Ein Drittel aller Amphibien vom Aussterben bedroht
Weltweit verschwindet mit zunehmender Geschwindigkeit eine Amphibienart nach der
anderen. ForscherInnen beobachten diesen Verlust der Amphibienvielfalt schon seit
zwei Jahrzehnten. Sie vermuten, daß Frösche, Molche und Salamender die ersten Opfer des
Klimawandels sind.
Ohne greifbare Erklärung und in kürzester Zeit - selbst in augenscheinlich völlig
ungestörten Biotopen - verschwindet eine Amphibienpopulation nach der anderen. Und das überall auf der Welt gleichzeitig: im mittelamerikanischen Nebelwald, in den Regenwaldgebieten der australischen
Hügel, in den äquatorialen Hochanden, in den verborgenen Tälern des chilenischen
Küstengebirges.
Gleichzeitig brechen in Europa und Nordamerika ganze Froschpopulationen sonst
überaus häufiger Arten ein, auch hier ohne erkennbare Ursache. Was also wie der
Auftakt zu einem gruseligen Ökothriller klingt, ist alles andere als eine
Fiktion, sondern für FroschforscherInnen seit gut 20 Jahren traurige Realität.
Noch im letzten Jahr war die Theorie in der Diskussion, daß das Aussterben der
Amphibien auf eine Pilzerkrankung zurückzuführen sei.
Die These, der Pilz könnte mit afrikanischen Krallenfröschen, die weltweit für
Schwangerschaftstests eingesetzt wurden, verschleppt worden sein, ist inzwischen
verworfen - nicht zuletzt, weil besonders abgelegene Gebiete betroffen sind, in
die kein Krallenfrosch jemals kam. Klar ist auch, daß nicht der Pilz allein das
Unglück über die Amphibien gebracht hat.
Konsens besteht ebenfalls dahingehend, daß es keine monokausale Erklärung gibt, sondern daß wir es mit einem Ursachencocktail zu tun haben. Ganz wesentlich beteiligt ist dabei
diese Pilzerkrankung (Chytridiomycose) die unter bestimmten Bedingungen ganze Froschpopulationen in kürzester Zeit ausradieren kann. Woher sie kommt oder warum sie plötzlich tödlich ist, bleibt vorerst ungeklärt.
Amphibien sind besonders anfällig gegenüber Umweltveränderungen, da sie als
wechselwarme Tiere und aufgrund ihrer Glipschhaut sowie ihrer auf Wasser oder
Umgebungsfeuchtigkeit angewiesenen Fortpflanzungsweise stark von den äußeren
Bedingungen abhängig sind. Derzeit geht man davon aus, daß die Amphibien zu den
ersten Opfern der globalen Erderwärmung gehören. Die Häufung an Klimaextremen
führt zum Beispiel durch verlängerte Trockenperioden oder ungewöhnliche
Temperaturmaxima zu massivem Umweltstress, der sie anfällig für den
Killerpilz macht.
Andere Faktoren kommen hinzu: Die durch das Ozonloch erhöhte UV-Strahlung
versengt den Laich, Umweltschadstoffe schwächen den Froschorganismus, und
nach wie vor werden viele Arten auch ganz klassisch aus der Welt geschafft - durch
die Zerstörung ihrer Lebensräume1.
Mit dem 'Global Amphibian Assessment' hat ein Netzwerk internationaler Forscher
eine Art weltweiter Amphibieninventur durchgeführt. Das Ergebnis ist erschreckend:
5.743 Arten, das ist fast ein Drittel aller Amphibien, sind unmittelbar vom
Aussterben bedroht. Von den 113 bekannten Arten der hübschen Stummelfußkröten
beispielsweise gelten heute ganze fünf bis zehn Prozent als nicht bereits
ausgestorben oder akut vom Aussterben bedroht. Mit den chilenischen
Nasenfröschen droht sogar eine ganze Artenfamilie zu verschwinden.
Diese dramatische Entwicklung hat die Wissenschaftsgemeinde in den Alarmzustand
versetzt. In einem dramatischen Appell in der Wissenschaftszeitschrift Science
warnten im Sommer letzten Jahres fünfzig international führende ZoologInnen vor der
größten Aussterbekatastrophe unserer Zeit mit unabsehbaren Folgen für die
gesamte Artenvielfalt und die Ökosysteme. Die WissenschaftlerInnen fordern unter
anderem mehr Geld für die Forschung, um das letztlich immer noch mysteriöse
Amphibiensterben besser zu ergründen. Immerhin könnten Amphibien auch ein
wichtiger Baustein der Klimafolgenforschung sein.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkung
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