Das norwegische Nobelkomitee bestimmte den chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo zum diesjährigen Friedensnobelpreisträger. Von einer Ehre für Liu Xiaobo kann jedoch kaum die Rede sein, nachdem der Friedensnobelpreis im vergangenen Jahr an den US-amerikanischen Kriegs- Präsidenten Barack Obama verliehen wurde. Der Preis hat damit jegliche Bedeutung eingebüßt. So sehr Liu Xiaobo jede ehrliche Unterstützung in seinem Widerstand gegen die Diktatur in China zu wünschen ist, hat dessen Engagement allerdings wenig mit der ursprünglichen Zielsetzung des Stifters Alfred Nobel, mit Völkerverständigung und Frieden zu tun. In Anbetracht der Motive des Komitees für diese Verleihung ist die Instrumentalisierung Liu Xiaobos dazu alles andere als friedlich.
Im Dezember 2009 war Liu Xiaobo mit fadenscheiniger Begründung zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden. (Siehe unseren Artikel v. 25.12.09) Im Gegensatz zu einer Vielzahl anderer chinesischer DissidentInnen, die sich nicht allein für ein Ende der Diktatur, sondern zudem für Freiheit und Demokratie einsetzen, wird Liu Xiaobo von westlichen Regierungen und Mainstream-Medien ins Scheinwerferlicht gestellt, weil er sich zugleich für die Einführung eines Mehrparteien-Systems westlicher Prägung und eine noch stärkere kapitalistische Ausrichtung der Wirtschaft ausspricht.
Wenn ausgerechnet US-Präsident Barack Obama, der - wie nicht anders zu erwarten - sein Wahlversprechen bis heute nicht eingelöst hat, das den Menschenrechten Hohn sprechende Internierungslager in Guantanamo aufzulösen, nun vom chinesischen Regime die Freilassung Liu Xiaobo forderte, kann dies nur als Heuchelei bezeichnet werden. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sich dagegen übervorsichtig und sprach lediglich allgemein von einer "Anerkennung des wachsenden internationalen Einverständnisses zur Verstärkung der Menschenrechte und ihrer Kultur auf der ganzen Welt." Einen Glückwunsch an Liu Xiaobo vermied er offenbar, um es sich nicht mit den chinesischen MachthaberInnen zu verderben.
Diese reagierten auf die Entscheidung des Nobel-Komitees mit scharfem Protest und kündigte Sanktionen gegen Norwegen an. Das vom norwegischen Parlament berufenen Komitees ist seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs mehr und mehr zu einem Spielfeld der Parteienpolitik verkommen. Dabei ist der offiziellen Begründung der Entscheidung für Liu durchaus zuzustimmen. So heißt es darin: "China bricht internationale Abkommen, die das Land unterschrieben hat, und auch die eigenen Bestimmungen über politische Rechte." Artikel 35 der chinesischen Verfassung soll Rede-, Presse-, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit garantieren. Dem widersprach die Verurteilung Lius eklatant.
Die Verleihung des Friedensnobelpreises dient jedoch offensichtlich allein dem Zweck, das chinesische Regime zu destabilisieren, während hingegen die - schriftlich niedergelegte - Intention Alfred Nobels darin bestand, mit dem von ihm gestifteten Preis Bemühungen um die Völkerverständigung und um Verhandlungen zwischen den Regierungen zu fördern. Willy Brandt und die mit ihm geehrte Verständigungspolitik mit dem Obstblock war wohl einer der letzten Friedensnobelpreispreisträger im originären Sinne.
Wenn jedoch DissidentInnen, sei es in Kuba, in Myanmar oder in China bei der eigenen Bevölkerung in den Geruch kommen, von kapitalistischer Seite - oder gar vom CIA - unterstützt oder gar finanziert zu werden, leidet ihre Glaubwürdigkeit und ihr Engagement wird so letztlich unterminiert. Zugleich wird - weniger durch den Preis selbst als durch die heuchlerischen Beifallsbekundungen von Barack Obama, José Manuel Barroso, Christian Wulff, Angela Merkel, Bernard Kouchner oder Vaclav Havel - das chinesische Regime in die Enge getrieben. Je mehr sich die dortigen MachhaberInnen aber in der Folge verhärten, um so geringer werden die Chancen für einen gewaltfreien Wandel der chinesischen Gesellschaft. Das Regime hat sich zu allem Überfluß selbst in eine aussichtslose Lage gebracht, indem es die Macht des Internet unterschätzte und versucht, die Verbreitung der Nachricht vom Friedensnobelpreis an Liu Xiaobo zu verhindern.
Adriana Ascoli
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkung
Siehe auch folgende Artikel:
Faschistoide Menschenversuche
mit Wissen der US-Regierung (3.10.10)
Obama stärkt Diktatur
Waffen-Deal für 60 Milliarden US-Dollar eingefädelt (14.09.10)
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des Afghanistan-Kriegs auf (28.07.10)
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Scheinwahl im Irak
"... von einer korrupten Regierung ausgeplündert" (8.03.10)
Gerichtsurteil: Britische Regierung muß Folterdokumente
veröffentlichen / Obama in Verlegenheit (11.02.10)
China: Elf Jahre Gefängnis
für Dissident Liu Xiaobo (25.12.09)
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Neuer Weltrekord: 680 Milliarden US-Dollar (29.10.09)
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auf 1.464 Milliarden US-Dollar gestiegen (9.06.09)
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