussein hatte täuschen lassen. Damals hatte die IAEO dem Irak fälschlich einen Persilschein ausgestellt.

Al-Baradei fordert im Konflikt zwischen den Atommächten und dem Iran zwar eine "diplomatische Lösung". Er verhinderte bislang eine Verlagerung des Streits vor den UN-Sicherheitsrat, der Sanktionen beschließen könnte. Tatsächlich aber dürfte sich al-Baradei dessen bewußt sein, daß sein Verhandlungsspielraum gleich Null ist und daß seine Aufgabe lediglich darin bestehen kann, dem iranischen Regime einen Verzicht aufs Atomprogramm ohne Gesichtsverlust schmackhaft zu machen.

Verständlicherweise enttäuscht äußerte sich die Organisation der überlebenden Opfer der US-Atombombenabwürfe auf Hiroschima und Nagasaki, der in diesem Jahr wegen des sechzigsten Jahrestages große Aussichten auf den Preis eingeräumt worden waren. Die IAEO sei "keine Organisation, die Friedensaktivitäten durchgeführt hat", sagte Terumi Tanaka, selbst ein heute 75-jähriges Atombombenopfer und Sprecher der Organisation.

Auch von Seiten der deutschen Naturschutzorganisation BUND und den Internationalen Ärzten gegen den Atomkrieg, IPPNW, wurde Kritik an der Preisverleihung geübt. Die IPPNW verweist darauf, daß sich hinter der "friedlichen Nutzung der Atomenergie" immer die Möglichkeit zum Bau der Atombombe verberge, wie die Beispiele Iran, Indien oder Pakistan zeigten. BUND-Sprecher Axel Mayer bezeichnete die IAEO als "geschickt aufgebaute Tarnorganisation der Nuklearindustrie in der UNO". Bekanntlich nutzten AKW-Betreiber und Atom-Mafia die angeblich neutralen Kontrollen der IAEO, um sich so die "geprüfte Ungefährlichkeit" der Atomanlagen bescheinigen zu lassen. In den Mainstream-Medien würden diese Persilscheine dann unhinterfragt verbreitet.

Darüber hinaus wird vom BUND kritisiert, daß die IAEO entgegen ihrem Auftrag zur Weiterverbreitung von Atomwaffen beigetragen habe. Auch durch die Politik dieser UNO-Organisation seien Staaten wie Indien und Pakistan in den Besitz von Atomwaffen gelangt. In Folge der Proliferation durch den Betrieb und den Bau von Atomanlagen weltweit gefährdet die Politik der IAEO laut BUND den Weltfrieden: "Der IAEO den Friedensnobelpreis 2005zu verleihen, war eine groteske Fehlentscheidung". Wenig bekannt sei in der Öffentlichkeit die Rolle, welche die IAEO nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl gespielt habe. Der Mitarbeiterstab der IAEO ist durchsetzt mit Lobbyisten der Atomwirtschaft, die einerseits ein großes Interesse am sicheren Betrieb von Atomanlagen haben, andererseits aber Gefahren, Risiken und Unfälle herunterspielen müssen. Aus diesem Grund betreiben die Verantwortlichen der IAEO eine gezielte Verharmlosung und Verschleierung der Folgen der Tschernobyl-Katastrophe für Gesundheit, Umwelt und Landwirtschaft.

Wenig bekannt ist auch die Rolle der IAEO in Deutschland. Es wäre völlig abwegig, anzunehmen, die IAEO kämpfe "gegen den deutschen Atomausstieg". Die IAEO ist auf diesem Feld viel zu gut informiert, als daß sie die "rot-grüne" Propaganda vom Atomausstieg für bare Münze nähme. Mohammed al-Baradei hat sich selbst höchstpersönlich erst vor wenigen Jahren als Chef der IAEO der Forderung seines Vorgängers Hans Blix angeschlossen, daß die Verwendung hochangereicherten Urans im Forschungsreaktor Garching2 unterbleibt. Doch selbst der Protest der USA an die deutsche Bundesregierung, in dem klar von einem Bruch des Non-Proliferations-Abkommens die Rede ist, blieb wirkungslos. Klar dürfte allerdings auch sein, daß die Demarche der US-Regierung nicht etwa aus moralischen oder ethischen Erwägungen erfolgte - ebenso wenig wie die der deutschen "rot-grünen" Bundesregierung gegenüber dem Iran und seinen Atomwaffenplänen. Wenn aus den deutschen Mainstream-Medien kaum je etwas von der Drohung des US-Regierung zu erfahren war, sollte dies um so mehr die Dimension des Problems deutlich zu machen: Die deutsche Regierung ist - auch Jahre nach dem damals noch ungeschminkt als Atomminister bezeichneten Franz Joseph Strauß - so begierig nach dem Besitz der A-Bombe, daß sie es in dieser Sache auf einen Konflikt mit der US-Regierung ankommen läßt.

 

Klaus Schramm

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unsere Artikel:

      Sind Kernwaffen notwendig? (14.01.02)

      WAA Sellafield: 30 Kilogramm Plutonium verschwunden
      - Material für acht Atombomben (17.02.05)

      Israels Spiel mit der Atombombe (23.03.04)

      Atombomben-Lager Ramstein (11.03.04)

2 Siehe auch unseren Artikel:

      Teuerstes Spielzeug der Welt in Garching (10.06.04)

 

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