9.06.2009

Globale Militärausgaben
auf 1.464 Milliarden
US-Dollar gestiegen

Die globalen Militärausgaben sind nach den aktuell veröffentlichten Angaben des Stockholmer Instituts für internationale Friedensforschung (SIPRI) im Jahr 2008 auf das Rekordniveau von 1.464 Milliarden US-Dollar gestiegen.

Top Ten Rüstungsetats 2008

Laut SIPRI betrug die Steigerung der weltweiten Militärausgaben gegenüber 2007 rund vier Prozent. Im Vergleich zum Beginn des 21. Jahrtausends stiegen die Ausgaben in acht Jahren um 45 Prozent. Die Rüstungsetats verschlingen 2,4 Prozent der gesamten Weltproduktion, pro Kopf der Weltbevölkerung 154 Euro.

Die Kosten für Waffen und Militär sind SIPRI zufolge mittlerweile so hoch wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Grund für diese Entwicklung ist nach Ansicht der Stockholmer WissenschaftlerInnen vor allem der von der Bush-Regierung propagierte "Krieg gegen den Terror". Diese hätte viele Länder ermutig, "ihre Probleme durch eine hochgradig militarisierte Linse zu betrachten", sagte Sam Perlo-Freeman, einer der AutorInnen des Jahrbuchs. Der Einfluß des "militärisch-industriellen Komplexes" (US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower) auf die Politik wird in den Analysen von SIPRI regelmäßig ausgeblendet. Unberücksichtigt bleibt auch, welchen Gegenwert die Wirtschaft der USA allein aus der Ausbeutung der irakischen Ölquellen zieht. Bei einer geschätzten Erdölförderung von 6 Millionen Barrel pro Tag dürfte die Annektion des Irak der US-Wirtschaft jährlich Ausgaben in Höhe von rund 100 Milliarden US-Dollar ersparen.

Laut SIPRI ist eine Trendumkehr - mit oder gegen den Willen des gegenwärtigen US-Präsidenten - unausweichlich. SIPRI verweist darauf, daß Obama neben den Kriegen in Afghanistan und dem Irak Schulden von seinem Vorgänger geerbt habe, die sich seit 2000 auf mehr als 10.000 Milliarden US-Dollar verdoppelt haben. Die Rüstungsausgaben seien dafür "nicht der einzige Grund, aber ein signifikanter Beitrag", und angesichts der Weltwirtschaftskrise sagen die SIPRI-WissenschaftlerInnen drastische Einschnitte im Militärhaushalt voraus.

Die US-Militärhaushalt wurde im April von der neuen US-Administration unter Barack Obama von den von SIPRI für 2008 ermittelten 607,3 Milliarden US-Dollar auf rund 1000 Milliarden US-Dollar nahezu verdoppelt.1 Obama, der entgegen seiner Ankündigung, Atomwaffen abrüsten zu wollen, bislang nichts unternahm, um den hehren Worten Taten folgen zu lassen, hat damit den US-amerikanischen Militärhaushalt in ungebrochener Kontinuität zu seinem Vorgänger George W. Bush erhöht.

Nach im April veröffentlichten Details werden für 2010 in den US-Militärhaushalt ohne Ergänzungskosten allein für die Krieg in Afghanistan und im Irak 534 Milliarden US-Dollar eingeplant. Im Nachtragshaushalt für 2009 werden für die Kampfeinsätze 75 Milliarden US-Dollar veranschlagt, die 2010 auf 130 Milliarden US-Dollar aufgestockt werden sollen. Diese Haushaltsansätze können zwar schon bald durch die Weltwirtschaftskrise über den Haufen geworfen werden, spiegeln jedoch die wahre Intention der US-amerikanischen Regierung jenseits der Anti-Kriegs-Rhetorik in Obamas Wahlkampf in den Jahren 2007 und 2008.

Der für 2010 vorgesehene Grundetat wurde damit gegenüber den zuletzt für das laufende Jahr festgesetzten Verteidigungsausgaben der abgewählten Bush-Administration um rund vier Prozent gesteigert. Allein mit dem für 2010 veranschlagten Basis-Volumen übertrifft der Pentagon-Haushalt der USA die addierten Militäretats der nächstfolgenden 45 Staaten und macht erneut gut die Hälfte der globalen Militärausgaben aus.

Nicht eingerechnet sind bei diesen Haushaltsansätzen nach wie vor die Kosten zum Unterhalt des Atomwaffen-Arsenals. Ebenfalls unberücksichtigt sind hierbei die Aufwendungen für das "Heimatschutzministerium", Kranken- und Unfallversicherung für das Militärpersonal und die gestiegene Zahl privater Auftragnehmer und - zentral, aber immer aus der Budget-Darstellung herausgehalten - die Kreditbelastung durch einen erhöhten Schuldendienst. In der Summe, kombiniert mit den Nachtragshaushalten, werden so die US-Militärausgaben auf rund 1000 Milliarden US-Dollar erhöht. Wie in den Jahren zuvor zeigten nach der Bekanntgabe der Einzelheiten des US-Militäretats die Kurse der Rüstungs-Konzerne einen deutlichen Ausschlag nach oben.

