19.09.2007

Lacoma-Skandal
führt zu

breiter Front gegen Vattenfall und Platzeck

Eine Umfrage unter mittelständischen Unternehmen im Umkreis der nahe Lacoma gelegenen Stadt Forst brachte ein beeindruckendes Ergebnis: 83 Prozent der befragten Unternehmen aus der Region Forst sehen die bei ihnen bestehenden Arbeitsplätze durch den Braunkohletagebau als gefährdet an. Sie sehen sieht "die Lebensqualität und Perspektiven der Stadt Forst nachhaltig in Gefahr".

Erst vor wenigen Tagen (siehe unseren Artikel vom 15.09.) schloß sich auch der konservative Brandenburgs Bauernbund einer Initiative gegen den Braunkohletagebau in der Region Lausitz an. Ausschlaggebend waren hierfür vermutlich das rabiate Vorgehen des Energie-Konzerns Vattenfall bei der Zerstörung des Natur-Paradieses bei Lacoma und der Auftritt des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck. Im Verein mit Vattenfall kündigte Platzeck nun ausgerechnet ebenfalls in den letzten Tagen die Ausweitung des Braunkohletagebaus an, dem nun immer mehr Land und Dörfer weichen sollen. Einen ungeschickteren Schachzug hätte Platzeck unter PR-Gesichtspunkten kaum begehen können, denn bislang war die Verantwortlichkeit des Ministerpräsidenten für den Lacoma-Skandal in der Öffentlichkeit kein Thema.

Das unbedachte Vorgehen Platzecks kann sich alsbald als Griff ins Wespennest erweisen. In der Lausitz baut sich eine breite Front gegen Vattenfall und Platzeck auf. In dem Dorf Mulknitz wechselten aus Protest auf einen Schlag 80 Prozent der dortigen Haushalte zu einem Ökostrom-Anbieter. Seit mehr als 100 Jahren gibt es die Bäckerei Pehle in Kerkwitz in der Lausitz. Thomas Pehle backt jeden Morgen zwischen 300 und 500 Brötchen. Seine Mutter verkauft sie im Laden, sein Vater beliefert die umliegenden Dörfer. Wie auf dem Land üblich ist die örtliche Bäckerei eine Art Seismograph für die Stimmung in der Bevölkerung: "Die baggern uns weg, als ob es im 21. Jahrhundert nicht andere Möglichkeiten der Energieerzeugung gäbe", sagt Thomas Pehle. KundInnen schimpften schon morgens beim Kauf der Brötchen auf die Regierung, auf die Politiker. Und viele hätten gesagt, daß man kämpfen müsse.

"Ich bin geschockt", sagt selbst die CDU-Kreisvorsitzende Monika Schulz aus Atterwasch. Das Dorf der Landtagsabgeordneten steht auf der Liste, die Platzeck im Verein mit Vattenfall öffentlich präsentiert hatte. Die 248 EinwohnerInnen von Atterwasch sollen umgesiedelt werden. Wenn es um den Profit eines Konzern-Giganten geht, ist auch Vertreibung plötzlich wieder modern. Monika Schulz: "Wir werden das nicht hinnehmen. Die Gemeinde geht gegen die Kohlepläne vor!" Auch das Dorf Grabko mit 76 EinwohnerInnen soll von der Landkarte verschwinden. Bürgermeister Gerd Wieden reagiert offensiv: "Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, uns zu wehren. Wir sind keine blöden Schafe!" In der gesamten Region genießt die Umweltschutz-Organisation 'Robin Wood' hohes Ansehen, weil deren AktivistInnen unter hohem persönlichem Einsatz mit Baumbesetzungen die Zerstörung der Lacomaer Teichlandschaft zu verhindern suchen.

Seit Montag (17.09) sind an etlichen Stellen Bäume durch AktivistInnen von 'Robin Wood' besetzt, die sich damit die geplanten Fällarbeiten im Lacomaer Teichgebiet blockieren wollen. Noch am selben Tag sprachen Vertreter von Vattenfall vor Ort ein Ultimatum aus. Bis Dienstag werde "das selbständige Verlassen der Bäume" erwartet. Bislang (Mittwoch mittag) hat Vattenfall jedoch abgewartet. Die angekündigten Fällarbeiten wurden auch an anderen Stellen noch nicht begonnen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Vattenfall will mit der Abbaggerung
      der Lacomaer Teichlandschaft beginnen / 'Robin Wood' protestiert
      auf Bäumen und vor Schwedens Reichstag (18.09.07)

      Baumbesetzung gegen Klimakiller Vattenfall
      Der Kampf um Lacoma ist noch nicht beendet (17.09.07)

      Lacoma-Skandal weckt Brandenburgs Bauernbund
      Weiteres Mitglied des Verbands
      für den Ausstieg aus der Braumkohle (15.09.07)

      Trotz Lacoma-Skandal läßt Platzeck
      den Braunkohle-Abbau ausweiten
      Brandenburg an vorderster Klima-Front (14.09.07)

      Vattenfall und die Rotbauchunke
      Der Energie-Konzern betreibt weiter Naturzerstörung
      für Braunkohlenbergbau (5.09.07)

      Vattenfall zerstört Umwelt mit verbrecherischer Rücksichtslosigkeit
      (29.08.07)

      Vattenfall betreibt weiter Naturzerstörung für Braunkohlenbergbau
      (20.08.07)

      Beschleunigtes Amphibiensterben
      Ein Drittel aller Amphibien vom Aussterben bedroht (8.03.07)

      'Terror von Vattenfall in der Lausitz' (19.03.05)

      'Vattenfall-Braunkohle frißt Natur und Dörfer'
      Ausweitung des Tagebaus in der Lausitz
      bedroht weitere Dörfer bei Cottbus (28.02.05)

     'Vattenfall in Lacoma von Polizei gestoppt' (11.12.04)

      'Lacoma. Häuserübergabe verweigert' (4.12.04)

      'Horno. Energie-Konzern sprengt Kirche' (1.12.04)

      'Betrugsvorwürfe gegen Vattenfall' (17.06.04)

      'Lacoma: Klage gegen Vattenfall eingereicht' (7.06.04)

      'Lausitzer Teichlandschaft wird weiter zerstört' (2.06.04)

      'Hungerstreik für Lacoma' (19.03.04)

      'Hungerstreik, Räumung und Abrisse in Lacoma' (23.02.04)

      'Robin-Wood-Aktion für Lacoma' (21.12.03)

      'Lacoma: Abriß begonnen' (18.10.03)

      'Lacoma und Rotbauchunke kämpfen' (12.10.03)

      'Lacoma und Rotbauchunke weiterhin bedroht' (15.08.03)

      'Energie-Multi gegen Lacoma und Rotbauchunke' (9.08.03)

 

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