In Berlin (70.000), Hamburg (65.000), Köln (55.000), Frankfurt am Main (50.000), Stuttgart (40.000), München (25.000) und Leipzig (15.000) haben insgesamt 320.000 Menschen gegen die sogenannten Freihandels-Projekte TTIP und CETA demonstriert. Damit wurden die Erwartungen der OrganisatorInnen, die mit rund 250.000 TeilnehmerInnen gerechnet hatten, weit übertroffen.
Ein schneller Erfolg, daß etwa die "S"PD ihrem Vorsitzenden, dem Wirtschaftsminister und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel nun die Gefolgschaft verweigert oder gar die Bundesregierung die Verhandlungen zwischen geheim tagenden BürokratInnen der EU und der USA (TTIP) beziehungsweise Kanadas (CETA) für gescheitert erklärt, ist wenig wahrscheinlich. Der Bewegung gegen TTIP und CETA dürfte noch ein langer Kampf bevorstehen.
Klar ist jedoch schon jetzt, daß durch den Einsatz von Organisationen wie attac, Greenpeace, BUND, Campact, 'Brot für die Welt', foodwatch, AbL, Gewerkschaften und vielen anderen in den vergangenen drei Jahren erreicht werden konnte, daß heute eine deutliche Mehrheit der Deutschen gegen den Abschluß dieser neoliberalen Abkommen ist. Die große Zahl von 320.000 TeilnehmerInnen hat zudem die Taktik Gabriels zunichte gemacht, der vor drei Wochen erklärt hatte, die TTIP-Verhandlungen seien "de facto gescheitert" (Siehe unseren Artikel v. 28.08.16).
Auf der Demo in Stuttgart hielt Martin Gross, baden-württembergischer Vize-Landeschef von Ver.di, eine herausragende Rede. Er verglich die Größe und Bedeutung der Anti-TTIP-Bewegung mit jener der Friedensbewegung der 1980er-Jahre. Die Taktik Sigmar Gabriels legte Gross unverblümt offen. In seiner Haltung zu TTIP habe Gabriel nur "verbal eine Kehrtwende vollzogen". Auch das "Warum" beantwortete Gross: "Nicht etwa, weil sie plötzlich vom Saulus zum Paulus wurden, nicht aus Einsicht in unsere Argumente, sondern weil sie die nächsten Monaten Wahlen zu überstehen haben. Wir lassen uns nicht hinters Licht führen. Der Plan ist offenkundig. Sie wollen TTIP vorläufig beerdigen, um unserem Widerstand den Wind aus den Segeln zu nehmen!" Gabriel und die übrigen BefürworterInnen von TTIP und CETA in den politischen sogenannten Eliten hofften, "CETA so jetzt durchzuboxen und im nächsten Jahr starten sie einen neuen Anlauf mit TTIP", warnte Gross.
Der Gewerkschafter machte zugleich Mut: "Wir haben erstmals die Chance, ein neoliberales Projekt zu stoppen, bevor es in Kraft getreten ist!". Auch den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann kritisierte Gross: Er habe kein Verständnis dafür, daß die Landesregierung ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, das bestätigt, daß eine weiter Privatisierungswelle droht, und daß diese Landesregierung das Gutachten in der Schublade versenkt. "Herr Kretschmann, Transparenz sieht anders aus!", so Gross.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Witz der Woche / Karikatur von Samy
Gabriel und TTIP (31.08.16)
Gabriel erklärt TTIP für tot
Was steckt dahinter? (28.08.16)
Sieg Mexikos über die USA?
Niederlage für Umwelt-Standards (5.05.16)
TTIP-Leak
Greenpeace stellt TTIP-Dokumente online (1.05.16)
300 Kommunen gegen TTIP,
CETA und TiSA (29.10.15)
250.000 TeilnehmerInnen auf der
Anti-TTIP-Demo in Berlin (11.10.15)
TTIP-Studie:
Rund 600.000 Arbeitslose mehr in Europa (16.11.14)
TTIP und Transparenz
Verhandlungen im Hinterzimmer (5.06.14)
BUND gegen Freihandelsabkommen
Geheimverhandlungen
auf Kosten von Umwelt und VerbraucherInnen (13.07.13)