Laut den gestern veröffentlichten Zahlen hat auch China nach dem US-amerikanischen Vorbild seine Rüstungsausgaben stark gesteigert und lag 2008 mit 84,9 Milliarden Dollar im internationalen Vergleich erstmals an zweiter Stelle. Das starke Wirtschaftswachstum und die Ambition auf die Rolle einer globalen Supermacht trugen zu einem Anstieg des Militäretats um durchschnittlich 13 Prozent während der letzten zehn Jahre bei.

Auch Rußland ließ seinen Großmachtanspruch wieder aufleben und verdreifachte seine Militärmittel seit Ende der neunziger Jahre. Osteuropa war die Region, in der im letzten Jahrzehnt mit einem Wachstum von 174 Prozent am stärksten aufgerüstet wurde. Auch Nordafrika (plus 94 Prozent) legte kräftig zu, angeführt von Algerien, der inzwischen stärksten Militärmacht des Kontinents. Dennoch sind die Rüstungsausgaben ganz Afrikas mit 25,8 Milliarden Dollar nicht viel mehr als halb so groß wie jene Deutschlands. Im Vergleich zur Wirtschaftsleistung tragen die Menschen in Ländern wie Burundi, Eritrea oder Angola allerdings eine viel höhere Rüstungsbürde als die BewohnerInnen reicherer Staaten.

Im Nahen Osten gingen die Militärausgaben im Vorjahr leicht zurück. Dies sei jedoch keine Trendwende, stellt SIPRI fest. Im Gegenteil: Staaten wie Israel, Saudi-Arabien oder die Emirate tätigten große Waffenaufträge, die die Budgets in den kommenden Jahren wieder aufblähen werden.

Deutschland folgt mit einem Militärbudget von umgerechnet 46,8 Milliarden US-Dollar auf Platz sechs hinter Frankreich, Großbritannien und Rußland. Beim Rüstungs-Export liegt Deutschland seit 2006 weltweit an dritter Stelle. 2

In 15 Ländern wurden im Vorjahr laut SIPRI insgesamt 16 größere bewaffnete Konflikte ausgetragen, zwei mehr als 2007, aber deutlich weniger als zu Beginn des Jahrzehnts. Immer größer werden jedoch die Leiden unbewaffneter ziviler Opfer. "Einseitige Gewalt" gegen ZivilistInnen, die von Vergewaltigung über Terrorattacken bis zu Massakern reiche, werde zunehmend als bewußtes Kriegsmittel eingesetzt, heißt es in dem SIPRI-Rapport, der Somalia, Sri Lanka, Südossetien und Kolumbien als Beispiel anführt.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu:

      Obama erhöht den US-Kriegsetat
      Größtes Militär-Budget der Weltgeschichte (8.04.09)

2 Siehe hierzu:

      Das Geschäft mit dem Tod blüht
      Deutschland behauptet Platz 3 auf Top Ten der Terrorstaaten (28.04.09)

Siehe unsere Artikel zum Thema

      Atombombentest in Nordkorea
      Weiterdrehen an der Spirale des Irrsinns (25.05.09)

      US-Regierung bricht Schweigen über Israels Atombombe
      Neue Perspektive bei Verhandlungen mit dem Iran? (11.05.09)

      Das Geschäft mit dem Tod blüht
      Deutschland behauptet Platz 3 auf Top Ten der Terrorstaaten (28.04.09)

      Obama erhöht den US-Kriegsetat
      Größtes Militär-Budget der Weltgeschichte (8.04.09)

      Nummer 3 der Top-Terror-Staaten
      Deutschlands Rüstungsindustrie steigert Export (8.12.08)

      Wahnsinn wächst weltweit
      Globale Rüstungsausgaben auf 1,2 Billionen US-Dollar gestiegen
      (15.05.08)

      Deutschland Top-Terror-Staat in der EU
      Erneuter Anstieg der Waffenexporte (18.12.07)

      US-Rüstungs-Industrie
      mit satten Gewinnen (28.07.07)

      Top Ten der Welt-Terror-Staaten
      Deutschland auf Platz 3 aufgerückt (12.06.07)

      Globale Rüstungsausgaben auf Rekordniveau
      Mehr als eine Billion Dollar für Waffen (22.05.07)

      Viertgrößte Kriegsmacht
      Anstieg der Rüstungsexporte um 10 Prozent (28.09.06)

      Rüstungsexporte unter "Rot-Grün"
      Rüstungsexportbericht 2004 erst jetzt vorgelegt (1.02.06)

      Die deutsche Rüstungsindustrie
      hat unter "Rot-Grün" Hochkonjunktur (22.05.03)

      Sind Kernwaffen notwendig?
      Rede von Lee Butler, 1999 (14.01.02)

 

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