Bereits vor vier Jahren wurde in Frankreich der Einsatz eines Bayer-Pestizids für den Einsatz auf Sonnenblumenfeldern
verboten. Das Pestizid, das unter der Vermarktungsbezeichnung 'Gaucho' vertrieben wird, wurde für ein Bienensterben
verantwortlich gemacht, das in ähnlicher Form nun auch im letzten Jahr Deutschlands Bienenvölker heimsuchte.
In Frankreich stehen nunmehr die beiden Chemie- und Agro-Konzerne Bayer und BASF unter juristischem und politischen
Druck, ihre Pestizide 'Gaucho' und 'Regent TS' vom Markt zu nehmen. Auch nach dem Verbot des Einsatzes von 'Gaucho'
auf Sonnenblumenfeldern war das Bienensterben in Frankreich nur vorübergehend rückläufig. Verschiedene Untersuchungen
weisen darauf hin, daß auch der Einsatz der Pestizide auf Maisfelden und anderen Kulturen für das Massensterben der
Bienen mit ursächlich ist. Ein Richter im südfranzösischen Saint Gaudens leitete Ermittlungen gegen
BASF Agro wegen des "Verkaufs giftiger Agrarprodukte mit schädlicher Wirkung auf die Gesundheit des Menschen
und des Tieres" ein und suspendierte den Verkauf von 'Regent TS'.
Gegen diese Ermittlungen geht Bayer Agro nun seinerseits mit Hilfe von Rechtsanwälten vor. Emmanuel Butstraen,
Vorstandsvorsitzender von BASF Agro behauptete gegenüber der französischen tageszeitung 'Le Monde' (20.02.04), es
gäbe keinen Zusammenhang zwischen dem Einsatz von 'Regent TS' und dem Bienensterben und dies sei durch sämtliche
Untersuchungen zwischen 1999 und 2002 belegt worden. BASF war in Frankreich ins Spiel gekommen, nachdem es
2003 von Bayer das Geschäft mit 'Regent TS' übernommen hatte.
In La Roche sur Yonne untersagte der örtliche Bürgermeister inzwischen den Einsatz der beiden Pestizide 'Gaucho' und
'Regent TS'. Auch Umweltgruppen und die sozialistische Partei setzen sich für deren Verbot ein. Und einer der
bekanntesten Kritiker in Frankreich ist der konservative Parlamentsabgeordnete Philippe de Villiers, der mit seinem Buch
"Wenn die Bienen sterben, sind die Tage des Menschen gezählt - ein Staatsskandal" gegen Bayer und BASF zu Felde
zieht. Doch die Macht der Konzerne ist noch keineswegs gebrochen. Bayer konnte gestern vor Gericht durchsetzten,
daß de Villiers eine Darstellung des Konzerns in zehn Zeitungen veröffentlichen muß. Begründung: Es habe die
Unschuldsvermutung gegenüber Bayer verletzt.
Nun liegt jedoch ein staatlicher Untersuchungsbericht vor, in dem ein ursächlicher Zusammenhang zwischen
Bayer-Pestizid 'Gaucho' und Bienensterben bewiesen wird. Die 108-seitige Studie wurde im Auftrag des französischen
Landwirtschaftsministerium von den Universitäten Caen und Metz sowie vom renomierten Institut Pasteur durchgeführt.
Vom Comité Scientifique et Technique (CST) wurde die Studie nun aktuell herausgegeben. Der vorgelegte
Untersuchungsbericht zum Bienensterben in Frankreich stellt fest, daß die Verwendung des Pestizids 'Gaucho' für
den Tod Hunderttausender Bienenvölker zumindest mitverantwortlich ist.
