23.06.2008

AKW Neckarwestheim:
Hohe Tritium-Konzentration im Neckar

Untersuchungen des Abwassers des Atomkraftwerkes Neckarwestheim im Auftrag des 'Bundes der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar e.V.' (BBMN) brachten eine Tritiumbelastung von 48,9 Becquerel pro Liter zu Tage. Bei Tritium handelt es sich um ein Gas, das radioaktive Isotop des Wasserstoffs. Seine Halbwertzeit beträgt 12 Jahre. Die Ausbreitung dieses Gases ist nahezu unkontrollierbar. Es entweicht aus Tanks verschiedenster Materialien, ob Stahl, Beton oder Kunststoff.

Bereits vor einem Jahr stellte der BBMN in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU) im Neckar bei Mannheim eine Tritiumbelastung von 16 Becquerel pro Liter fest. Unbelastete Flüsse weisen eine Tritiumaktivität von unter einem Becquerel pro Liter auf. Bei Tritium handelt es sich um einen äußerst gefährlichen Stoff, da er sich - wie nach Erfahrungen aus der Uhrenindustrie bekannt ist - im menschlichen Organismus anreichern kann. Da Tritium sich ebenso wie Wasserstoff mit Sauerstoff zu Wasser verbindet, wird es vom Körper leicht aufgenommen und führt zu einer Strahlenbelastung aller Organe. Und da es organisch gebunden wird, kann es bei seinem radioaktiven Zerfall noch nach Jahren Krebs hervorrufen.

Im Dezember 2007 wurde die amtliche KiKK-Studie bekannt, wonach die Kinderkrebs-Rate in der Nähe der 17 deutschen Atomkraftwerke deutlich erhöht ist.1 Aus den Reihen der Anti-Atom-Bewegung war seit über 25 Jahren immer wieder darauf hingewiesen worden, daß bereits der sogenannte Normalbetrieb eines AKW zu einer Erhöhung der Krebsfälle führt.

Nach Angaben der Bundesregierung und des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) wurden zeitweise sogar noch höhere Belastungen festgestellt. So wurde 2006 im Abwasser des AKW Neckarwestheim sogar eine Tritiumaktivität von 234 Becquerel pro Liter gemessen. Trotz der sehr schwankenden und zum Teil sehr hohen Meßwerte wird die Tritiumbelastung des Neckars durch die Aufsichtsbehörden nur stichprobenartig erfaßt. Die durchschnittliche Belastung kann somit nicht ermittelt werden.

Mit seinem Projekt 'Tritiumbelastung der Gewässer', an dem Initiativen im gesamten Bundesgebiet beteiligt sind, will der BBU die Gefährdung für Mensch und Umwelt durch den Betrieb der Atomkraftwerke aufzeigen. Hierfür werden eigene Messungen durchgeführt und die Ergebnisse veröffentlicht.

Die vorgebliche High-Tech-Ausstattung der Kraftwerksbetreiber ist nicht in der Lage diesen radioaktiven Stoff aus dem Kühlwasser der Reaktoren zu entfernen. Deshalb wird er in die Flüsse geleitet. Die Genehmigungsbehörden bescheinigen die Unschädlichkeit.

Die Kinderkrebsstudie ist nun aber nicht mit dieser Genehmigungspraxis vereinbar. Ihr Ergebnis zeigt, daß ein Fehler in der Gefahrenabschätzung vorliegt. Gerade weil die stoffliche Ursache für das nachweisbare hohe Krebsrisiko bei Kleinkindern nicht bekannt ist, stellt sich auch die Frage nach der Richtigkeit des angesetzten Trinkwassergrenzwertes von 100 Becquerel pro Liter beim Tritium.

"Als Mutter mehrerer Kinder bekommt man das ungute Gefühl, daß hier ein Trinkwassergrenzwert festgelegt wurde, nicht um das Leben der Kinder zu schützen, sondern den Betrieb der Atomkraftwerke zu ermöglichen," so Susanne Bareiß-Gülzow, Vorsitzende des VSR-Gewässerschutz.

Der BBMN fordert, daß die Genehmigungen für die Einleitung von Tritium aus Atomkraftwerken in die Flüsse aufgehoben wird, solange von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen deren Betrieb und der Krebshäufigkeit bei Kindern ausgegangen werden muß. Die Festlegung der Einleitergenehmigungen dürfe sich nicht am Bedarf der Betreiber orientieren, sondern müsse eine Gefährdung für Menschen und Umwelt ausschließen. Wenn die Energieversorgungsunternehmen nicht in der Lage sind, ihr Abwasser von dem radioaktiven Tritium zu reinigen, dann müsse der Betrieb eingestellt werden. Es dürften nicht noch mehr Kinder an Krebs und Leukämie erkranken.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu unseren Artikel

      Krebs-Häufung in der Nähe von AKWs
      Neue Studie im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz
      (7.12.07)

Siehe auch unsere Artikel

      Schwerer Störfall im AKW Philippsburg I
      Reaktor heruntergefahren (6.06.08)

      AKW Neckarwestheim I heruntergefahren
      Reaktordruckbehälter undicht (23.05.08)

      Minderwertiger Beton bei Bau des "Zwischenlagers"
      beim AKW Neckarwestheim? (8.05.08)

      Atommüll-Lager beim AKW Neckarwestheim erdbebengefährdet
      Erdbeben-Experte entdeckt Fehler im offiziellen Gutachten (16.01.05)

      Informationen zum deutschen "Atom-Ausstieg"

      Atom-Ausstieg selber machen!

 

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