8.07.2008

AKW Tricastin:

Flüsse in Südfrankreich
radioaktiv kontaminiert

Aus einem für Reinigungsarbeiten genutzten Gebäude des AKW Tricastin bei Avignon sind mindestens 30 Kubikmeter (30.000 Liter) radioaktive Uran-Lösung "aus ungeklärter Ursache" ausgelaufen. Zudem sei ein Rückhaltebecken undicht gewesen. Die Flüsse Gaffière und L'Auzon wurden radioaktiv kontaminiert. Den EinwohnerInnen umliegender Gemeinden und landwirtschaftlichen Betrieben wurde untersagt, Wasser aus den Flüssen zu entnehmen.

19 französische Atomkraftwerke mit 58 Reaktoren

Die in der Meldung des AKW-Betreibers nicht näher spezifizierte Lösung enthält laut französischer Atomaufsicht (ASN) zwölf Gramm Uran pro Liter. Die Gefahr für die Bevölkerung sei "gering". Dennoch wurde außer der Wasserentnahme auch der Verzehr von Fischen aus den verseuchten Flüssen und das Baden verboten.

Der Dachverband der französischen Anti-Atom-Initiativen 'Réseau Sortir du Nucléaire' hält es dagegen für "unmöglich", daß keine Gesundheitsgefährdung bestehe. "Wenn die von der ASN akzeptierten Zahlen stimmen, macht das 360 Kilogramm Uran", erklärte die Organisation. Wer damit verseuchtes Wasser trinke, habe die Partikel im Körper. Auch bei geringer Strahlung entstehe dann erhebliche Krebsgefahr.

Auch der Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital warnt die französische Atombehörde davor, den Fall herunterzuspielen: Wenn die Zahlen stimmen und 360 Kilogramm Uran ausgetreten sind, stellt dies eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit der AnwohnerInnen dar. Laut Greenpeace zeigt der Atomunfall in Frankreich "wieder einmal deutlich, wie unsicher die gesamte Atomtechnologie" sei. Die Gefahr gehe nicht nur punktuell von den Atomkraftwerken aus. Auch beim Abbau und der Verarbeitung des Urans, bei Weiterverarbeitung, Transport und Lagerung könne es zu Unfällen und radioaktiver Verseuchung kommen. Die Atomkraft sei ein unkalkulierbares Risiko für die Menschheit und für kommende Generationen.

Der Unfall stellt generell den Umgang des französischen Strom-Konzern Electricité de France (EdF) mit radioaktivem Material in Frage. Das AKW Tricastin im Departement Drôme besteht aus vier Reaktorblöcken mit einer Leistung von jeweils 900 Megawatt. In Deutschland ist EdF am Energie-Konzern EnBW beteiligt. EnBW betreibt unter anderem das AKW Philippsburg, in dem es Anfang Juni1 einen Störfall gab. Hierbei kam es zu einem Leck im Sicherheitsbehälter.

Die gegenwärtig in Japan versammelten Oberhäupter der G-8-Nationen machen wieder einmal PR für eine Renaissance der Atomenergie, obwohl beispielsweise in den USA seit 1973 kein einziger AKW-Neubau mehr in Auftrag gegeben wurde. Und bei der gegenwärtig von den Mainstream-Medien in Deutschland gepushten Diskussion geht es um die vermeintliche Alternative, entweder am "Atom-Ausstieg" festzuhalten oder "Laufzeitverlängerungen" zuzustimmen.

Tatsächlich jedoch existieren in Deutschland keine gesetzlich fixierten Abschaltzeitpunkte für die 17 deutschen Atomkraftwerke und somit auch keine festgelegten "Laufzeiten". In dem im Jahr 2000 zwischen "Rot-Grün" und der Atom-Mafia vereinbarten "Atom-Ausstieg" wurden "Reststrommengen" festgelegt, die eine Betriebsdauer der Atomkraftwerke von mindestens 35 Jahren garantieren - dabei sind jedoch Stillstandszeiten, die keineswegs das Risiko vermindern, nicht eingerechnet. Eine Betriebsdauer von 35 Jahren bedeutet bereits eine "Laufzeitverlängerung" um 10 Jahre, da die deutschen Atomkraftwerke technisch nur für eine Betriebsdauer von 25 Jahren ausgelegt sind. Das zuletzt wegen überhandnehmender Reparaturkosten am 11. Mai 2005 stillgelegte AKW Obrigheim war 37 Jahre in Betrieb.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu unseren Artikel

      Schwerer Störfall im AKW Philippsburg I
      Reaktor heruntergefahren (6.06.08)

Siehe auch unsere Artikel

      AKW Neckarwestheim:
      Hohe Tritium-Konzentration im Neckar (23.06.08)

      Skandal-Grube Asse II
      Eindringendes Wasser radioaktiv kontaminiert (12.06.08)

      Schwerer Störfall im AKW Philippsburg I
      Reaktor heruntergefahren (6.06.08)

      Schwerer AKW-Störfall in Slowenien
      Radioaktives Kühlwasser trat aus (4.06.08)

      AKW Neckarwestheim I heruntergefahren
      Reaktordruckbehälter undicht (23.05.08)

      Minderwertiger Beton bei Bau des "Zwischenlagers"
      beim AKW Neckarwestheim? (8.05.08)

      AKW-Unfall in Spanien
      Greenpeace ortet Radioaktivität bei Tarragona (8.04.08)

      Brand im AKW Brokdorf (14.03.2008)

      AKW Fessenheim: Block 2 abgeschaltet
      Leck im Primärkreislauf (20.02.08)

      AKW Gundremmingen Block B abgeschaltet
      Weitere Indizien für illegales "AKW-Tuning" (9.01.08)

      Krebs-Häufung in der Nähe von AKWs
      Neue Studie im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz
      (7.12.07)

      Informationen zum deutschen "Atom-Ausstieg"

      Atom-Ausstieg selber machen!

 

neuronales Netzwerk