In der Zusammenfassung der Studie heißt es: "Die Untersuchungs- ergebnisse zu den Risiken des
Saatgutbehandlungsmittels Gaucho sind beunruhigend. In Bezug auf Bienensterblichkeit und Orientierungsstörungen
von Bienen stimmen die Ergebnisse der Studie mit den Beobachtungen zahlreicher Imker in Regionen intensiver
Landwirtschaft (Mais- und Sonnenblumenanbau) überein. Die Saatgutbehandlung mit GAUCHO stellt ein signifikantes
Risiko für Bienen in verschiedenen Altersstufen dar." Weiter wird darin ausgeführt: "Was die Behandlung von Mais-Saat
mit Gaucho betrifft, so sind die Ergebnisse ebenso besorgniserregend wie bei Sonnenblumen. Der Verzehr von belasteten
Pollen kann zu einer erhöhten Sterblichkeit von Pflegebienen führen, wodurch das anhaltende Bienensterben auch nach
dem Verbot der Anwendung auf Sonnenblumen erklärt werden kann".
Das Pestizid 'Gaucho' (Wirkstoff Imidacloprid) wird vom deutschen Bayer-Konzern produziert. Mit einem Umsatz von über
500 Millionen Euro jährlich ist der Wirkstoff die Nummer Eins im Agro-Sortiment des Konzerns. Kritiker vermuten, daß die
hohen Verkaufszahlen der Grund sind, weswegen sich das Unternehmen trotz der gravierenden Bienenschädlichkeit mit
Händen und Füßen gegen das drohende Anwendungsverbot wehrt.
Fridolin Brandt von der 'Coordination gegen Bayer-Gefahren' (CBG): "Die deutschen Bieneninstitute hängen aufgrund
staatlicher Unterfinanzierung von Aufträgen der Chemischen Industrie ab. Der Bayer-Konzern finanziert in einigen Instituten
direkt die Gehälter der Mitarbeiter." Auch Dr. Brasse, bei der Biologischen Bundesanstalt (BBA) zuständig für die
Bewertung von 'Gaucho', hat nach Informationen von Imkern in der Vergangenheit Aufträge von Bayer erhalten. "So erklärt sich, warum die Bieneninstitute und die BBA, die eigentlich die Sicherheit der Bienen garantieren sollen, keine Bayer-kritischen
Studienergebnisse veröffentlichen", so Brandt weiter.
Die von den Bieneninstituten vorgebrachte These, der Befall mit Varroa-Milben sei für das Bienensterben verantwortlich,
bezeichnet Fridolin Brandt als vorgeschoben: "Wir haben seit 1977 mit Varroa-Milben zu tun, jahrzehntelang waren diese
keine Gefahr. Erst der großflächige Einsatz von Pestiziden und die damit einhergehende Schwächung der Bienen führt zu
den beobachteten Bienensterben." Brandt ist seit 30 Jahren hauptberuflicher Imker.
Maurice Mary, Sprecher des französischen Imkerverbands Union National d´Apiculteurs (UNAF): "Seit der ersten
Anwendung von Gaucho haben wir große Verluste bei der Ernte von Sonnenblumen- honig. Da das Mittel bis zu drei
Jahren im Boden verbleibt, können selbst unbehandelte Pflanzen eine für Bienen tödliche Konzentration enthalten.
"Die UNAF, die rund 50.000 Imker vertritt, forderte nach der Vorlage des Berichts des CST ein vollständiges
Gaucho-Verbot.
So fordert inzwischen auch der Deutsche Berufsimkerbund (DIBB) im Verbund mit der CBG ein Anwendungsverbot. In
Deutschland wird Imidacloprid unter den Markennamen 'Gaucho' und 'Chinook' vor allem in der Raps-, Zuckerrüben- und
Maisproduktion eingesetzt - mit über einer Million Hektar Anbaufläche ist die Behandlung von Raps für die Bienen
besonders problematisch. Die Situation in der deutschen Landwirtschaft ist vergleichbar mit der französischen: In den
vergangenen Jahren starb hierzulande rund die Hälfte aller Bienenvölker. Dies führte zu Ertragseinbußen von mehreren
tausend Tonnen Honig pro Jahr. Da Honigbienen außerdem den größten Teil der Blütenbestäubungen erbringen, gehen
auch die Erträge von Äpfeln, Birnen und Raps zurück.
Petra Willaredt
Anmerkung:
Siehe auch unsere Artikel vom
30.05.03
Bienensterben nimmt bedrohliche Ausmaße an
6.06.03
Bienensterben - zweite Stufe
18.06.03
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14.08.03
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