16.02.2012

Schaar: Mit Staats-Trojaner
wurden Grundrechte verletzt

Bundeswanze Aus einem geheimen Sonderbericht des Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, geht hervor, daß beim Einsatz sogenannter Staats-Trojaner illegal der grundrechtlich geschützten Kernbereich der Privatsphäre verletzt wurde. Es handelt sich dabei um Schad-Software, die dem Zweck dient, private Computer auszuspionieren. Schaar wandte sich mit seiner Kritik intern an die Sicherheitsbehörden des Bundes.

Der vorliegende Sonderbericht ist als Verschlußsache mit dem Stempel "Nur für den Dienstgebrauch" versehen, kursiert aber seit heute digitalisiert in Hacker-Kreisen. Im vergangenen Oktober wurde dem 'Chaos Computer Club' (CCC) eine Datei mit einem sogenannten Staat-Trojaner zugespielt. Wie sich später herausstellte, war dieser tatsächlich in Bayern eingesetzt worden. Fachleuten des CCC nahmen eine Analyse der staatlichen Schad-Software vor und zeigten, daß diese gleich in mehrerer Hinsicht gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt (Siehe hierzu unsere Artikel vom 8.10.11 und 19.10.11)

Schaar kritisiert, daß in der Praxis beim Einsatz des "Staats-Trojaners" eben genau solche Rechtsverletzungen begangen wurde, wie sie vom CCC als in technischer Hinsicht möglich beschrieben worden waren. So waren etwa im Falle eines Verdächtigen über den Computer verschlüsselte Internet-Telefonate mit dessen Freundin aufgezeichnet worden, die eindeutig intimen Charakter hatten. In den von Schaar in seiner Funktion als Datenschutzbeauftragter überprüften Akten fanden sich Einträge aus dem Protokoll der abgehörten Gespräche wie folgende:
"Kurzes erotisches Gespräch" (20.11.2009 - 14.31 Uhr)
"Gespräch übers Wetter und intime Angelegenheiten"
(20.11.2009 - 15:43 Uhr)
"Liebesbeteuerungen" (4.12.2009 - 15:46 Uhr)
"danach Sexgespräche" (4.12.2009 - ab 15:22 Uhr bis 16:01 Uhr)
"ab 16:01 Uhr finden offensichtlich Selbstbefriedungshandlungen statt".

Auch die den Protokollen zugrunde liegenden Ton-Aufzeichnungen fand Schaar in den Akten. Laut Rechtfertigung von Seiten des BKA gibt es bei der Aufzeichnung von Internet-Telefonaten per Staats-Trojaner keine Möglichkeit, Teile der Aufnahmen zu löschen. Die Staatsanwaltschaft habe verfügt, daß die Aufzeichnungen nicht gelöscht werden durften.

Schaar stellt in seinem geheimen Bericht fest, daß der Staats-Trojaner vom Bundeskriminalamt (BKA) in 23 Fällen eingesetzt wurde. Davon seien elf Einsätze mit "Gefahrenabwehr", acht mit Strafverfahren im Zusammenhang mit Terrorismus, Drogenhandel und Betrug und vier mit Amtshilfe für Bundesländer begründet worden. Weiter habe auch die Bundespolizei in einem Fall bei Ermittlungen gegen einen als Schleuser Verdächtigen und die Zollfahndung in 16 Fällen die Schad-Software eingesetzt. Wie oft Staats-Trojaner vom "Verfassungsschutz" eingesetzt wurden, kann Schaar nicht überprüfen, da der Bereich der Geheimdienste seiner Aufsicht entzogen ist. Laut Schaars Geheimbericht wurde die Schad-Software ausschließlich zum Abhören von Internet-Telefonaten verwendet.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Größerer Widerstand gegen "Zensus 2011"
      als erwartet (31.01.12)

      Max-Planck-Institut:
      Vorratsdatenspeicherung völlig ineffektiv (27.01.12)

      Internet-Sperren endgültig weg
      Niederlage für von der Leyen (1.12.11)

      Sicherheitslücke bei Apple entdeckt
      IT-Sicherheitsexperte ausgesperrt (9.11.11)

      Erfolg für Anonymous Mexico
      Los Zetas läßt Hacker frei (4.11.11)

      Anonymous-Hacker nehmen Kampf
      gegen mexikanisches Drogen-Kartell auf (1.11.11)

      Trojaner-Skandal weitet sich aus
      "Big Brother" kann noch mehr (19.10.11)

      0zapftis
      CCC analysiert "Bundes-Trojaner"
      Verfassungsignoranz und Dilettantismus (8.10.11)

 

neuronales Netzwerk