Schavan verstieß gegen Gesetze
Seit 2004 ist dem Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy die Ausübung
seines Berufs verwehrt. Vergehen, die nach bisheriger Rechtsprechung ein
Berufsverbot rechtfertigen könnten, werden ihm nicht zur Last gelegt. Lediglich
"Erkenntnisse" des baden-württembergischen Verfassungsschutzes über das
öffentliche Engagement in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) dienten bisher als Vorwand
für die Diskriminierung des von der GEW, von SchülerInnen und Eltern unterstützten
Lehrers.
Der baden-württembergische Datenschutzbeauftragte Peter Zimmermann hat nun vor
wenigen Tagen das Vorgehen des im Fall Csaszkóczy federführenden
baden-württembergischen Kultusministeriums schriftlich gerügt. 2004 hatte die
damalige Kultusministerin und jetzige Bundesforschungsministerin Annette Schavan
die in den 70er Jahren unter Bundeskanzler Willy Brandt eingeführte
Berufsverbotspraxis wieder aufleben lassen. Der Nachfolger von Schavan als
Kultusminister, Helmut Rau, scheint diese Linie fortführen zu wollen.
Zimmermann bezeichnet in seinem Schreiben vom 7. August das Vorgehen des
Kultusministeriums als Verstoß gegen das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung. Die Tatsache, daß Schavan bereits im Sommer 2003 unter
Umgehung des Dienstweges und ohne Csaszkóczys Wissen Informationen über ihn beim
baden-württembergischen Verfassungsschutz angefordert und auch erhalten habe,
sei mit dem geltenden Recht nicht vereinbar. Zimmermann erinnert in diesem
Zusammenhang an das 'Volkszählungsurteil' von 1983: Mit dem Recht auf
informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese
ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der die Bürger nicht mehr wissen
können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß.
Der UnterstützerInnenkreis für das Berufsverbotsopfer Michael Csaszkóczy weist darauf
hin, daß Kultusministerin Schavan ausgerechnet unter dem Vorwand, die Verfassung
zu schützen, selbst ein verfassungsmäßiges Grundrechte wie das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung verletzt habe. Dies werfe ein bezeichnendes
Licht auf dieses gesamte Verfahren, mit dem die grundrechtswidrige
Berufsverbotspraxis wiederbelebt wird. Ähnlich dem Begriff "Kindergarten" wurde
"Berufsverbot" in den letzten Jahrzehnten in einigen europäischen Ländern ein
deutsches Lehnwort, da eine solche politische Diskriminierung dort unbekannt
ist.
Eine neue positive Wendung
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte am 13. März das gegen Csaszkóczy
verhängte Berufsverbot für rechtens erklärt und die Möglichkeit der Berufung
gegen das Urteil verneint. Nun erklärte der baden-wütttembergische
Verwaltungsgerichtshof am 14. August entgegen dem Entscheid des
Verwaltungsgerichts die Berufung Csaszkóczys für zulässig, "da der Erfolg der
Berufung des Klägers zumindest ebenso wahrscheinlich ist wie deren Mißerfolg."
Weiter schrieben die Richter ihren Kollegen ins Stammbuch, daß "ernstliche
Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils" gegeben seien.
Klaus Schramm
Anmerkungen
Siehe auch unsere Beiträge:
'Berufsverbot auf Hessen ausgeweitet
Schulleiter spricht sich für Berufsverbotsopfer aus' (21.02.06)
'"Rot-Grün" für Berufsverbot?
Bundesregierung übernimmt Argumentation von
Kultusministerin Schavan (18.05.05)
'Hamburger Solidarität für ba-wü Berufsverbots-Opfer' (25.11.04)
'Interview mit dem Heidelberger Berufsverbots-Opfer
Michael Csaszkóczy' (4.11.04)
'Protest gegen das Berufsverbot für Michael Csaszkóczy' (3.08.04)
'Berufsverbotsverfahren gegen Realschullehrer in Heidelberg'
(11.02.04)
'Berufsverbote
- Auch 32 Jahre nach dem Radikalenerlaß keine Entschädigung
für Opfer (28.01.04)
Weiter Informationen zum Berufsverbot gegen Michael
Csaszkóczy finden sich unter der Internetadresse:
www.gegen-berufsverbote.de