Der Naturschutzbund (NABU) fordert mehr Blumenwiesen und teilt die Forderung der LandschaftsgärtnerInnen, das Siedlungsgrün mehr in den Fokus der Kommunen zu stellen. Die NaturschützerInnen warnen vor einem "Weiter-so" bei der Grünflächenpflege.
"Statt monotonen Rasenflächen benötigen wir lebendige, blühende Naturflächen, auf denen es summt, zirpt und zwitschert," sagt der NABU-Landesvorsitzende Dr. Andre Baumann. In der Tat steigern solche lebendigen Oasen Lebensqualität und Standortattraktivität.
Statt monotone Rasenflächen, die bei jedem Schnitt das Klimagas Methan freisetzen, werden nicht selten scheinbar verwahrloste Grünflächen kritisiert. Diese Kritik sollte laut NABU differenziert betrachtet werden. "Manche scheinbar verwahrloste Grünfläche mit Wildkräutern und Wildstauden ist weit wertvoller als der zu Tode gemähte Englische Rasen – und zwar sowohl für die Natur als auch für erholungsuchende Menschen," erklärt Baumann. "Bunte Blumenwiesen sehen nämlich nicht nur schön aus, sie sichern auch den Artenerhalt und spielen nicht zuletzt beim Klimaschutz eine große Rolle, da sie hohe Mengen an Kohlenstoff binden."
Auch finanziell sei eine naturnahe Begrünung attraktiv. Blumenwiesen mit Margeriten und Salbei müssten etwa nur zweimal im Jahr statt alle zwei Wochen gemäht werden. Noch günstiger seien Blüh-Mischungen für Wildbienen, Schmetterlinge und Co. Diese würden einmal ausgesät und hielten sich über Jahre. Viele Kommunen hätten damit bereits gute Erfahrungen gemacht.
Zugleich warnt der NABU davor, daß in Baden-Württemberg wie in der ganzen Republik artenreiches Grünland verloren geht. Der NABU verweist auf eine neue Studie, wonach das Grünland in den vergangenen fünf Jahren um mehr als ein Drittel geschrumpft ist. Die langfristigen negativen Folgen für Mensch und Natur dürften nicht verdrängt werden.
In dieser Studie wurde die Entwicklung des durch die europäische Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) geschützten Grünlandes an sechs Standorten im südwestdeutschen Raum untersucht – darunter Wiesen bei Tübingen und Donaueschingen. Die Erkenntnisse decken sich laut NABU mit denen von Naturschützern in anderen Teilen Deutschlands. Durch Beweiden oder Umwandlung der Wiesen in Ackerland gibt es, so Baumann, auch im Südwesten immer weniger Grünland. Derzeit sollen es 70.000 Hektar geschützte Mähwiesen sein.
Um Konflikte mit den immer noch weit überwiegend industriell ausgerichteten LandwirtInnen zu vermeiden, rät der NABU der Politik, die finanziellen Ausgleichszahlungen zu erhöhen. "Da gibt es bislang nur eine suboptimale Honorierung," meint Baumann. Auch das Bundesamt für Naturschutz liefert Argumente für den Schutz von Grünland und Wiesen: Demnach gibt es auf Europas Äckern, Wiesen und Weiden beispielsweise nur noch halb so viele Vögel wie vor 30 Jahren (Siehe auch unseren Artikel vom 25.10.12). Als Grund nennt das Amt die Intensivierung der Landwirtschaft und kritisiert insbesondere die wachsende Zahl von Mais-Äckern. Daher wäre ein weiterer wichtiger Schritt, daß mit der Benachteiligung der Bio-Landwirtschaft gegenüber der industriellen Landwirtschaft in Deutschland endlich Schluß gemacht wird.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Umweltverbände: Aigners Pestizid-Aktionsplan
ist "mangelhaft" (25.10.12)
EU-Kommission versucht Gen-Honig
durch die Hintertür einzuschmuggeln (24.10.12)
Bio-Lebensmittel
- nur ein Mythos? (4.09.12)
Flächenfraß weiter lebensgefährlich
BUND fordert Biotopverbund (17.07.12)
Bio-Landwirtschaft
Volkswirtschaftlich kostengünstiger (30.04.12)
Artenvernichtung
Osterhase gefährdet? (4.04.12)
Greenpeace deckt auf
Pestizide in Obst und Gemüse (26.03.12)
Langzeitstudie der Harvard-Universität zu
Fleischkonsum und Sterberisiko (13.03.12)
Wald-AIDS greift um sich
Zustand der Buchen auf historischem Tiefpunkt (2.02.12)
Libelle des Jahres 2012
60 Prozent auf der Roten Liste (26.01.12)
Staatlich sanktionierte
Täuschung der VerbraucherInnen (25.01.12)
Jedes zweite Hähnchen im Supermarkt
mit Antibiotika-resistenten Keimen belastet (9.01.12)
Wiesenhof oder Tierquälhof?
TV-Beitrag sorgt für Zündstoff (1.09.11)
Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
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Erfolg der Bio-Landwirtschaft
mit Artenvielfalt statt Pestiziden (5.07.10)
Bio-Landwirtschaft
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und Sicherung der Welternährung (26.01.10)