Greenpeace fordert europaweites Anbauverbot
Einer neuen Langzeitstudie zufolge stellen die genmanipulierten Maissorten MON 810 und Bt 11 eine Gefahr für Schmetterlinge dar. Der mit dem "natürlichen" Insektizid eines Bakteriums ausgestattete Gen-Mais hat auch über seine Pollen negative Auswirkungen auf Schmetterlinge.1 MON 810 und Bt 11 bilden ein Gift, das den so genannten Maiszünsler tötet. Aber auch nützliche Insekten können von den giftigen Pollen der Pflanzen betroffen sein.
MON 810 der Firma Monsanto ist in der EU bereits zugelassen und für Bt 11 von Syngenta steht eine Entscheidung über die Zulassung auf EU-Ebene an. Forscher der US-amerikanischen Universität Maryland fanden heraus, daß sich über 20 Prozent der Raupen des geschützten Monarchfalters nicht zu Schmetterlingen entwickelten, nachdem sie Gen-Mais-Pollen gefressen hatten. Die erste Langzeituntersuchung der beiden Gen-Maissorten wurde über zwei Jahre unter Praxis- bedingungen in den USA durchgeführt. Der Monarchfalter kommt in Europa nicht vor, doch fehlen ähnliche Langzeituntersuchungen für heimische Arten. In Europa gehört unter anderem das Tagpfauenauge zu den Arten, deren Raupen ähnlich reagieren. Es ist bezeichnend, daß entsprechende Untersuchungen in Europa nicht durchgeführt werden. Viele ForscherInnen haben Angst vor nachteiligen Folgen für ihre Karriere und die Gelder für Forschungs-Aufträge kommen heute fast ausschließlich von der Industrie.2
In den letzten Jahren gab es bereits zahlreiche Hinweise auf mögliche schädliche Auswirkungen von Gen-Mais auf Schmetterlinge. Untersuchungen am Gen-Mais Bt 176 der Firma Syngenta haben für heftige Kontroversen gesorgt. Die beobachteten Effekte wurden damit erklärt, daß diese genmanipulierte Mais-Sorte eine besonders hohe Giftkonzentration in ihren Pollen habe. Monsanto und Syngenta, die MON 810 und Bt 11 produzieren, behaupteten, daß der niedrigere Gehalt von Bt-Gift in den neuen Pflanzen keine Gefahr für Schmetterlinge darstelle. Die neuen Untersuchungen widerlegen diese Behauptung.
Greenpeace fordert die Mitgliedsstaaten auf, sowohl den Anbau von MON 810 als auch die anstehende Zulassung für Bt 11 zu stoppen. EU-Staaten können den Anbau nachträglich verbieten, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Gefährdungen vorliegen. "Die neue Studie belegt, daß die Wirkung von Genmanipulation unkalkulierbar ist und man den Untersuchungen der Gen-Konzerne nicht trauen kann", erklärt Christoph Then, Gentechnik-Experte von Greenpeace. "Der Anbau der verdächtigen Gen-Maissorten muß gestoppt werden."
Bisher hat die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA den Anbau und Verzehr der beiden Sorten MON 810 und Bt 11 als unbedenklich eingestuft. In einer Stellungnahme vom Juli 2004 bezeichnet sie mögliche Auswirkungen auf Schmetterlinge unter Verweis auf ältere Untersuchungen als "vernachlässigbar". Im September 2004 ließ die Europäische Kommission 17 Varianten des Gen-Maises von Monsanto in den offiziellen Saatgut-Katalog aufnehmen. Dies ist die Grundlage für die Kataloge der Saatguthändler, aus denen Landwirte ihr Saatgut für 2005 bestellen können.
Petra Willaredt
Anmerkungen
1 Wir berichteten bereits 2002 von entsprechenden Studien:
Künast schlägt Bresche für Gen-Mais (27.06.02)
Zum Thema Schmetterlinge und Gen-Pflanzen siehe auch
Billige Propaganda für Gen-Food (3.07.03)
Protest gegen Gen-Äpfel (1.10.03)
Amtliche britische Studie zu "Grüner Gentechnik" veröffentlicht
(18.10.03)
2 Siehe hierzu auch das Interview mit dem Forscher Ignacio Chapela
"Ich werde versuchen, so weiter zu arbeiten..."
Die Studie zu Gen-Kontaminationen in Mexiko
und die Einschüchterung von WissenschaftlerInnen (7.10.04)