Der Bayer-Konzern hat im Patentstreit um das Krebsmittels Nexavar in Indien eine letztinstanzliche Niederlage erlitten. Der Oberste Gerichtshof in Delhi bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen und ließ eine Zwangs-Lizenz für den Generika-Hersteller Natco Pharma in Kraft. Dieses Urteil macht den Weg für bezahlbare Medikamente frei und hat internationale Signalwirkung.
Der deutsche Pharma-Konzern mit Sitz in Leverkusen hatte das Krebsmittels Nexavar zum Vielfachen eines indischen Jahreslohns angeboten und dadurch rund 98 Prozent der Betroffenen von einer Behandlung ausgeschlossen. Philipp Mimkes von der BürgerInnen-Initiative 'Coordination gegen Bayer-Gefahren' begrüßt das Urteil: "Große Pharma-Hersteller können mit Hilfe von Patenten wahre Mondpreise verlangen. Die öffentliche Gesundheitsvorsorge muß jedoch Vorrang haben gegenüber monopolistischen Profiten der Produzenten. Denn für Patienten in armen Ländern sind Patente oftmals eine Frage von Leben und Tod."
Bis in die 1970er-Jahre hatten auch westliche Länder Patente auf Medikamente nur teilweise akzeptiert, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu sichern. Da Indien der weltweit wichtigste Lieferant für günstige Pharmazeutika ist, hätte ein Erfolg des Bayer-Konzerns schwerwiegende Folgen für die Gesundheitsversorgung in ärmeren Ländern gehabt. Die Rechtfertigung der Industrie, nur mit hohen Einnahmen ließe sich die Entwicklung neuer Präparate finanzieren, geht dabei an der Realität vorbei: Mehr als doppelt so viel wie für die Forschung geben Multis wie Bayer für Werbung und Marketing aus.
Einen seltenen – und verstörenden – Einblick in die Denkweise der Pharma-Industrie hatte Marijn Dekkers, Vorstandsvorsitzender von Bayer, auf einer Podiumsdiskussion im Dezember 2013 gewährt: "Wir haben dieses Medikament nicht für den indischen Markt entwickelt, um ehrlich zu sein. Wir haben es für Patienten im Westen entwickelt, die es sich leisten können." Natco Pharma verkauft das Medikament in Indien nun zu einem um 97 Prozent niedrigeren Preis. Und immerhin zahlt Natco dafür eine Lizenzgebühr in Höhe von sechs Prozent der Verkaufserlöse an Bayer.
Gesundheits-Initiativen aus Indien und Deutschland, darunter Health Action International, das indische Peoples Health Movement, Ärzte ohne Grenzen, die Coordination gegen Bayer-Gefahren, die BUKO Pharma-Kampagne, der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte und medico international, hatten Bayer wiederholt aufgefordert, die Klage zurückzuziehen. Vertreter der Initiativen hatten auch mehrfach Gegenanträge auf der Bayer-Hauptversammlung eingereicht.
Anmerkungen
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