Ganz ohne die diplomatischen Zweideutigkeiten seines als "Reformer" gehandelten Vorgängers Chatami 1 hat der seit August amtierende iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad die "Tilgung Israels von der Landkarte" propagiert. Er outet sich damit als fanatischer Irrer, der so den westlichen Mainstream-Medien einen Vorwand für lautstarke Empörung liefert.
Tatsächlich unterscheidet er sich in der praktischen Politik nicht von seinem Vorgänger Chatami, unter dem ebenso israelfeindliche Propaganda verbreitet wurde und der als hochrangige Führungsfigur bereits während des iranisch-irakischen Kriegs unter Khomeini für Tausende von Toten verantwortlich war. Auch in der Vergangenheit wurde in Schriften und Büchern, die der Iran verbreitete, zur Zerstörung Israels aufgerufen. Besonders das Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan war regelmäßig ein Höhepunkt antiisraelischer Propaganda. Und erst jüngst wurde auf der Deutschen Buchmesse auf dem Stand des Iran eine Neuauflage der schon lange als antisemitische Fälschung enttarnten 'Protokolle der Weisen von Zion' präsentiert - von der 'Islamic Propaganda Organization' der 'Islamic Republic of Iran'.
All dies sollte jedoch nicht davon ablenken, daß es sich auch bei George W. Bush, Antony Blair oder Wladimir Putin um gemeingefährliche Irre handelt. Eine gewisse Ausnahme stellt allenfalls Israels brutaler Ministerpräsident Ariel Scharon dar, der in diesem Jahr zumindest kurzzeitig aus der Logik des patriarchalischen "Auge um Auge, Zahn um Zahn" ausgebrochen war.2 Von der Gegenseite wurde dies nur als "Trick" abgetan.
Für das umstrittene iranische Atomprogramm werden sich die Kraftsprüche Ahmadinedschads nicht als förderlich erweisen. Etliche europäische Regierungen und auch die IAEO waren offenbar gewillt, dem Iran unter gewissen Auflagen eine "friedliche Nutzung der Atomenergie" zum Zwecke der Stromproduktion zuzugestehen. Auch dabei hätte es sich jedoch um ein Spiel mit dem Feuer gehandelt, da noch jede Regierung den Vorwand der "friedlichen Nutzung der Atomenergie" als Chance nutzte, um in den Besitz der Atombombe zu gelangen.3
Adriana Ascoli
Anmerkungen
1 Siehe zu Chatami auch:
'"Rot-grüner" Menschenrechtszynismus' (13.07.00)
2 Siehe zu Sharon auch:
'Israel und der Wunsch nach Frieden
Neue expansive Siedlungspolitik' (22.03.05)
'Israel räumt 25 Siedlungen' (20.02.05)
3 Siehe hierzu auch den Artikel:
'Friedensnobelpreis an die IAEO
- die Lobby der Atom-Mafia' (7.10.05)
* Inzwischen wurde bekannt, daß die Aussage,
er, Ahmadinedschad, wolle "Israel von der Landkarte tilgen"
auf einem Übersetzungsfehler beruht. Korrekt müßte die
Übersetzung lauten: "Das Besatzungsregime muß von den Seiten
der Geschichte verschwinden." Gruppen und Personen, die besorgt
sind, die von der westlichen Propaganda verbreitete Version
diene dazu, einen Krieg gegen den Iran zu legitimieren, haben nun
mit erheblichem interpretatorischem Aufwand versucht,
Ahmadinedschad vom Makel des Fanatikers reinzuwaschen.
Doch sie verkennen die Realität. Zum einen gibt es in den USA
Tausende Fanatiker, die wegen vergleichbarer und
zudem eindeutiger Aussagen keineswegs mit der Todesstrafe
bedroht werden. Zum anderen ist auch das Streben nach der
Atombombe für die USA keineswegs Grund genug, einen Krieg
zu beginnen - siehe Indien, Pakistan u.s.w.. Selbst eine
reale Bedrohung Israels, wäre für die US-Führung kein
ausreichender Grund, den Iran zu überfallen.
Nebenbei bemerkt: Eine Atombombe im Besitz der iranischen
Führung bedeutet keineswegs logisch zwingend eine Bedrohung
Israels. Bekanntlich besitzt auch Israel die Atombombe.
Die Hauptgefahr besteht nach wie vor in einem versehentlichen
Auslösen des atomaren und finalen Weltkriegs.
Einen hinreichenden Grund für die US-Führung stellt
allerdings Öl dar - und hiervon besitzt der Iran reichlich.
Und wie das Beispiel Irak bewiesen hat, ist längst eine
Ära angebrochen, in der Legitimationsfragen keine
entscheidende Rolle mehr spielen. Ahmadinedschad
kann also sagen, was er will - es nutzt und es schadet
den IranerInnen nichts. Eine Atombombe jedoch
ist in erster Linie eine Gefahr für die Menschen, in
deren Land sie stationiert ist.