14.08.2003

Bienensterben
und noch ein Insektizid

Welche Rolle spielt Tamaron ?

30 Millionen Bienen wurden allein dieses Jahr in Niedersachsen dahingerafft. Die Bestände sind auch hier bereits durch die Varoa-Milbe drastisch dezimiert. Hier wie andernorts stellt sich die Frage: Welche Faktoren sind primär, welche sekundär am Bienensterben beteiligt ?

  • Ausräumen der Feldfluren und Verschwinden großer Obstbäume, Büsche, Wildblumen
  • fortschreitende Flächenversiegelung und -zerschneidung
  • mehrfache Mahd zur Silagebereitung meist vor der Blüte auf den Wiesen
  • Luftbelastung
  • Varoa-Milbe
  • Bienenstockkäfer
  • das Insektizid Imidacloprid, das in Frankreich nachweislich und maßgeblich zum dortigen Bienensterben vor vier Jahren beitrug
  • das Insektizid Tamaron

Der Vorsitzende des emsländischen Imkervereins, Carl Drescher, vermutet, daß das Insektizid Tamaron, das von der Landwirtschaft in diesem Jahr besonders ausgiebig auf die Kartoffeläcker ausgebracht wird, eine Hauptrolle spielt. Allein im Emsland seien mehr als 500 Bienenvölker betroffen. Im Raum Celle / Uelzen sei die Zahl mindestens doppelt so hoch.

Katastrophenstimmung macht sich breit, denn inzwischen verenden auch Igel, Hummeln, Marienkäfer und insektenfressende Vögel, so beispielsweise eine große Anzahl von Rebhühner. Sie gehen durch die Aufnahme des Gifts elend zu Grunde, ergänzt Carl Drescher.

Auch in der Grafschaft Bentheim melden die Imker Verluste von rund 20.000 Flugbienen. Wegen des heißen Wetters hatte sich der Befall der Kartoffelanbauflächen durch Blattläuse enorm verstärkt, erklärt der Leiter des Niedersächsischen Landesinstituts für Bienenkunde in Celle, Werner von der Ohe. Es seien 2.000 bis 50.000 Läuse auf 100 Blatt gezählt worden. Um Ertragseinbußen zu vermeiden, hätten die landwirtschaftlichen Betriebe vermehrt auf Tamaron zurückgegriffen. Verheerend wirke sich zudem aus, daß die Läuse einen Teil des aufgesogenen Pflanzensaftes als sehr zuckerhaltigen "Honigtau" ausscheiden, der die Bienen ganz besonders anlockt.

Während die landwirtschaftlichen Betriebe meist gut versichert sind, bekommen die Imker oft nur einen Teil des Schadens ersetzt. Viele geben ganz auf. Nach Angaben des Bieneninstituts in Celle ist der Wert eines Bienenvolkes mit 150 Euro festgelegt. Der tatsächliche Schaden liege jedoch weit höher, klagen die Imker, besonders wenn auch die Bienenkönigin betroffen sei. Auch ein lediglich geschwächtes Volk habe geringere Chancen, den Winter zu überstehen.

Völlig außer Betracht bleibt bei diesem Aspekt des materiellen Schadens für die betroffenen Imker der ökologische Schaden, der durch den Ausfall einer solch großen Zahl von Bienenvölkern entsteht. Denn mit den Bienen fällt die Bestäubung vieler Pflanzen aus, was dafür entscheidend ist, ob aus den Blüten Feldfrüchte und Obst entstehen können. Würden die Bienen verschwinden, wäre auch die Spezies homo sapiens innerhalb von nur vier Jahren ausgestorben.

 

Petra Willaredt

 

Anmerkung:
Siehe auch unsere Artikel vom
30.05.03
'Bienensterben nimmt bedrohliche Ausmaße an'
6.06.03
'Bienensterben - zweite Stufe'
18.06.03
'Nach dem Bienensterben - Rückgang bei den Hummeln'
10.07.03
'Bienentod durch Imidacloprid'

 

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