Anfang November beschlagnahmte die Genfer Staatsanwaltschaft bereits elf Luxusautos des Diktatoren-Sohns Teodorín Obiang. Sein Vater, Teodoro Obiang, hatte 1979 durch einen Staatsstreich die Macht in Äquatorialguinea an sich gerissen. Er gilt als typisches Beispiel für die korrupten Staats-Chef Afrikas. Heute folgte eine 100-Millionen-Dollar-Yacht, die gerade dabei war, in Richtung Malabo auszulaufen.
Gegen den 42-jährigen Teodorín Obiang laufen Ermittlungen wegen Korruption, Geldwäscherei und Veruntreuung öffentlicher Gelder. Auch bei der französischen Justiz war ein Strafverfahren gegen ihn anhängig. Auf seinem Anwesen in Paris wurden ebenfalls Luxusautos im Wert von 180 Millionen US-Dollar beschlagnahmt. Außerdem nahmen die Behörden Möbel und Kunstgegenstände in Gewahrsam, darunter auch Gemälde von Degas und Renoir, die 50 Millionen US-Dollar wert sind. Auch die USA ermitteln gegen Obiang.
Da er offenbar eine Entscheidung zu seinem Nachteil befürchtete, hatte der Diktatoren-Sohn und Vize-Präsident versucht, seine elf Luxusautos aus der Schweiz heraus zu schaffen. Die Staatsanwaltschaft kam ihm zuvor. Es handelt sich um äußerst wertvolle Modelle, darunter etwa zwei Ferraris, ein McLaren P1, ein Koenigsegg One, ein Lamborghini Veneno Roadster, ein Bugatti Veyron und ein Aston Martin. Allein der Wert des Koenigsegg One wird auf drei Millionen Franken geschätzt. Vom Parkplatz am Genfer Flughafen bis zu dem schon bereitgestellten Transportflugzeug war es nur noch ein kurzes Stück Wegs.
In den Niederlanden schlugen die Behörden im Auftrag der Genfer Staatsanwaltschaft nun erneut zu: Bevor die 76 Meter lange und auf über 100 Millionen US-Dollar geschätzte Yacht in Richtung Malabo, der Hauptstadt Äquatorialguineas, ablegen konnte, wurde sie beschlagnehmt. Die 'Ebony Shine' (zu Deutsch: Ebenholz-Glanz) bietet Platz für zwölf Gäste und benötigt eine 21-köpfige Schiffsmannschaft. Ein weiteres Schiff der Diktatoren-Familie im Wert von rund 150 Millionen US-Dollar befindet sich derzeit in Marokko.
Der Staat Äquatorialguinea zählt Dank Ölvorkommen zu den reichsten in Afrika. Nach Nigeria und Angola ist es der drittgrößte Ölproduzent südlich der Sahara. Mit einem BIP pro Kopf von mehr als 15.000 US-Dollar lag das Land 2007 an der Spitze aller afrikanischer Staaten. Äquatorialguinea ist daher von finanzieller "Entwicklungshilfe" unabhängig und erwirtschaftet einen Überschuß beim Staatshaushalt. Das hohe Pro-Kopf-Einkommen nähert sich dem europäischen Durchschnitt. Dennoch ist die Armuts-Quote hoch, denn die Einnahmen aus dem Ölverkauf fließen entsprechend der in Afrika weit verbreiteten neokolonialen Praxis fast ausschließlich auf die Konten einer kleinen – politisch einflußreichen – "Elite". Mit einem Privatvermögen von 600 Millionen US-Dollar ist Teodoro Obiang nach Angaben des Forbes-Magazins einer der reichsten Staats-Chefs der Welt. Andere Quellen schätzen sein Vermögen auf drei Milliarden US-Dollar.
Auch in Kamerun beispielsweise, dem nördlichen Nachbarstaat von Äquatorialguinea sieht es nicht viel besser aus. Dort amtiert Paul Biya seit 1984 als "Präsident". Er wurde mit 99 Prozent der Stimmen "gewählt". Auf der einen Seite besitzt Kamerun Erdöl, Erze und landwirtschaftliche Produkte im Überfluß - auf der anderen Seite haben rund 70 Prozent der Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 36,8 Prozent leiden an dauerhafter, schwerer Unterernährung.
Biya scheint sich noch in Genf wohl zu fühlen. Er hält sich mehrfach im Jahr dort auf und wohnt dann bis zu 44 Tage in zwei eigens für ihn reservierten Etagen des Luxushotels Intercontinental. 44 Tage ist der maximale Zeitraum, für den nach der Verfassung von Kamerun die Macht verwaist sein darf. Die Gebühren, die dafür fällig werden, daß das Flugzeug Biyas auf dem Flughafen Genf-Cointrin stehen darf, belaufen sich auf 11.000 Euro - pro Tag.
