13.12.2004

Artikel

16. Dezember:
Siemens-Aktionstag

Die IG Metall ruft für den 16. Dezember zu einem Aktionstag an allen 36 Siemens-Niederlassungen in Deutschland auf. Solidarisieren dürfen sich selbstverständlich auch alle nicht bei Siemens Beschäftigten.

Anlaß des in diesem Jahr bereits zweiten Aktionstages bei Siemens sind die Bestrebungen des Konzerns die Löhne zu drücken und die Arbeitszeiten zugleich zu verlängern. Im Sommer hat Siemens das bislang vertikal nach Geschäftsbereichen organisierte Deutschland- Geschäft in der neu geschaffenen "Region D" gebündelt. Ein Teil der über 30.000 Beschäftigten in den Siemens-Niederlassungen hatte diese Reform begrüßt, weil er davon Wachstum und sichere Arbeitsplätze erwartete.

Aber bereits in ersten Verhandlungen mit der IG Metall in der letzten Woche über ein neues Tarifsystem erklärte das Siemens-Management: Die Beschäftigten der Niederlassungen sollen deutlich weniger verdienen und länger arbeiten. Konkret will der Siemens-Konzern bei über 12.000 Beschäftigten im Flächentarif Metall das 13. Monatseinkommen ("Weihnachtsgeld") und das Urlaubsgeld streichen. Den rund 11.000 Beschäftigten in den Siemens-Service-Gesellschaften, die seit 1998 beziehungsweise 2002 nach einem Ergänzungs- Tarifvertrag zu schlechteren Konditionen bezahlt werden, will der Siemens-Konzern auch die Fixbeträge streichen, die die Einbußen etwas kompensieren. Die von Siemens stattdessen angebotene variable Vergütung kann die individuellen Verluste nicht ausgleichen.

Allein die Beschäftigten im Flächentarif würden nach diesem Modell rund 25 Millionen Euro für die prall gefüllte Siemens-Konzernkasse aufbringen. Die vom Unternehmen geforderte Arbeitszeitverlängerung auf 35,8 Stunden (plus 50 Stunden sogenannte Qualifizierung ohne Individualanspruch) würde die Siemens-Lohnkosten pro Zeiteinheit nochmals um 2,3 beziehungsweise 5 Prozent senken. Nicht einmal zu der sonst bei Kürzungen als Gegenleistung angebotenen "Beschäftigungs-Garantie" für wenige Jahre läßt sich der Siemens-Konzern herab.

Berthold Huber, der 2. Vorsitzende der IG Metall, sagte ausnahmsweise einmal in unmißverständlicher Klarheit: "Die Vorstellungen von Siemens werden von der IG Metall nicht akzeptiert. Verschlechterte Tarifbedingungen beim Marktführer Siemens haben Auswirkungen auf die gesamte Branche." Und der Leiter der Tarifabteilung der IG Metall, Armin Schild, erklärte als Verhandlungsführer in der Sitzung der Tarifkommission am 1. Dezember: "Erstens der Gehaltstopf wird nicht angetastet. Zweitens müssen die Beschäftigten ihr altes Einkommen erreichen können. Und drittens: Die Beschäftigten wollen Garantien für die Beschäftigung sowie die Service-Gesellschaften sind in die Siemens AG zurückzuführen."

Am 16. und 17. Dezember finden in Frankfurt a. M. weitere Verhandlungen statt. Um diesen Nachdruck zu verleihen, ruft die IG Metall für den 16. Dezember die Beschäftigten der bundesweit 36 Siemens-Niederlassungen zu lokalen Aktionen auf. Klar sollte sein, daß es dabei mehr bedarf, als sich eine rote Kunststoff-Folie überzustülpen. Öffentliche Informationen über die verbrecherische Beteiligung des Siemens-Konzerns am internationalen Atomgeschäft1 dürfen kein Tabu darstellen und Perspektiven für eine umweltgerechte Konversion des Konzerns sollten im Zentrum stehen. Auch ein offenes Herangehen an die Frage, welchen Anteil das Management an der Häufung von Murks2 in der Produktion trägt, ist gefragt.

Auf eine ordentliche Organisation des Aktions-Tages durch die IG-Metall-Führung können sich die Beschäftigten allerdings nicht verlassen. Auf der Internet-Seite der IG Metall ist nicht mal ein Hinweis auf den Aktionstag zu finden und von vielen IG-Metall-Vertrauensleuten ist bereits Unmut über die halbherzige Mobilisierung für den 16. Dezember zu hören.

 

Patrick Hammann

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unsere Artikel
      'Hermes-Bürgschaften für AKWs in China'
      Siemens und "Rot-Grün" Hand in Hand (7.12.04)

      'Klage gegen "Rot-Grün"wegen Hermes-Bürgschaften' (15.06.04)

      'Siemens greift nach Monopol in Europa'
      Alstom-Konzern steht auf der Speisenkarte (26.05.04)

      'Hanau-Export - nicht Neues' (9.12.03)

2 Siehe auch unsere Artikel
      'Siemens liefert Murks' (28.08.04)

      'Deutsche High-Tech mit Dachschaden'
      Sind AKWs von Siemens ebenso unsicher wie der Combino?
      (20.06.04)

 

neuronales Netzwerk