Nach wie vor ist unklar, ob neben dem mittlerweile provisorisch abge- dichteten Bohrloch weiterhin Öl oder Gas ausströmt. Es besteht die Gefahr, daß der Meeresboden im Bereich des Bohrlochs aufbricht und sich der gesamte Inhalt des Ölfelds ungehindert ins Meer ergießt. Die US-Regierung spricht von einem Leck in der Nähe des Bohrlochs. Der Öl-Konzern BP gerät nun auch in finanzieller Hinsicht unter erhöhten Druck: Mehrere Kläger berufen sich auf das US-amerikanische Anti-Mafia-Gesetz. Danach könnte sich die Summe der Schadenszahlungen verdreifachen.
Die Einsatzleitung der US-Regierung unter Admiral Thad Allen und BP-ExpertInnen berieten in der vergangenen Nacht über das weitere Vorgehen. Offenbar besteht ein hohes Risiko, daß sich durch den provisorischen Verschluß des Bohrlochs der Druck im Ölfeld unter dem Meersboden weiter aufbaut und bereits vorhandene Risse aufbrechen. Dies könnte zu einem Super-GAU führen. Wenn sich der gesamte Inhalt des Ölfeldes in den Golf von Mexiko ergießt, käme es zu einer Umwelt-Katastrophe bislang ungekannten Ausmaßes. (Siehe auch unseren Artikel v. 30. Juni)
Admiral Allen forderte von BP, einen Plan für die schnellstmögliche Öffnung der in der vergangenen Woche installierten Abdichtkappe vorzulegen. Damit soll sicher gestellt werden, daß das Öl abgepumpt werden kann, falls sich der Ölaustritt bestätigen sollte. Denn nur mit dem Öffnen der Abdichtkappe ließe sich der Druck im Ölfeld reduzieren und so das Risiko verringern. "Wir müssen sicherstellen, daß kein bleibender Schaden entsteht, der ein unkontrolliertes Austreten von Öl aus zahlreichen Stellen im Meresboden verursachen könnte," so Allen. "Wir wollen nicht in eine Lage geraten, in der wir unkontrollierte Lecks im Meeresboden haben", sagte die Energieberaterin des Weißen Hauses, Carol Browner. Die "Aussickerungen" seien weniger als drei Kilometer vom Bohrloch entfernt entdeckt worden, fügte sie hinzu.
Der Kurs der BP-Aktie, der nach massiven Verlusten in den vergangenen 11 Wochen nach der erfolgreichen Installation der Abdichtkappe etwas angestiegen war, fiel wegen der schlechten Nachrichten zeitweise um mehr als sieben Prozent. Zugleich gibt es neue Gerüchte, daß BP Konzernteile zum Verkauf anbieten will, um die Milliardenschäden kompensieren zu können. Es ist die Rede von Tankstellen, Raffinerien und Öl- oder Gasfelder.
Dem britischen Öl-Konzern stehen möglicherweise weitaus größere Schadensforderungen als bislang angenommen ins Haus. Mehrere Kläger argumentieren mit dem US-amerikanischen Anti-Mafia-Gesetz. AnwältInnen von Geschädigten der Ölpest im Golf von Mexiko reichten mindestens drei Klagen gegen BP und zwei gegen den Besitzer der gesunkenen Bohrbohrinsel 'Deepwater Horizon' ein, die sich auf das RICO-Gesetz berufen. Die Abkürzung steht für: Racketeering Influenced and Corrupt Organizations Act, ein US-amerikanisches Gesetz, das speziell zur Bekämpfung krimineller und korrupter Organisationen geschaffen wurde. Die Berufung auf dieses Gesetz ist nicht abwegig, da - auch wenn dies von den Mainstream-Medien kaum thematisiert wurde - Bestechung und Korruption im Vorfeld der Vergabe von Bohrlizenzen im Küstenbereich in den USA seit Jahren gang und gäbe waren. (Siehe auch unseren Artikel v. 30. Mai)
In den Klageschriften wird BP und Transocean, dem Besitzer der gesunkenen Bohrbohrinsel, vorgeworfen, den Behörden gefälschte Dokumente vorgelegt und Investoren getäuscht zu haben. Außerdem werfen die Kläger den Unternehmen Bestechung der für Offshore-Bohrungen zuständigen Regulierungsbehörde vor. Die Schadenersatzklagen gegen BP und können besonders hohe Summen nach sich ziehen, denn nach dem RICO-Gesetz wird zur Festlegung der Zahlung die Schadenssumme verdreifacht. Damit könnte die Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko für den BP-Konzern wesentlich teurer werden als die bislang zugesagten 20 Milliarden US-Dollar.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko
Bohrloch provisorisch abgedichtet (17.07.10)
Super-GAU im Golf von Mexiko?
Der Meeresboden kann aufbrechen (30.06.10)
Ölkatastrophe im Golf von Mexiko
Sichtbare Spitze eines verbrecherischen Systems (30.05.10)
Havarie der Bohrinsel im Golf von Mexiko
weitet sich zu Katastrophe aus (30.04.10)
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