Die Atom-Mafia interessiert sich nicht für behördliche Auflagen
Wie heute (Sonntag) durch die 'Welt' aufgedeckt wurde, war im AKW Krümmel bei der erneuten "Panne" am Samstag entgegen der behördlichen Auflage die Audio-Überwachung der Leitwarte ("Blackbox") abgeschaltet. Dies mußten MitarbeiterInnen und das zuständige Ministerium von Schleswig-Holstein, bestätigen.
Ebenfalls mißachtete der Betreiber-Konzern Vattenfall die mit den zuständigen Behörden "vereinbarte" Informationspflicht. Die zuständige schleswig-holsteinische Ministerin Gitta Trauernicht war von der Polizei und nicht etwa vom Betreiber im vorgesehenen Zeitfenster von der erneuten "Panne" unterrichtet worden. Trauernicht erklärte mit tiefem Augenaufschlag: "Warum es nicht möglich war, binnen 40 Minuten auf dem fest vereinbarten und vorgeschriebenen Weg eine kurze Erstinformation über die Reaktorschnellabschaltung an das Lagezentrum und die Atomaufsicht zu geben, ist mir völlig unverständlich."
Das mittlerweile 25 Jahre alte Atomkraftwerk stand nach einem Beinahe-GAU am 28. Juni 2007 nahezu 24 Monate für "Reparaturarbeiten" still. Verschwiegen wird in den Mainstream-Medien in diesem Zusammenhang auch, daß das AKW Krümmel zuvor nach schwedischem Beispiel getunt worden war. Dabei wurde die Leistung um 72 Megawatt erhöht. Nachdem das AKW am 24. Juni 2009 hochgefahren worden war, mußte es bereits am Mittwoch, 1. Juli, wegen einer automatischen abgeschalteten Turbine wieder vom Netz genommen werden. Der zweite Versuch, das AKW hochzufahren scheiterte am Samstag, 4. Juli, angeblich wegen einer "Störung" an einem der beiden Maschinentransformatoren.
In der nahe gelegenen Millionenstadt Hamburg kam es infolge der Reaktorabschaltung zu massiven Störungen und Einschränkungen. So fielen die meisten Ampelanlagen vorübergehend aus und im Westen der Stadt platzten Wasserrohre, weil sich Pumpen nach dem Ausfall plötzlich wieder einschalteten. Tausende Hamburger waren in der Nacht ohne Wasser. Bescherden kamen auch von Einkaufszentren und Industriebetrieben.
Die öffentliche Kritik am Betreiber-Konzern Vattenfall nimmt zu. Bundes-Atom-Minister Sigmar Gabriel ließ daher wortmächtig vor wenigen Tagen in einer Medienerklärung seines Ministeriums verbreiten: "Die Dinosauriertechnologie Atomkraft steht nicht vor einer Wiedergeburt, wie manche glauben machen wollen, sondern vor ihrem Ende." Effektvoll zog er nun die Aufsicht über das AKW Krümmel, die seiner schleswig-holsteinischen Parteigenossin, der Landesministerin Gitta Trauernicht oblag, direkt an sich. Zudem kündigte er an, die Elektronik in sämtlichen 17 deutschen Atomkraftwerken überprüfen zu lassen. Doch der nun als lautstarker Löwe auftretende Gabriel wird schon in Kürze als Bettvorleger enden, wenn er höchstpersönlich erneut die Betriebsgenehmigung für das AKW Krümmel erteilt.
"Es stimmt nicht, wenn Vattenfall sagte, nur der nicht-atomare Teil des Kraftwerks sei betroffen gewesen. Das hat sich bis in den Reaktor hineingefressen", kritisierte die Umweltorganisation Greenpeace. Vattenfall entschuldigte sich bereits heute (Sonntag) für die Informationspolitik. "Wir werden aus dem gestrigen Ablauf klare Konsequenzen ziehen", sagte der Chef der Atomsparte in Deutschland, Ernst Michael Züfle. "So etwas darf nicht wieder vorkommen." Dasselbe hatte Vattenfall im Sommer 2007 verlautbart.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
AKW Krümmel: Zweiter Startversuch gescheitert
(4.07.09)
AKW Krümmel vom Netz
Methode "try and error" (1.07.09)
AKW Krümmel heute wieder am Netz
Trauernicht und Gabriel schweigsam (24.06.09)
"Black Box" für Atomkraftwerke?
Audioüberwachung für AKW Krümmel angeordnet (25.02.09)
AKW Krümmel und AKW Brunsbüttel seit 20 Monaten außer Betrieb
Was steckt dahinter? (13.02.09)
Abgeschaltetes AKW Krümmel
mit "normalen" Pannen
War "AKW-Tuning" Ursache des Beinahe-GAU am 28. Juni?
(28.12.07)
AKW Krümmel:
Atom-Ministerin Trauernicht beim Lügen ertappt (26.07.07)
Beinahe-GAU oder Medien-GAU?
Betrachtungen zum Unfall im AKW Krümmel
im Zerrbild der Mainstream-Medien (17.07.07)
AKW Krümmel knapp an GAU vorbei
Schnellabschaltung infolge des Brands gefährdete Reaktor (3.07.07)
Brand im AKW Krümmel
Reaktor heruntergefahren (28.06.07)
Informationen zum "Atom-Ausstieg"