5.07.2004

Versicherungs-Konzerne
schützen das Gen-Moratorium

Durch ihre Weigerung, den Anbau von Gen-Pflanzen zu versichern, schützen die deutschen Versicherungs-Konzerne unfreiwillig den Fortbestand des Gen-Moratoriums. Bereits vor Verabschiedung des Gentechnik-Gesetzes durch den Bundestag am 18. Juni haben mehrere deutsche Versicherungs-Konzerne öffentlich die Risiken der Agro-Gentechnik als unkalkulierbar bezeichnet und einen Versicherungsschutz ausgeschlossen.

Sowohl die Gentechnik-Konzerne wie Monsanto, Bayer oder Syngenta als auch Landwirte, die genmanipulierte Pflanzen anbauen, sind entsprechend den bereits bestehenden Bestimmungen des BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) für Schäden in Folge von Auskreuzungen haftbar. Darüber hinaus besteht bereits seit 1958 nach § 906 des BGB ein Ausgleichsanspruch bei entstehenden Schäden. So ist es beispielsweise gängige Rechtspraxis, daß ein Bauunternehmen, das eine Baustelle in einem Wohngebiet einrichtet und durch unvermeidbaren Lärm die Mieter in der Nachbarschaft belästigt, den Eigentümern der Wohnungen deren Mietminderung ausgleichen muß. Ebenso muß ein Grundstückseigentümer, der beispielsweise eine Kiefer an die Grundstücksgrenze setzt, dem Nachbarn den Reinigungsaufwand ersetzen, der durch abfallende Nadeln und Zapfen erforderlich wird. Ein weiteres in diesem Zusammenhang interessantes Präzedenzurteil betrifft die Analyse-Kosten. Der Bundesgerichtshof hat im Fall von Wasserwerken am Rhein, die Uferfiltrat zu Trinkwasser aufbereiten, entschieden, daß sie einen Anspruch auf Ersatz der Wasseranalysekosten haben. Wenn bekannt wird, daß flußaufwärts ein Chemieunfall zu Einleitungen geführt haben könnte, werden präventive, schadensbeobachtende Analysen notwendig. Sie gehören laut Urteil des Bundesgerichtshofs zum Schaden, den der Unfallverursacher sogar dann ersetzen muß, wenn sich im Uferfiltrat keine Spuren der Chemikalien gezeigt haben.

Die Haftungsregelungen, die im neuen Gentechnik-Gesetz festgelegt wurden, können also keinesfalls als grundsätzliche Verbesserungen gelten. Entscheidend ist jedoch nach wie vor bei strittigen Fällen, in denen die Gerichte bemüht werden, wer über die besseren Anwälte und auf Grund ausreichender Finanzmittel über den längeren Atem verfügt.

In den letzten Tagen hat nun der 'Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft' die Position der Versicherer öffentlich erneuert. Aus Angst vor unvorhersehbaren Schäden, die durch eine Verunreinigung konventioneller oder ökologischer Ernten durch Gen-Pflanzen entstehen könnten, wird ein Versicherungsschutz für Gen-Bauern abgelehnt. Laut 'Tagesspiegel' vom 3. Juli hatten die deutschen Versicherer am Tag zuvor erklärt, daß sie Landwirte nicht versicheren werden, die gentechnisch verändertes Saatgut verwenden. "Das Risiko ist nicht versicherbar", sagte Edmund Schwake, Vorsitzender des Hauptausschusses Schaden- und Unfallversicherung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Wie der 'Tagesspiegel' weiter berichtete, sind auch die Saatgutfirmen nicht bereit, Verantwortung für mögliche Schäden durch genmanipulierte Pflanzen zu übernehmen. Einen entsprechenden Vorstoß des Deutschen Bauernverbandes hatte der größte deutsche Saatguthersteller KWS Saat abgelehnt. Da sich die Auskreuzung jedoch nicht vermeiden lasse, "werden wir kein Risiko eingehen", sagte KWS-Sprecher Georg Folttmann. Nach Einschätzung des Deutschen Bauernverbandes werde demnach kein Landwirt in Deutschland auf absehbare Zeit gentechnisch verändertes Saatgut verwenden.

Ob diese Einschätzung sich bewahrheitet, ist allerdings bereits in Anbetracht des derzeit laufenden "Erprobungsanbaus" von Gen-Mais sehr fraglich. Mit Erlaubnis von Ministerin Künast wurde im Frühjahr 2004 für sieben Sorten Bt-Mais der Erprobungsanbau ermöglicht, der auf rund 60 geheim gehaltenen Flächen mit insgesamt rund 1000 Hektar in sieben Bundesländern stattfindet. Angeblich wissen nicht einmal die betroffenen Landesregierungen, wo sich die Versuchsfelder mit genmanipuliertem Mais befinden. Dabei sind nicht ausschließlich landwirtschaftliche Forschungsanstalten, sondern auch Bauern beteiligt, die von einzelnen Gentechnik-Konzernen durch hohe Zahlungen und vertragliche Risikoabsicherungen zum Anbau der Gen-Pflanzen veranlaßt wurden.

Um die weitere Entwicklung einschätzen zu können, ist auch ein Blick nach Brasilien sinnvoll. Trotz Anbau-Verbot durch die Regierung von Lula da Silva und einem gerichtlichen Stopp, der im September 1998 ausgesprochen worden war, wurde aus dem Gen-Anbau-Land Argentinien Monsanto-Saatgut über die Grenzen geschmuggelt. Im brasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul wurde so im letzten Jahr großflächig Gen-Soja illegal angebaut. Über zwei Drittel der Soja-Ernte der Region Rio Grande do Sul von insgesamt rund 8 Millionen Tonnen war Gen-Soja und stammte aus dem Schmuggel. Carlos Sperotto, ein Funktionär der Soja-Anbauer und Chef des mächtigen Agrar-Verbandes Farsul verkündet bereits, der Durchbruch für Gen-Soja sei nun in Brasilien unumkehrbar. Die brasilianische Regierung knickte ein und der Verkauf von Gen-Soja wurde für den brasilianischen Markt freigegeben - mit der Alibi-Klausel einer Befristung bis 2004. Monsanto feiert indes seinen Sieg und Brasilien wird in Info-Materialien des Gentech-Konzerns schon in der Farbe der "Pro-Gentechnik-Staaten" wiedergegeben.

 

Klaus Schramm

 

Anmerkungen:

Siehe auch unsere Artikel

    Künast schlägt Bresche für Gen-Mais (27.06.02)

    Künast versucht
    vollendete Gen-Tatsachen zu schaffen (25.02.04)

    Gen-Food in Brasilien:
    legal? illegal? scheißegal! (15.07.03)

    Monsanto siegt vor brasilianischem Gericht (16.08.03)

 

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