Sambias Präsident Frederick Chiluba benötigte 204 Maßanzüge und kaufte diese in der Genfer Boutique Basile. Hinzu kamen 185 Designer-Hemden, stapelweise Seidenpyjamas und 64 Paar handgenähte Schuhe mit hohen Absätzen.
Kenia etwa leistete sich eine Regierung mit 92 Kabinetts-Mitgliedern und zahlte seinen Ministern und Vizeministern 18.000 respektive 15.000 US-Dollar pro Monat - die höchsten Minister-Gehälter der Welt. Zugleich herrscht im Land Hunger.
Angola ist nach Nigeria der zweitgrößte Erdölproduzent südlich der Sahara. Zehn meist staatliche Minen beuten 76 Prozent der Diamanten aus. Die absolute Macht liegt seit über 30 Jahren in den Händen des in Rußland ausgebildeten und mit einer Russin verheirateten Ingenieurs José Eduardo dos Santos und seiner Verwandten. Der Reichtum des Landes wird von diesem Clan mit Hilfe eines undurchsichtigen Geflechts von Offshore-Gesellschaften gestohlen. Allein die älteste Tochter des Präsidenten, Isabel dos Santos, besitzt ein Vermögen von 3,5 Milliarden US-Dollar. 2013 verlangte der IWF Auskunft über den Verbleib von 33,4 Milliarden US-Dollar, die als Kredit an Angola gegangen und daraufhin unauffindbar verschwunden waren. Die Diamanten Angolas - eigentlich dürfen Diamanten international nur gehandelt werden, wenn sie durch ein Export-Zertifikat legitimiert sind - landen im riesigen Zollfreilager in Genf. Auf diesem Weg werden sie an Scheinfirmen oder Strohmänner ausgeliefert, so "entzollt", und kommen auf den Markt. Durch dieses "Wunder" ist Genf einer der größten "Diamantenproduzenten" der Welt.
Im Jahr 2014 gab es in Afrika 55 Dollarmilliardäre, während 35,2 Prozent der Bevölkerung unter anhaltend schwerer Unterernährung leiden. Ngina Kenyatta, die Witwe von Jomo Kenyatta und Mutter des kenianischen "Präsidenten" Uhuru Kenyatta, besitzt ein Vermögen von rund 5,4 Milliarden US-Dollar. Die sehr enge Mitarbeiterin des nigerianischen Präsidenten Ibrahim Babangida, Folorunsho Alakija, hat laut 'Venture' ein persönliches Vermögen von 7,5 Milliarden US-Dollar. Und da wundern sich 90 Prozent der Menschen im "Westen" - die oberen zehn Prozent ausgenommen - , warum immer mehr Menschen aus Afrika zu fliehen versuchen.
In nahezu allen afrikanischen Staaten plündern die herrschenden "Eliten" die Staatskassen. Sie genießen ein flamboyantes Leben, schleusen Milliarden in Steueroasen, besitzen Schlösser an der Loire, Reihenhäuser in London, Prachtvillen in Hongkong, Nummernkonten in der Schweiz. Die Kapitalflucht aus Afrika beträgt jährlich rund 30 Milliarden Euro. Das ist mehr als die gesamte "Entwicklungshilfe", die auf den Kontinent fließt.
A propos "Entwicklungshilfe". Der Schweizer Experte und frühere UN-Mitarbeiter Jean Ziegler belegt mit Fakten in seinen Büchern, daß Afrika nach wie vor von den Reichen der Nordhalbkugel ausgeplündert wird. Seine Kernaussage lautet: "Der Süden finanziert den Norden und insbesondere die herrschenden Klassen der nördlichen Länder. Das wirksamste Mittel des Nordens zur Herrschaft über den Süden ist heute der Schuldendienst. Der Kapitalstrom von Süden nach Norden ist überschüssig im Vergleich zum Kapitalfluß von Norden nach Süden. Die armen Länder zahlen den herrschenden Klassen der reichen Länder jährlich viel mehr Geld, als sie von ihnen in Gestalt von Investitionen, Kooperationskrediten, humanitärer Hilfe oder sogenannter Entwicklungshilfe erhalten."
Nach der Sicherstellung der Luxusautos in Genf meldete sich die äquatorialguineische Regierung empört:. Es laufe "in einigen Institutionen in Frankreich und der Schweiz eine Verschwörung gegen den Vize-Präsidenten". Die Autos gehörten nicht Teodorín Obiang, sondern einer Firma aus Äquatorialguinea. Die Regierung forderte deshalb die sofortige Rückgabe der Luxusautos. Nach Auskunft der Genfer Staatsanwaltschaft ist dies allerdings bisher nicht geschehen. Da die Ermittlungen noch andauerten, seien auch die Autos noch nicht zurückgegeben worden.
Anmerkungen
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