Erneut protestierten über 5000 Menschen im im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens gegen Fluglärm und Klimagase. Neben der Forderung nach Stilllegung der neuen Nordwest-Landebahn erscholl erstmals der Ruf "Bouffier muß weg!"
Der neue hessische Ministerpräsident Volker Bouffier, dem 2010 - nur 16 Monate nach der vorangegangenen Landtagswahl - das Amt von seinem Vorgänger Roland Koch übertragen wurde, gerät immer mehr in die Kritik. Die Altlast, die er vom Vorgänger übernahm, erweist sich zunehmend als schwerer Klotz am Bein. Auch ein Treffen mit Flughafen-GegnerInnen in der vergangenen Woche sorgte eher für gesteigerten Unmut denn für Beschwichtigung. Denn Bouffier hatte nur Versprechungen aber keine konkreten Zusagen im Angebot.
Mit Hilfe sogenannter Mediationsverfahren hatte Ministerpräsident Koch den Widerstand gegen einen weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens in den 1990er-Jahren aushebeln können. Als vermeintlichen Erfolg der Flughafen-GegnerInnen, deren Kampf gegen den Bau der Startbahn West in den 1980er-Jahren gescheitert war, feierten die Mainstream-Medien im Jahr 2000 die Vereinbarung eines Nachtflugverbotes. Doch statt für die Dauer der "gesetzlichen Nacht" von 22 Uhr bis 6 Uhr sollte dieses Nachtflugverbot nur für die sechs Stunden der "Mediations-Nacht" zwischen 23 Uhr und 5 Uhr gelten. Die hessische Landeregierung genehmigte dann aber doch unter Berufung auf Verwaltungsgerichtsurteile 17 Flüge pro Nacht.
Für die AnwohnerInnen des Frankfurter Flughafens war dies ein Bruch von Wahlversprechen. Dennoch konnte Roland Koch im Januar 2009 - nachdem die als links gebrandmarkte "S"PD-Kandidatin Andrea Ypsilanti durch Querschüsse aus ihrer eigenen Partei desavouiert worden war - erneut die Landtagswahl für sich entscheiden. Sowohl Koch - mittlerweile Manager beim Bau-Konzern Bilfinger&Berger - als auch Bouffier vertreten einen ungebrochenen Wachstumsfetischismus und propagieren den Frankfurter Flughafen als "wirtschaftliches Herz der Region" und "größte Betriebsstätte Deutschlands" mit mehr als 70.000 Arbeitsplätzen. Weder Klima noch menschenwürdiges Wohnen unter den Einflugschneisen des Frankfurter Flughafens haben dagegen irgendein Gewicht.
Doch Volker Bouffier droht nun das selbe Schicksal zu erleiden wie sein - ebenfalls vom Vorgänger unter Umgehung von Landtagswahlen eingesetzter - baden-württembergischer Amtskollege Stefan Mappus. Das Spektrum des Widerstands gegen den Frankfurter Flughafen - ähnlich wie der gegen "Stuttgart 21" - hat sich erheblich auf bürgerliche Kreise ausgeweitet. Und dies, obwohl merkwürdiger Weise gerade eben neun Tage vor der Eröffnung der neuen Nordwest-Landebahn doch ein Nachtflugverbot kam. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte die Genehmigung für Nachtflüge als fehlerhaft verworfen. Diese Entscheidung kann jedoch - sobald die Aufregung sich gelegt hat, wie entsprechende Kreise hoffen - durch eine erneute und juristisch "wasserdichte" Genehmigung für Nachtflüge alsbald wieder hinfällig werden. Die Landesregierung hat bereits Revision gegen das Urteil eingelegt - angeblich der Rechtssicherheit wegen. Je mehr sich der Protest ausweitet, desto inständiger beteuern Partei-PolitikerInnen sämtlicher Couleur, sie wollten doch auch keine Flüge in der Nacht, wenn das Gericht es nur zulasse.
Die Luftverkehrs-Lobby hat aber offenbar nicht damit gerechnet, daß sich der Widerstand nun auch auf Gemeinden ausweitet, wo die BewohnerInnen neuerdings kurz nach 5 Uhr morgens wegen des Flugzeug-Lärms aus den Betten geworfen werden. Viele, die sich in den vergangenen Jahrzehnten an die Annehmlichkeiten von ein oder zwei Urlauben pro Jahr mit dem Flugzeug gewöhnt und die Augen vor den Folgen verschlossen hatten, wurden nun unsanft von der Realität eingeholt.
Tranquilizer werden bereits angeboten: So verspricht etwa der hessische Verkehrsminister Dieter Posch ein "Maßnahmenbündel", das den Lärm lindern soll. Auch zusätzliche Entschädigungszahlungen stellt Posch in Aussicht für Häuser, deren Marktwert wegen des Lärms gemindert ist. Und die Fraport will manchen AnwohnerInnen Lärmschutzfenster bezahlen.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Frankfurter Flughafen
Demo gegen Nordwest-Landebahn blockiert Straße (17.01.12)
Stadtparlament Frankfurt
Mehrheit für Lärm und Klimagase (21.12.11)
Frankfurter Flughafen
6000 bei Montags-Demo (19.12.11)
Frankfurter Flughafen
Montags-Demo wächst (12.12.11)
Montags-Demos auf dem Frankfurter Flughafen
Gegen Fluglärm und Klimagase (5.12.11)
20.000 protestieren gegen Fluglärm
und Klimagase
Demo gegen Ausbau des Frankfurter Flughafens (23.10.11)
Mediation und Durchsetzungs-Strategien
Das Beispiel Frankfurter Flughafen (18.10.11)
Menschenkette gegen Fluglärm
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Absturz von US-Kampfflugzeug bei Laufeld
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