Spanische Regierung gibt Widerstand auf
Die spanische neoliberale Regierung unter dem "sozialdemokratischen" José Luis Rodríguez Zapatero hat gegenüber der Öffentlichkeit die nationalistisch gefärbte Pose offenbar genügend lange eingenommen und gibt nun der Elefantenhochzeit zwischen E.on und Endesa1, dem größten spanische Strom-Konzern, den Segen. Die von Madrid mit Vetorechten ausgestattete spanische Energiebehörde CNE billigte die Offerte des Düsseldorfer E.on-Konzerns - allerdings unter einer Bedingung: E.on soll bei einer Übernahme ein Drittel des Kerngeschäfts von Endesa in Spanien abstoßen. Spaniens Regierung besteht insbesondere darauf, daß die fünf Atomkraftwerke, an denen Endesa beteiligt ist, nicht unter ausländischen Einfluß geraten. Ob es sich dabei um mehr als ein Rückzugsgeplänkel handelt muß sich jedoch erst noch zeigen.
E.on ist nicht kompromißbereit und gab bereits bekannt, Beschwerde beim spanischen Industrieministerium einzulegen. Zudem kann E.on auf Beistand aus Brüssel setzen: Die EU-Kommission, die die Übernahme des spanischen Strom-Riesen durch E.on bereits genehmigt hatte, leitete nun ein äußerst seltenes Eilverfahren ein. Die spanische Regierung hat nur "fünf Arbeitstage" Zeit, die Einschätzung zu widerlegen, bei der Auflage handele es sich um eine "willkürliche Diskriminierung". Dann droht eine Anweisung aus Brüssel, die umstrittene Auflage auszusetzen.
Wenn es E.on gelingt, Endesa zu schlucken, kann der deutsche Konzern seinen Vorsprung als mächtigster europäischer Energie-Konzern - noch vor EdF (siehe Grafik im Artikel 'E.on will Endesa schlucken') - weiter ausbauen. Das Angebot von 29,1 Milliarden Euro Cash an die Endesa-Aktionäre ist auf dem globalen Energie-Markt ohne Beispiel. Endesa ist E.on offenbar über 55 Milliarden Euro wert, da zum gebotenen Kaufpreis noch die Übernahme der Schulden von Endesa hinzukommt.
Wenn der Coup gelingt, entsteht das weltweit größte Strom- und Gasunternehmen mit mehr als 50 Millionen Kunden in über 30 Ländern und einem Unternehmenswert von 130 Milliarden Euro. Eon selbst besitzt mit einer Börsenkapitalisierung von rund 65 Milliarden Euro einen gewissen Schutz vor einer feindlichen Übernahme. Doch andererseits locken fast 15 Milliarden Euro Barmittel in der Kriegskasse des schuldenfreien E.on-Konzerns.
E.on zielt mit der Übernahme von Endesa auf den italienischen Energiemarkt. Dort versorgt E.on bereits 750.000 GaskundInnenen und plant den Bau eines Gaskraftwerks mit 800 Megawatt Leistung. Mit Endesa, der Nummer drei auf dem italienischen Strommarkt, kämen 6.600 Megawatt Kraftwerkskapazität hinzu. Als weiterer Pluspunkt fiele E.on das strategisch wichtige Hafenterminal zum Import von Flüssig-Erdgas (LNG) für den europäischen Markt in die Hände. Zudem könnte E.on einen vielversprechenden Brückenkopf in den französischen Energiemarkt erobern: Über den Kraftwerksbetreiber Snet ist Endesa die Nummer drei auf dem französischen Strommarkt. "Am Ende dieses Prozesses wird es eine kleine Anzahl von Energieunternehmen geben, die europaweit eine Rolle spielen", meinte E.on-Manager Wulf Bernotat in einem Interview.
Ute Daniels
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
'E.on will Endesa schlucken
Konzentrationsprozeß europäischer Energie-Konzerne schreitet fort'
(22.02.06)
'Teilprivatisierung des französischen Strom-Konzerns EdF' (25.10.05)
'"Rot-Grün" schützt Strom-Monopole
Aktuelle Ausgabe der 'Zeit' veröffentlicht Fakten' (5.08.04)
'E.on saugt Gas aus dem Osten
Ein deutscher Energie-Konzern als global player' (28.07.04)
'Gas in der "freien" Marktwirtschaft' (23.03.04)
'Die NaturEnergie AG
Etikettenschwindel der Atom-Mafia' (4.12.02)
Quellen für diesen Artikel:
'E.on schafft den Durchbruch in Spanien', Die Welt, 29.07.2006
'Auf dem Sprung zum Weltkonzern', Die Welt, 29.07.2006
'Die Bastionen bröckeln', Welt am Sonntag, 30.07.2006
'Hängepartie für Eon', Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.07.2006
'Eon setzt im Fall Endesa auf die EU', Financial Times Deutschland, 31.07.2006
'Eilverfahren gegen Spanien im Endesa-Fall', Spiegel online, 05.08.2006
und besonderem Dank an den Newsletter 'German Foreign Policy'
(www.german-foreign-policy.com)