6.11.2009

Umweltfrevel im Nationalpark

Nothafen Darßer Ort wird ausgebaggert

Im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft wird gebaggert. Mittlerweile zum vierten Mal wird seit dem heutigen Freitag der Nothafen Darßer Ort bei Prerow in Mecklenburg-Vorpommern ausgebaggert, um die versandete Hafenzufahrt freizulegen. Die Umwelt-Organisation WWF reichte deswegen Klage gegen die Landesregierung vor dem Verwaltungsgericht in Greifswald ein.

Nach Angaben des mecklenburg-vorpommerischen Verkehrs- Ministeriums sollen Schiffe einer dänischen Spezialreederei inmitten des Nationalparks in den kommenden Wochen rund 50.000 Kubikmeter Sand aus der Fahrrinne "entsorgen" und in rund zehn Kilometer Entfernung nordöstlich der Prerowbank verklappen. Das Ministerium bestätigte: "Es wird von 6 bis 18 Uhr gebaggert." Bis zum Frühjahr werde die Fahrrinne des Nothafens wieder passierbar sein, sodaß dort ein Seenotrettungskreuzer stationiert werden könne, hieß weiter.

WWF-Projektleiter Jochen Lamp erklärte am Freitag in Stralsund, daß mit der begonnenen Abbaggerung 20 Jahre nach Ausweisung des Nationalparks erneut tiefe Wunden in eine der sensibelsten Zonen des Schutzgebietes geschlagen und eine Million Euro "buchstäblich in den Sand gesetzt" werden. Neben den Kosten für die Baggerung in Höhe von 630.000 Euro habe das Land bereits weitere 400.000 Euro für die Planung eines Ersatzhafens in Prerow bereitgestellt.

Mit dem Umweltfrevel im Nothafen Darßer Ort wird nicht nur gegen den Geist, sondern auch gegen den Buchstaben der Nationalpark-Gesetze verstoßen. Denn danach darf nichts aus einem Nationalpark entfernt werden. Die Klage des WWF stützt sich daher auf den zunächst sekundär erscheinenden Aspekt, daß der ausgebaggerte Sand außerhalb des Nationalparks verklappt werden soll. Außerdem ist die vorgesehene Ausbaggerung nach Ansicht der UmweltschützerInnen überdimensioniert. Sie gehe über das für die vorgeschobene Seenotrettung erforderliche Maß weit hinaus.

Die Ausbaggerung des Hafens am Darßer Ort war bereits in den vergangenen Monaten in der Region heftig umstritten. UmweltschützerInnen mahnten die Renaturierung des ehemaligen Strandsees an. Der "rote" Verkehrsminister Volker Schlotmann versucht zu beschwichtigen, indem er darauf hinweist, daß die Stationierung des Seenotrettungskreuzers am Darßer Ort keine Dauerlösung sein werde. Bis zur Fertigstellung eines neuen Hafens in Prerow müsse aber die Seenotrettung vor dem Fischland-Darß gesichert sein. Erst im September 2009 hatte sich die Hilfe durch einen Rettungskreuzer für eine in Not geratene Jacht verzögert - angeblich weil der versandete Hafen am Darßer Ort nicht zugänglich war. Der Tod des Skipper in einer Klinik wird nun gegen den Umweltschutz ausgespielt.

Die Umwelt-Organisationen WWF und BUND hatten mit Minister Schlotmann bereits eine Kompromiß-Lösung erörtert, die nach offizieller Prüfung durch die Ministerien und Fachbehörden "technisch durchsetzbar, kostenneutral und ohne Nachteile für die Seenotrettung" wäre. Dabei sollte der Sand aus der einer teilweisen Ausbaggerung zur Renaturierung der Teile des Hafenbeckens verwendet werden, die der Rettungskreuzer der DGZRS nicht benötigt. So würde zugleich signalisiert, daß die Beschlüsse der vorangegangenen drei Landesregierungen umgesetzt werden, den Nothafen zu schließen und einen Ersatzhafen zu bauen. Es wäre gleichzeitig ein erster Schritt, um den ehemaligen Strandsee wieder entstehen zu lassen, der einst zum Hafen ausgebaut worden war.

Der WWF fordert den Minister auf, seine Fehlentscheidung zu revidieren und zumindest die Verbringung des Sandes aus der Ausbaggerung so zu ändern, daß er zur Wiederherstellung eines Teils des ehemaligen Strandsees im jetzigen Hafenbecken genutzt werden kann. Hingewiesen wird auch auf weitere Planungen, wonach der Ersatzhafen vor Zingst angelegt werden könne. Dort sei die Gemeinde - anders als in Prerow - damit mehrheitlich einverstanden.

 

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Anmerkungen

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