In der gestrigen 'taz' (6.03.03) war auf der Titelseite unter der Überschrift
"Europa öffnet Weg für Genpflanzen" zu lesen: "Bauern, die auch künftig mit Genpflanzen
nichts zu tun haben wollen, müssen für notwendige Vorsichtsmaßnahmen selbst sorgen - und
zahlen."
Daß selbst diese Formulierung noch eine Beschönigung der ungebremst auf uns zukommenden
und von "Rot-Grün" letztes Jahr kräftig beförderten Entwicklung bedeutet, zeigen die
längst in Kanada sichtbaren Folgen des Anbaus genmanipulierter Pflanzensorten. Durch
unvermeidbaren Pollenflug werden die Felder von Biobauern kontaminiert. Diese können
ihre Erzeugnisse nicht mehr an Bio- Produzenten verkaufen und verlieren reihenweise ihre
Existenz (siehe auch Interview:
'Genfood ruiniert kanadische Bauern')
Über Ministerin Künast heißt es im selben 'taz'-Artikel:
">>Fischler macht es sich zu einfach<<, kritisiert Bundeslandwirtschaftsminitserin Renate
Künast (Grüne) gestern gegenüber der taz. Sie forderte vor allem, dass >>auch künftig
Null-Prozent-Saatgut erhältlich ist<<."
Auch dies geht völlig an der Realität vorbei, denn in Frage gestellt ist nicht die
Reinheit des Saatguts. Das kann durch Bio-Anbieter gewährleistet werden. Der Knackpunkt
sind die mit Zustimmung der "rot-grünne" Bundesregierung und Ministerin Künast
eingeführten europäischen Grenzwerte. Damit wird Tür und Tor geöffnet für den Anbau
genveränderter Pflanzen und damit der schleichenden aber dann unaufhaltsamen
Verunreinigung der Bio-Anbauflächen. Ministerin Künast erlaubte erstmals im Juni letzten
Jahres den kommerziellen Anbau von Genmais in Deutschland (siehe Artikel:
'Künast schlägt Bresche für Gen-Mais' v. 27.06.02).
Eben dieser Anbau von genveränderten Pflanzen, der angeblich in Europa nicht mehr zu
verhindern sei, diente dann als Argument, um die Einführung von Grenzwerten zu begründen.
Wenig bekannt ist bisher, daß es sich bei der Freigabe von genverändertem Mais im letzten
Juni nicht um Versuchsanpflanzungen handelte, die immer wieder von verantwortungsbewußten
Bauern
rechtzeitig abgemäht wurden, sondern um kommerziellen Anbau. Diese Anbauflächen
wurden geheim gehalten - selbst die Bürgermeister der vermutlich betroffenen Gemeinden
bekamen auf ihre Anfragen an die Gen-Konzerne keine Auskunft. Nur GREENPEACE konnte an
manchen Orten solche Anbauflächen öffentlich machen. Ebenso wenig ist bekannt, daß bisher
nur in Deutschland und Spanien und in sonst keinem weiteren EU-Land genveränderte Pflanzen
kommerziell angebaut werden durften.
Die Einführung von Grenzwerten für die Gen-Verschmutzung von Lebensmitteln steht in
eindeutigem Zusammenhang mit der Aufhebung der in vielen europäischen Ländern vorhandenen
Moratorien gegen den Anbau genveränderter Pflanzen. Während sich die "rot-grüne"
Bundesregierung in der Frage des Irak-Kriegs aus Angst, nicht mehr wiedergewählt zu
werden, in einen (wenn auch vielleicht nur inszenierten) Konflikt mit der
US-Administration begeben hat, verfolgt sie in der Landwirtschaftspolitik exakt eine
Politik im Interesse der großen - wie beispielsweise Monsato US-amerikanischen -
Gen-Konzerne. (siehe auch Artikel:
'Gen-Food: Öffnung des EU-Markts wird den VerbraucherInnen
als Wahlfreiheit kommuniziert' v. 2.12.02)
Den Zusammenhang zwischen der Einführung der Grenzwerte und der Öffnung des EU-Markts
für genveränderte Pflanzen belegt auch die folgende Meldung der Nachrichten-Agentur
'vwd' vom 16.02.02, die in Deutschland (vermutlich auch in den meisten anderen
europäischen Ländern) nicht verbreitet wurde:
Athen (vwd)
Die USA haben die Hoffnung geäußert, dass Griechenland während seiner anstehenden
EU-Präsidentschaft ab dem 1. Januar 2003 einen Konsens für die Verwendung der Gentechnik
finden wird. "Wir vertrauen darauf, dass Griechenland die Entwicklung bei der Gentechnik
beschleunigen wird", sagte Rockwell Schnabel, der US-Botschafter für die EU, am Mittwoch
in Athen. Die EU hatte sich am Montag zuvor nicht auf einen Durchbruch bei der
Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen (GVO) im Lebens- und
Futtermittelbereich einigen können. Während die USA das seit vier Jahren bestehende
EU-Importverbot für GV-Saatgut gerne aufgehoben sähen, favorisiert Griechenland
derzeit noch das Verbot. "Genetisch veränderte Produkte sind gut für den Verbraucher,
die Umwelt und für jene Menschen auf der Welt, die in Armut leben", sagte Schnabel. Der
Botschafter hatte sich bei einem Besuch in Athen mit der griechischen Regierung über
die anstehende EU-Präsidentschaft ausgetauscht, um jene Themen zu vermitteln, die die
USA als die wichtigsten innerhalb der EU betrachten.
Über diese Zusammenhänge wird in den deutschen Medien nicht berichtet und Ministerin
Künast wird aus der Kritik genommen, indem Fischler als - allerdings unangreifbarer -
Buhmann präsentiert wird - auch von der 'taz'.
Ute Daniels